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Duell um SP-Bundesratssitz
«Jon Pult wird von den Bauern­vertretern kaum eine Stimme erhalten»

Bundesratskandidat Jon Pult, Nationalrat SP-GR, beantwortet Fragen von Journalisten, vor Beginn seines Hearings bei der Konferenz baeuerlicher Parlamentarier, am Montag, 4. Dezember 2023 im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
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Vor einem Jahr waren die Sympathien der Bauernvertreter bei der Anhörung der SP-Kandidatinnen Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider klar verteilt: Baume-Schneider eroberte mit ihrer direkten Art und ihrer Liebe für Schwarznasenschafe die Herzen vieler Agrarpolitiker.

So eindeutig ist es diesmal nicht – und dennoch liegt der Basler Beat Jans in der Gunst der Bauern vorne. Jans war am Montag bei der Anhörung im Bundeshaus als Erster an der Reihe und versuchte es ebenfalls mit einer Charmeoffensive: Er brachte den bäuerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentariern einen basellandschaftlichen «Chirsi-Chratte», gefüllt mit Basler Läckerli. Dies symbolisiere die Verbundenheit von Stadt und Land.

Jon Pult brachte nichts mit ausser sich selbst. Er wolle authentisch bleiben, sich nicht verbiegen, sagte der Bündner vor der Anhörung.

Jans: «Hier drin weht eine steife Brise»

Jans präsentierte sich als erfahrener Agrarpolitiker. Ja, er habe sich in seiner Zeit als Nationalrat zwar mit linken agrarpolitischen Positionen exponiert. Als Bundesrat werde er jedoch eine andere Rolle haben. Er werde sich zwar weiterhin für eine ökologische Landwirtschaft einsetzen, sei aber offen für Kompromisse. Denn Lösungen müssten gemeinsam erarbeitet werden, wie er dies auch als Basler Regierungspräsident praktiziere.

Jon Pult räumte vor den Medien ein, dass er sich vor der Anhörung in die Agrarpolitik habe einlesen müssen. Er habe mit Leuten geredet, die etwas von der Agrarpolitik verstünden.

Den Bauern versicherte er dann, er sei kein Gegner der Landwirtschaft. Er kenne insbesondere die Bedeutung der Berglandwirtschaft für seinen Heimatkanton.

Aber: Er werde als Sozialdemokrat wie bisher für eine sozialere und ökologische Landwirtschaft kämpfen.

Nach der halbstündigen Präsentation vor rund dreissig Parlamentarierinnen und Parlamentariern trat Jans aus dem Saal, ein Läckerli kauend. «Hier drin weht einem eine steife Brise entgegen», konstatierte er. «Harte Fragen» seien ihm gestellt worden, sollte später auch Pult sagen. Er sei seiner Linie aber treu geblieben.

Jans hat Terrain gutgemacht, obwohl er die Bauernvertreter immer wieder verärgert hatte.

Dies konstatierten nach der Anhörung der beiden Kandidaten auch die Bauernvertreter selbst. Beat Jans sei näher an den Positionen der Landwirtschaft, sagte Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbandes.

Die Bauernlobby ist in der Schweiz aussergewöhnlich mächtig, obwohl sie weder für das Bruttoinlandprodukt noch in Bezug auf die Anzahl Arbeitnehmer besonders wichtig ist. Die Landwirtschaft ist aber in Bundesbern so gut vernetzt wie kaum eine Branche – und weil das «Bauern-Hearing» gleich zu Beginn der Anhörungen vor der Bundesratswahl stattfindet, hat dieses einen gewissen tonangebenden Effekt.

Bundesratskandidat Beat Jans, Regierungspraesident Basel-Stadt, liest vor einem Korb mit Basler Laeckerli in seinen Unterlagen, vor Beginn der Hearings der Bundesratskandidaten bei der Konferenz baeuerlicher Parlamentarier, am Montag, 4. Dezember 2023 im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Zwar gibt die Konferenz der bäuerlichen Parlamentarier keine offizielle Wahlempfehlung ab. Dennoch hat vor allem Jans Terrain gutgemacht, obwohl er in der nationalrätlichen Wirtschaftskommission die Bauernvertreter immer wieder verärgert hatte. Die Meinungsbildung habe sich bei der Anhörung stark entwickelt, sagte Mitte-Nationalrat Ritter: «Jon Pult wird von den bäuerlichen Vertretern kaum eine Stimme erhalten.»

Beat Jans habe sich als kompromissbereit gegenüber der Landwirtschaft gezeigt, bestätigt SVP-Nationalrat Marcel Dettling. Jon Pult sei hingegen «stur» bei seiner Linie geblieben. Dennoch seien seiner Ansicht nach beide Kandidaten für die Landwirtschaft nicht wählbar. Bei Jans stelle sich die Frage, ob er als Bundesrat tatsächlich offen für die Anliegen der Landwirtschaft sei. Von «zwei schwierigen Kandidaten» spricht auch der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann.

Gleichzeitig will sich keiner der SVP-Vertreter darauf festlegen, dass man vom offiziellen Ticket der SP – also Jans und Pult – abweicht. Man müsse jetzt erst einmal das SVP-Hearing der beiden Kandidierenden am Dienstagnachmittag abwarten, so der Tenor.

Kampagnenvideo schadet Pult

Kaum ein Landwirtschaftsvertreter spricht sich nach der Anhörung offen für Jans aus. Klar ist aber, dass der 59-Jährige die besseren Karten hat. Eine schwere Hypothek ist für den 20 Jahre jüngeren Pult vor allem seine Rolle bei einer agrarpolitischen Kampagne der Umweltverbände. Für diese wurde von der Zürcher Kommunikationsagentur Feinheit im Vorfeld der Abstimmung zu der Trinkwasser- und der Pestizidinitiative ein Video erstellt. Pult arbeitete für die Agentur.

Für Ritter war eine glaubwürdige Distanzierung und eine Entschuldigung von Pult die Voraussetzung dafür, dass der Bündner SP-Nationalrat für die Bauernvertreter überhaupt wählbar ist. Beides lieferte Pult laut Ritter nicht. Im Gegenteil: Pult sei beim «Pitch» dabei gewesen, beim vorgängigen Treffen der Umweltverbände mit der Agentur. Für Ritter ist deshalb klar, dass Pult massgeblich verantwortlich ist für die «verletzende Darstellung» der Landwirtschaft als umweltschädigende Branche. Pult sagte hingegen: «Es gibt keinen Grund, mich zu entschuldigen.» Er sei damals Verwaltungsrat der Agentur gewesen. Und in dieser Rolle nicht für den Inhalt des Videos zuständig.