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Liz Truss sorgt für Kontroverse
Britische Aussenministerin motiviert zum Kämpfen in der Ukraine

Als Putin seine Atomstreitkräfte in Bereitschaft versetzte, verbreitete der Kreml, das wegen «aggressiver Aussagen» von Liz Truss getan zu haben. Immerhin das war wohl Propaganda.
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Liz Truss hat sich vor ein paar Monaten im Panzer fotografieren lassen, mit Helm und schusssicherer Weste, auf manchen Fotos strahlt sie wie ein Kind im Harry-Potter-Themenpark. Als die Fotos der britischen Aussenministerin entstanden, begann gerade Boris Johnsons Kampf gegen den Partygate-Skandal, und Liz Truss galt als eine der aussichtsreichen Kandidatinnen für seine Nachfolge als Premier. Geschichten aus einer anderen Zeit.

Seit Wladimir Putin die Ukraine überfallen hat, tritt Johnson als passabler Krisenmanager auf, und Liz Truss fällt durch Aussagen auf, über die selbst in der eigenen Partei manche die Köpfe schütteln. Der Kreml teilte gar mit, Putin habe die Atomstreitkräfte nur wegen «aggressiver Aussagen» der britischen Aussenministerin in Alarmbereitschaft versetzt, was allerdings weithin als Propaganda gewertet wurde.

Am Wochenende wurde die Aussenministerin in einem Fernsehinterview mit der BBC zum Statement des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij befragt, wer als Freiwilliger in die Ukraine kommen und gegen Russland kämpfen wolle, solle dies tun.

Ob sie es unterstütze, wenn Menschen aus dem Vereinigten Königreich zum Kämpfen in die Ukraine reisten? «Absolut», sagte Truss, «die Leute können darüber selbst entscheiden.» Die Ukraine kämpfe «für Demokratie und Freiheit, nicht nur für die Ukraine».

Britische Söldner, die, ermutigt durch die Aussenministerin, in ein Kriegsgebiet reisen, das die britische Armee wie die Armeen aller Nato-Mitgliedsstaaten bisher bewusst nicht betreten?

Am Montag versuchte Johnsons Sprecher auf möglichst diplomatische Weise, sich von Truss' Aussage zu distanzieren. Es sei verständlich, wenn Leute das Gefühl hätten, die Ukraine unterstützen zu wollen, sagte der Sprecher, die Regierung würde allerdings «von Reisen in die Ukraine abraten».

Am Dienstag sah sich selbst die britische Armee genötigt, in einer Mitteilung an alle Soldaten darauf hinzuweisen, dass niemand autorisiert sei, in der Ukraine zu kämpfen. «Bleiben Sie professionell», heisst es darin laut «Daily Telegraph».

Die Erfahrung zeigt: Nicht immer meinen es Amateursoldaten gut

Auch Ben Wallace, der Verteidigungsminister, bemühte sich, die Aussagen der Kollegin zu relativieren: Sie habe doch sicher nicht untrainierte Kämpfer ermutigen wollen, sagte Wallace. Es sei gut, dem Rat des Aussenministeriums in dieser Frage zu folgen – womit Wallace allerdings nicht Truss' Worte meinte, sondern das, was auf der Homepage ihres Ministeriums zu lesen ist: Wer in die Ukraine reise und dort kämpfe, könne nach der Rückkehr strafrechtlich verfolgt werden.

In britischen Boulevardmedien finden sich derzeit einige Fotos und Zitate von offensichtlich Unerfahrenen, die auf eigene Faust in den Krieg zogen oder auf dem Weg dorthin sind. Es gibt in nahezu jedem Krieg Freiwillige aus allen möglichen Ländern, die in das Kriegsgebiet reisen, um dort zu kämpfen. Nicht immer meinen es die Amateursoldaten gut, auch radikale Waffennarren nutzen derlei Gelegenheiten aus.



Nur: Wie soll man die Motive beweisen, Gut und Böse im Kriegschaos voneinander trennen? Die Strafverfolgung in solchen Fällen ist «eine tricky Angelegenheit», sagt Jonathan Hall am Dienstag am Telefon. Der Jurist Hall ist unabhängiger Prüfer der Terrorgesetze im Vereinigten Königreich, unter deren Anwendung auch die Verfolgung freiwilliger Auslandskämpfer ablaufen würde.

Zuletzt geschah dies in Grossbritannien vor zwei Jahren, als junge Männer angeklagt wurden, die in Syrien gegen den IS kämpften – oder vorgaben, dies zu tun. Untrainierte bringen nicht nur sich und andere oft in Gefahr, «es kommt auch immer wieder vor, dass sie Gräueltaten begehen», sagt Hall.

Nur, eine Anklage wegen Kampfhandlungen in fremden Ländern ist im Königreich nur mit Zustimmung der «attorney general» möglich, der Generalstaatsanwältin. Anders als der Chef der Strafverfolgungsbehörde (ein Posten, den der Labour-Chef Keir Starmer einst bekleidete) ist die Generalstaatsanwältin Mitglied der Regierung und der konservativen Fraktion im Unterhaus und eben nicht unabhängig.

«Ob ein Freiwilligenkämpfer juristisch verfolgt wird, ist also zum Teil auch eine politische Entscheidung», sagt Hall. Wie erfolgreich eine Strafverfolgung ist, wenn die Aussenministerin öffentlich Menschen ermutigt, zum Kämpfen in ein anderes Land zu reisen, das könne man sich ja denken.