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Unüblicher Protest 
Bürgerliche Armeebefürworter bekämpfen den Kauf der F-35

Eine F-35 vor einem Hangar in Payerne. Der moderne US-Jet war anlässlich einer Flugerprobung in der Schweiz.
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Politiker, Unternehmer, Offiziere und Juristen machen mobil gegen den neuen Kampfjet der Schweizer Luftwaffe. Das neue bürgerliche Komitee gegen die F-35 soll aus 49 Personen bestehen. Nur zwei von ihnen stehen mit Namen hin: Felix Meier, der in Fachkreisen als Aviatiker und Militärpublizist bekannt ist, sowie Beat Meier, ein Zürcher Unternehmer aus der IT-Branche, Pilot und ehemaliger Offizier. 

Als erste Aktion hat das Komitee einen Brief an die Bundeshaus-Politikerinnen und -Politiker verschickt. Darin erhebt es schwere Vorwürfe gegen das Verteidigungsdepartement (VBS) von Bundesrätin Viola Amherd. Das VBS stütze sich bei den Kostenangaben in der aktuellen Rüstungsbotschaft lediglich auf Herstellerangaben. Doch in den USA überstiegen die Betriebskosten der F-35 die ursprünglichen Annahmen deutlich. In Norwegen wie auch in Australien, den Niederlanden, Belgien und Dänemark seien die tatsächlichen Betriebskosten im Vergleich zu den ursprünglichen Annahmen doppelt so hoch und gefährdeten die dortigen Armeebudgets.

Zu wenig Flugstunden?

Die Verfasser des Briefs gehen von jährlichen Betriebskosten für die künftige Schweizer F-35-Flotte von 450 bis 500 Millionen Franken aus. Das VBS beziffert diese Betriebskosten für 36 F-35 auf 300 Millionen jährlich. Das Komitee warnt vor Mehrkosten von vier bis fünf Milliarden Franken während einer Betriebsdauer der Jets von 30 Jahren.

Das VBS hat in der Vergangenheit stets auf Fixpreise verwiesen, die von US-Seite in der Offerte verbindlich festgehalten seien. Zudem verweist das VBS auf eine 40-jährige Erfahrung bei der Abwicklung von Rüstungsgeschäften mit den USA. Dabei sei es nie zu Kostenüberschreitungen gekommen.

Im Brief heisst es dazu, bei dieser Argumentation werde ein grundlegender Punkt übersehen, denn es sei das erste Mal, dass ein System eingekauft werden solle, das «nach wie vor nicht ausgereift» sei. Die Entwicklung der F-35 sei noch nicht abgeschlossen und weise noch sehr viele Mängel auf. 

Die reduzierte Zahl der Flugstunden sei eine Gefahr für künftige Schweizer Piloten.

Kommende Aktualisierungen des Systems stellten deshalb ein grosses finanzielles Risiko dar. So habe Norwegen für den Zeitraum 2025 bis 2030 ein zusätzliches Budget von 500 Millionen Franken für solche Upgrades zur Verfügung stellen müssen. 

Fragezeichen setzen die Briefautoren auch hinter das geplante, gegenüber heute stark reduzierte Pilotentraining. Die reduzierte Zahl Stunden sei eine Gefahr für künftige Schweizer Piloten ohne Kampferfahrung, denn die F-35 existiere nur als Einsitzer. In allen anderen Ländern stehe für künftige Piloten ein Übergangsflugzeug zur Verfügung, ein sogenannter Jet-Trainer. Keine andere Luftwaffe sei heute bereit, neue F-35 Piloten ohne zusätzliche Jet-Erfahrung direkt in die F-35 zu setzen. 

Die Kritiker der F-35 untermauern ihre Einwände mit einer umfangreichen Website, auf der die Quellen für die Vorwürfe im Brief festgehalten sind.

Gezwungen, anonym zu bleiben?

Beat Meier, einer der beiden Unterzeichner des Briefes, sagt, die Komiteemitglieder stünden allesamt hinter einer starken Schweizer Armee. Ein Teil sei in der Bundesverwaltung tätig, sogar Armeekader seien dabei. Sie seien praktisch gezwungen, anonym zu bleiben. Der Druck in der Verwaltung, hinter der F-35 zu stehen, sei sehr gross. Mitglieder, die im Hintergrund viel für das Komitee gearbeitet hätten, riskierten bei Bekanntwerden ihrer Namen ihren Job, sagt Meier.

Laut Meier befinden sich auch zehn Mitglieder des Bundesparlaments im Komitee – offenbar von SVP, FDP und der Mittepartei. Dass sogar diese nicht mit Namen hinstehen, ist bei politischen Debatten in der Schweiz unüblich. 

Der Druck auf die Gegner der F-35 ist aufgrund des Ukraine-Kriegs gegenwärtig hoch. Die Forderung aus Armee und Sicherheitspolitik lautet, absolut nichts dürfe nun die eingeleitete Beschaffung der F-35 verzögern. Bundesrätin Viola Amherd rief zuletzt wiederholt dazu auf, dass auch die linken Kampfjet-Gegner die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Stopp F-35» beenden sollten.

Hinweis: Seit Publikation dieses Artikels erhält ein Beat Meier, Jahrgang 1944, ehemaliger hoher Luftwaffenoffizier und ETH-Ingenieur, wütende Reaktionen von Befürwortern des F-35. Die Redaktion weist darauf hin, dass es sich dabei nicht um den im Artikel zitierten Beat Meier, Zürcher Unternehmer aus der IT-Branche, Pilot und ehemaliger Offizier, handelt. (18. März 2022, 12.30 Uhr)