Bundesratswahl im TickerKein klarer Favorit am Vorabend – Es könnte knapp werden
Die Schweiz sucht einen neuen Bundesrat. Macht Martin Pfister oder Markus Ritter das Rennen? Einschätzungen aus der «Nacht der langen Messer» in der Berner Bellevue-Bar.
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FDP verzichtet aktuell auf Wahlempfehlung
Die FDP verzichtet aktuell auf eine Wahlempfehlung. Sie schliesst nicht aus, dass sie sich kommende Woche doch noch für einen Kandidaten ausspricht. Er gehe aber nicht davon aus, sagt FDP-Präsident Thierry Burkart nach den Hearings vor den Medien. Klar ist für die FDP, dass die Mitte Anspruch auf einen Bundesratssitz hat. Sie werde einen der offiziellen Kandidaten wählen, erklären Burkart und Fraktionschef Damien Cottier. Wichtig sei der FDP die Sicherheitspolitik. Auch die Europa- und die Sozialpolitik seien Thema gewesen. Seine persönliche Meinung sage er nicht, sagt Cottier. Er müsse ohnehin noch überlegen. «Beide Kandidaten sind gut.»
Bei der SVP wurde Pfister zur Aussenpolitik befragt
Bei der SVP musste Martin Pfister vor allem Fragen zur internationalen Schweiz beantworten, wie der Zuger Bundesratskandidat nach dem 50-minütigen Hearing sagte. Jede Partei habe ihre eigenen Schwerpunktthemen, bei der SVP seien es vor allem Fragen rund um die Neutralität und Aussenpolitik gewesen. Die Politik von US-Präsident Donald Trump sei ebenfalls thematisiert worden. Er habe alle Fragen beantwortet, sagte Pfister. Ob er bei der SVP gepunktet habe, liess er offen. Nun folgt für Pfister an diesem Tag das letzte das Hearing bei der GLP.
«Es gab grossen Applaus»
Markus Ritter sagt nach seinem Hearing bei der FDP, die Frage seien breit gefächert gewesen. «Es war eine anspruchsvolle Diskussion.» Wie er abgeschnitten habe, wisse er nicht. Aber: «Es gab grossen Applaus.»
Kleine Sessionskunde
Vielleicht fragt sich manche Leserin oder Leser, weshalb die Parlamentarierinnen und Parlamentarier an einem gewöhnlichen Sessionstag Zeit haben, um Bundesratskandidaten zu empfangen? Oder: Verpassen sie so nicht total wichtige Abstimmungen? Diesen fragenden Menschen sei geantwortet: Jeweils am Dienstagnachmittag sitzen die Fraktionen so oder so zusammen und diskutieren Sessionsgeschäfte. Optimaler Zeitpunkt also, um die Kandidaten Ritter und Pfister mit Fragen zu löchern.
Ritter ist bereit für die FDP
Nun trifft vor dem Sitzungszimmer Nummer 3 Markus Ritter ein, auf dem Gesicht ein Lächeln und im Blick die klare Aussage: keine Lust auf ein Gespräch. Er sagt im mittlerweile fast schon legendären Ritter-Französisch «Je suis prêt» und geht ins Vorzimmer. Was auffällt: Pfister wird durch das Bundeshaus gelotst von zwei Mitarbeitenden des Mitte-Sekretariats. Ritter hat Ortskenntnisse und kommt mit einer einköpfigen Begleitung.
«Ich glaube, ich habe gepunktet»
Martin Pfister zeigt sich nach dem Hearing bei der FDP zufrieden. Die Anhörung sei intensiv gewesen, sagt er. «Aber ich glaube, ich habe gepunktet.» Er stamme aus einer wirtschaftlich starken Region und habe Regierungserfahrung. Das habe er eingebracht. Auch seinen Führungswillen habe er zum Ausdruck gebracht. Zwar sei er angespannt, doch das sei gut so.
Martin Pfister trifft ein
Martin Pfister trifft kurz vor Beginn seines Hearings bei der FDP im Bundeshaus ein, mit Dokumenten unter dem Arm. Er grüsst die wartenden Medien, gibt aber keine Auskunft zu seiner Gemütslage. Pfister steht den FDP-Parlamentarierinnen und -Parlamentariern nun während 50 Minuten Red und Antwort.
Die Hearings beginnen
Markus Ritter trifft im Bundeshaus ein, umringt von Kameras. Er habe vor keiner Frage Angst, sagt er. Jede Stimme zähle. Er versuche, zu allen Parlamentsmitgliedern einen guten Kontakt herzustellen. Als erster ist Martin Pfister an der Reihe. Er stellt sich ab 14.10 Uhr den Fragen der FDP-Fraktion.
Wen würden Sie wählen?
Die Ausgangslage
Seit gut einem Monat stehen sie im Rampenlicht: Der St. Galler Nationalrat Markus Ritter und der Zuger Regierungsrat Martin Pfister wollen die Nachfolge von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd antreten. In den vergangenen Wochen haben die beiden ein Interview nach dem anderen gegeben. Sie präsentierten sich den Mitte-Delegierten, den Bauern, den Militärverbänden.
Jetzt beginnt die heisse Phase. Wer am 12. März Bundesrat wird, entscheiden die Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Diese müssen Ritter und Pfister in den verbleibenden sieben Tagen bis zur Wahl überzeugen. Am Dienstagnachmittag führen die Fraktionen der SVP, der FDP und der GLP Hearings durch. Die Grünen und die SP werden die Kandidaten in einer Woche anhören.

Inhaltlich eher Nuancen
Ritter, der seine Kandidatur als erster angemeldet hatte, galt zunächst als klarer Favorit. Inzwischen werden aber auch Martin Pfister Chancen eingeräumt. Inhaltlich unterscheiden sich die beiden in Nuancen. So äussert sich Ritter etwa zu den Verträgen mit der EU ausweichender als Pfister. Auch der Bundesrat habe sich noch nicht festgelegt, sagte Ritter an der Delegiertenversammlung der Mitte. Pfister hob die Bedeutung der bilateralen Verträge mit der EU hervor.
Weil Ritter oder Pfister voraussichtlich das Verteidigungsdepartement übernehmen werden, dürften sie vor allem zur Sicherheitspolitik befragt werden. Geopolitisch haben sich in den vergangenen Wochen die Ereignisse überschlagen, und im VBS herrscht nach den Rücktritten von Armeechef Thomas Süssli und Nachrichtendienst-Chef Christian Dussey Unruhe. Beide Kandidaten versichern, die Probleme anpacken zu wollen. Beide fordern mehr Geld für die Armee.
Besonnen oder forsch?
Auch wenn sie sich inhaltlich in vielem einig sind: Das Parlament hat die Wahl zwischen zwei verschiedenen Persönlichkeiten und politischen Stilen. Pfister tritt besonnen auf, Ritter eher forsch. Wer Pfister bevorzugt, hebt dessen Regierungs- sowie die Führungserfahrung in der Armee hervor. Wer auf Ritter setzt, preist dessen Durchsetzungsfähigkeit als Bauernpräsident.
Im Parlament ist Ritter bestens vernetzt, hat sich aber mit seinem Vorgehen auch Feinde geschaffen. Pfister dagegen ist vielen unbekannt. Ritter darf vor allem auf Stimmen aus der rechten Ratshälfte zählen, Pfister eher auf jene aus der Linken. Am Ende könnte es aber auf einzelne Stimmen ankommen – und somit darauf, wie überzeugend sie in den Hearings auftreten.
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