Wirtschaftliche Folgen vom BrexitBritischer Handel mit der EU ist eingebrochen
Einen Monat nach dem Ausstieg sind die Aussenhandelszahlen dramatisch schlecht. Der Übergang ist für zahlreiche Firmen problematisch – auch beim Import von Waren aus der EU.
Der erste Monat nach dem Ausstieg aus der EU-Wirtschaftszone hat Grossbritannien schwere Aussenhandelsverluste eingetragen. Nach Angaben der Statistischen Behörde brachen die britischen Exporte in die EU im Januar um 40,7 Prozent ein. Der Export von Tieren und frischen Nahrungsmitteln – wie zum Beispiel von Fisch und Meeresfrüchten – nahm im gleichen Zeitraum sogar um fast zwei Drittel ab.
Die Importe aus der EU reduzierten sich um 28,8 Prozent. Zahlreiche britische Exportfirmen haben sich inzwischen besorgt über ihre Zukunftsaussichten geäussert. Im Fischereigewerbe kam es bereits zu scharfen Protesten und Demonstrationen seit Anfang Januar. Keine Verluste verzeichnete nach dem Brexit der Handel mit Nicht-EU-Staaten, der um 1,7 Prozent anstieg – nicht genug freilich, um die Einbussen an der EU-Front wettzumachen.
Nach Ansicht der britischen Regierung waren Lockdown und Behinderungen durch die Corona-Pandemie zumindest mitverantwortlich für den Einbruch des Handels mit dem Kontinent. Ausserdem geht man in London davon aus, dass viele Firmen vor dem Brexit-Datum vorsichtshalber Extrafrachten organisierten und nicht verderbliche Ware beiderseits des Kanals in grossem Umfang eingelagert haben, sodass im Januar weniger transportiert werden musste.
Eine «einzigartige Kombination» von Faktoren habe zu den «ungewöhnlichen» Zahlen vom Januar geführt, meinte am Freitag Lord David Frost, der Minister für die Beziehungen zu Europa. Insgesamt sei das Frachtvolumen seit Februar schon wieder «zu seinem normalen Umfang» zurückgekehrt. Kritiker der Regierung weisen allerdings darauf hin, dass viele Lastwagen neuerdings ohne alle Waren an Bord nach Europa übersetzen – während die Regierung einfach die Zahl der Lastwagen addiert.
Nicht nur Übergangsprobleme
Die Britische Handelskammer erklärte dazu, «die praktischen Schwierigkeiten», vor denen sich viele Firmen beim Grenzverkehr sähen, seien keineswegs nur Übergangsprobleme, sondern würden das Wachstum der britischen Wirtschaft auf längere Zeit hin belasten. Als «existenzielle Bedrohung» für viele Betriebe bezeichnete Handelskammer-Generaldirektor Adam Marshall die Grenzprobleme, die sich aus dem Brexit ergeben hätten.
Um die Probleme wenigstens auf einer Seite des Kanals abzumildern, hatte die Regierung erst diese Woche beschlossen, mit britischen Grenzkontrollen für den Warenstrom aus der EU nicht schon zwischen April und Juli dieses Jahres zu beginnen, sondern sie auf Ende Dezember zu verschieben. Tatsächlich sind viele der geplanten Inlandkontrollstellen noch nicht einsatzbereit oder noch gar nicht im Bau.
«Es könnte leere Regale in den Supermärkten geben.»
Auch die britischen Häfen, die vom Sommer an einen Teil der Kontrollen übernehmen sollten, hatten in den letzten Wochen gemeldet, sie hätten die entsprechenden Vorbereitungen schlicht noch nicht treffen können. Organisationen wie der Britische Einzelhandelsverband hatten gewarnt, es könne im Blick auf eine Reihe von Waren «leere Regale» in Geschäften und Supermärkten geben, wenn die Einfuhrkontrollen nicht auf das nächste Jahr verschoben würden.
In einer separaten Entwicklung besteht die Regierung ausserdem weiterhin darauf, dass gewisse britische Waren für den Rest des Jahres ohne Kontrollen durch die EU nach Nordirland transportiert werden können – was dem zusammen mit dem Austrittsabkommen vereinbarten Nordirland-Protokoll widerspricht. Gegen diese einseitige Londoner Entscheidung will die EU-Kommission in den nächsten Tagen rechtliche Schritte einleiten. Nordirlands Demokratische Unionisten und einige Tory-Hardliner wollen, dass das ganze Protokoll gekippt oder zumindest neu ausgehandelt wird.
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