Bundesgericht bestätigt Verwaltungsgericht Universität Zürich darf Studierende nicht büssen
Die Universität hat nicht die Kompetenz, als Disziplinarmassnahme «Geldleistungen» bis 4000 Franken vorzusehen. Dafür müsste das Gesetz geändert werden.

Am 1. September 2020 sollte die vom Universitätsrat beschlossene neue Disziplinarverordnung der Universität Zürich in Kraft treten. Daraus wurde nichts. Der Verband der Studierenden und dessen damaliger Vizepräsident akzeptierten diverse Bestimmungen nicht. Tatsächlich gab ihnen das Zürcher Verwaltungsgericht im Juli 2021 in zwei Punkten recht.
Zum einen sprach das Gericht dem Unirat die Kompetenz ab, als Disziplinarmassnahme «Geldleistungen zugunsten der Universität bis zu Fr. 4000.–» vorzusehen. Zum andern war es ihm nicht erlaubt, das Akteneinsichtsrecht zeitlich einzuschränken, weil das gegen die Bundesverfassung, das heisst den Anspruch auf rechtliches Gehör, verstösst.
Statt Geldleistung auch Teilausschluss möglich
Die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Regelung zum Akteneinsichtsrecht akzeptierte der Universitätsrat, nicht aber die Aufhebung der Bestimmungen über die Geldleistungen. Beim Bundesgericht stellte die Uni sich auf den Standpunkt, mit der Aufhebung der Bestimmung sei die «verfassungsrechtlich garantierte Autonomie» der Universität verletzt worden.
Es ging bei der geplanten Verordnung nicht nur um eine allfällige Geldleistung. Sollte diese nämlich trotz Mahnung nicht erbracht werden, hätte «das zuständige Disziplinarorgan» die betroffene Person «zusätzlich oder stattdessen» bis zu sechs Monate von Studium, Lehrveranstaltungen und Programm der Uni ausschliessen können.
Geldleistung hat Strafcharakter
Unbestritten war vor Verwaltungs- und Bundesgericht, dass die Universität grundsätzlich das Recht hat, eine Disziplinarordnung zu erlassen, damit ein geordneter Betrieb gewährleistet ist und das Ansehen und die Integrität der Institution gewahrt werden. Diese Autonomie garantiert ihr das kantonale Universitätsgesetz.
Einig waren sich die Gerichte auch, dass es sich bei Geldleistungen bis zu 4000 Franken um eine schwere Disziplinarmassnahme handelt. Gerade für Studierende könne dies einschneidende wirtschaftliche Folgen haben. Wenn die Uni bei möglichen Betroffenen von «angeschuldigter Person» spreche, erwecke sie zudem den «Anschein eines strafrechtlichen Charakters» der Geldleistung.
Autonomie nicht verletzt
Eine schwere Disziplinarmassnahme darf nicht im Rahmen einer Verordnung geregelt werden. Dafür braucht es eine gesetzliche Bestimmung. Weil die Uni nicht die Autonomie hat, selber Gesetze zu erlassen, konnte ihre Autonomie auch nicht verletzt werden.
Der Universitätsrat argumentierte vergeblich, es handle sich nur um eine leichte Disziplinarmassnahme. Zudem würde die Höhe der Geldleistung den finanziellen Verhältnissen der Person angepasst. Das spielt laut Bundesgericht keine Rolle. Die Frage sei nicht, ob die Massnahme verhältnismässig sei, sondern ob für sie eine gesetzliche Grundlage existiere.
Folgt Zürich den Kantonen St. Gallen und Freiburg?
Mit dem Urteil des Bundesgerichts sind die Geldleistungen vorläufig vom Tisch. Das weitere Vorgehen wird der Universitätsrat «an einer seiner nächsten Sitzungen beraten», wie Urs Bühler, stellvertretender Amtsleiter des Hochschulamts und Aktuar des Universitätsrats, mitteilt.
Rechtlich zulässig wäre es, die Geldleistung ins Universitätsgesetz zu schreiben. Dafür ist allerdings ein Parlamentsbeschluss nötig. Die Kantone St. Gallen («Geldleistung bis 3000 Franken») und Freiburg («Busse bis maximal 500 Franken») sind so vorgegangen.
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