Bundesanwaltschaft setzt ein ZeichenAnklage gegen Credit Suisse im Geldwäscherei-Fall um «Kokain-König»
Die Ermittler werfen der Grossbank Mängel in der Geldwäsche-Bekämpfung vor. Die Bank wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Die Geschichte liest sich wie ein Mafia-Roman. Der bulgarische «Kokain-König» Evelin Banev alias Brendo steht in Verdacht, ein Drogenhandelsnetz zwischen Südamerika und Europa zu betreiben. Seine Aktivitäten soll Banev mit Hilfe seiner Komplizen über Finanz- und Immobilienstrukturen verschleiert haben, die bis in die Schweiz reichen. Das könnte nun der Credit Suisse zum Verhängnis werden. Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Grossbank und eine frühere Mitarbeiterin des Instituts.
Die Ermittler werfen der Bank vor, «nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen zu haben, um die Geldwäscherei zu verhindern», wie es in der Mitteilung der Bundesanwaltschaft heisst. Laut den Erkenntnissen der Ermittler hat Banev das Geld aus dem Kokain-Verkauf auf Konten in der Schweiz deponiert und mit einem Teil davon Immobilien in der Schweiz und in Bulgarien gekauft.
Ehemalige Bankmitarbeiterin soll Kriminelle aktiv untersützt haben
Hilfe hatte er dabei laut Bundesanwaltschaft von einer ehemaligen Kundenbetreuerin der Credit Suisse. Sie habe bis 2008 auf Instruktion der kriminiellen bulgarischen Organsisation Transaktionen ausgeführt und veranlasst – «obwohl starke Hinweise vorlagen, dass die Gelder von einem Verbrechen herrührten», so die Bundesanwaltschaft. Zudem habe sie die Geldwäsche aktiv unterstützt und so zur Verschleierung beigetragen. Der Vorwurf an die Bank lautet im Wesentlichen, nichts dagegen unternommen zu haben.
«Die Kundenbetreuer klärten Transaktionen mit erhöhten Risiken nicht bzw. nicht hinreichend ab, und das System der Kontrollen durch die Hierarchie und die Compliance war mangelhaft», so die Ermittler. Die Bank habe seit 2004 von den Problemen gewusst – aber lange Zeit nichts dagegen unternommen.
Neben der Credit Suisse und der ehemaligen Bankmitarbeiterin klagt die Bundesanwaltschaft auch zwei mutmassliche Mitglieder der Kokain-Bande an. Gegen weitere Helfer oder Mitglieder hat sie Strafbefehle erlassen. Einer davon ist bereits rechtskräftig. Er richtet sich gegen einen Schweizer, der 2006 versucht hatte, umgerechnet mehr als vier Millionen Franken in kleinen Banknoten, versteckt in seinem Auto, von Barcelona in die Schweiz zu schmuggeln.
Credit Suisse findet Anschuldigungen haltlos
Die Credit Suisse weist alle Vorwürfe von sich. Die Anschuldigungen seien haltlos und unbegründet, erklärt das Institut. Die Vorkehrungen zur Geldwäsche-Prävention seien zum damaligen Zeitpunkt – zwischen 2004 und 2008 – korrekt und angemessen gewesen. Die Bank habe dies auch von einem externen Gutachter bestätigten lassen, was von der Bundesanwaltschaft aber ignoriert würde.
Die Bundesanwaltschaft beurteile die Organisation der Bank auf Grundlage von Regeln und Gesetzen, die damals noch gar nicht existierten oder auf Basis von internationalen Standards, die nicht in schweizerischem Recht verankert sind. Im schlimmsten Fall droht der Bank nach eigener Einschätzung eine Busse von fünf Millionen Franken.
Prozess könnte ab Mitte 2021 starten
Der Start des Prozesses wird in der zweiten Hälfte nächsten Jahres erwartet. Die Hürden für eine Verurteilung scheinen hoch: So muss die Bundesanwaltschaft erstens beweisen, dass die angenommen Gelder illegaler Herkunft sind. Zweitens muss sie den Beweis erbringen, dass die Kundenberaterin in Kenntnis dessen Geldwäscherei begangen hat und drittens muss ein Organisationsmangel der Bank vorliegen. Wird die ehemalige Kundenberaterin frei gesprochen, so ist auch die Grossbank vom Haken.
Ins Rollen kam der Fall in der Schweiz im Jahr 2007. Damals stellten die bulgarischen Behörden im Fall Banev ein Rechtshilfegesuch an die Schweiz und verlangten unter anderem Kontounterlagen von der Credit Suisse. Die Bank kam diesen Gesuchen nach.
2008 leitete die Bundesanwaltschaft dann eigene Ermittlungen ein, 2009 wurde sie auf frühere Credit-Suisse Beraterin von Banev ausgeweitet. 2013 dann nahm die Bundesanwaltschaft auch die Grossbank selbst in Visier.
Im Laufe der Jahre versuchte die Credit Suisse, sich in einem abgekürzten Verfahren mit der Bundesanwaltschaft zu einigen. Das lässt sich aus Dokumenten des Bundesstrafgerichts entnehmen. Das wäre für die Credit Suisse eine Möglichkeit gewesen, das Problem ohne Anklage und langem Gerichtsprozess aus der Welt zu schaffen. In den Verhandlungen mit der Bundesanwaltschaft wäre die Credit Suisse bereit gewesen, gewisse Vorwürfe anzuerkennen – die sie nun wieder vollumfänglich bestreitet.
Pikantes Detail: Einer der Rechtsvertreter der Credit Suisse ist der Zürcher Star-Anwalt Lorenz Erni. Und dieser stand auch dem abgetretenen Bundesanwalt Michael Lauber zur Seite. Lauber setzte 2019 in der Disziplinaruntersuchung wegen der Geheimtreffen mit Fifa-Boss Gianni Infantino ebenfalls auf Ernis Dienste.
Finma hat Credit Suisse bereits gerügt – wegen anderer Fälle
Die Credit Suisse hatte im Herbst 2018 bereits einen Rüffel von der Finanzaufsicht Finma wegen Mängel in der Organisation gegen Geldwäscherei bekommen. Hierbei ging es indes um den Zeitraum von 2006 bis 2016 und um die Korruptionsfälle wie Fifa oder dem brasilianischen Ölkonzern Petrobras. Die Finma erklärt, dass ihr der Fall Bulgarien auch bekannt war.
Bei der Beurteilung der Organisation spielte der Fall Banev aber offenbar keine Rolle, denn in ihrer Entscheidung zur Credit Suisse erwähnte ihn die Finma nicht. Es ist anzunehmen, dass die Finma sich auf die neueren Fälle von Geldwäsche fokussierte, weil sie für die Beurteilung der Lücken im Anti-Geldwäschedispositiv der Credit Suisse relevanter sind.
Banev hat indessen nicht nur in der Schweiz für Aufsehen gesorgt: In Italien wurde er zu 20 Jahren Haft verurteilt. Während seiner Zeit im Gefängnis hatte Banev ein Buch geschrieben.
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