Proteste in SpanienBrennende Müllcontainer für einen Rapper
Nach der Verhaftung des umstrittenen Künstlers folgt in mehreren spanischen Städten eine Krawallnacht auf die andere.
«Spanien hat eine ungelöste Aufgabe: das Recht auf Meinungsfreiheit zu erweitern und besser zu schützen.» Mit diesen Worten hat der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez an diesem Freitag auf die anhaltenden Proteste in mehreren Städten des Landes reagiert. Sánchez nahm bei einer Veranstaltung in Mérida zu den Vorfällen Stellung, die Spanien seit Tagen in Atem halten. Anlass der Proteste ist die Verhaftung des Rappers Pablo Hasél. Zuletzt war es am Donnerstagabend den dritten Tag in Folge zu heftigen Zusammenstössen zwischen Polizei und zumeist jungen Demonstranten gekommen.
In Barcelona schoben Demonstranten Müllcontainer zu Barrikaden zusammen und setzten sie in Brand. Das Redaktionsgebäude der Zeitung «El Periódico» wurde ebenfalls Ziel einer Attacke. Auch aus Valencia, Tarragona, Sabadell, Girona und Lleida wurden Proteste gemeldet. In mehreren Städten wurden Geschäfte beschädigt und Fensterscheiben zerstört. Demonstranten bewarfen Polizisten mit Steinen und Flaschen. Es gab mehrere Verletzte – darunter mindestens ein Polizist, der von einem Stein am Kopf getroffen wurde. In Barcelona wurden sechs und in Valencia acht Menschen festgenommen.
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Sánchez verurteilte in seiner Rede die gewalttätigen Proteste scharf. «Die Gewalt ist ein Angriff auf die Demokratie», sagte der Sozialist. Man werde deshalb «mit Nachdruck gegen die Gewalt vorgehen». Gleichzeitig erneuerte er sein Versprechen, das Gesetz möglichst bald zu ändern, damit es für Fälle wie den des Rappers Hasél keine Haftstrafen mehr gibt.
«Hey, Tyrann»
Für Aufruhr sorgen Texte von Hasél wie in seinem neuesten Song «Ni Felipe VI». Er rappt: «Hey, Tyrann, das hier geht nicht nur an deinen Vater». Es ist eine Botschaft an den spanischen König: «Wir sind der Zorn, der die Revolution will, du wirst uns nicht betäuben.» Haséls Stil ist nicht der des plumpen Gangster-Raps, seine Texte sind hochpolitisch, sehr links und antimonarchistisch. Für den spanischen Staat aber ist er genau deswegen ein Gangster.
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Der 32-jährige Rapper, der mit bürgerlichem Namen Pablo Rivadulla Duró heisst, war am Dienstag verhaftet worden. Zuvor hatte er sich gemeinsam mit Unterstützern in einem Gebäude der Universität seiner Heimatstadt Lleida verschanzt. Er war wegen Beleidigung der Monarchie und der Verherrlichung von Gewalt gegen Polizisten und Politiker zu einer Haftstrafe von neun Monaten und einer Geldstrafe von 30’000 Euro verurteilt worden. Nachdem er die Geldstrafe nicht bezahlen konnte oder wollte, muss er nun laut seinem Anwalt für zwei Jahre und viereinhalb Monate in Haft.
Zuletzt hatte es in der linken Regierung in Madrid Streit gegeben, weil Sánchez‘ Koalitionspartner, die linkspopulistischen Unidas Podemos, die Gewalt nicht verurteilt hatte. Die Opposition warf Podemos vor, die Gewalt noch anzustacheln. Podemos-Sprecher Pablo Echenique hatte auf Twitter gepostet: «All meine Unterstützung für die jungen Antifaschisten, die auf den Strassen Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit fordern.»
Umstrittenes Maulkorbgesetz
Sánchez hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt 2018 versprochen, das sogenannte «Maulkorbgesetz» zu reformieren oder abzuschaffen. Erlassen wurde es unter seinem Vorgänger, dem konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Das Gesetz wird von Menschenrechtsorganisationen und Juristen kritisiert, weil es leicht dazu missbraucht werden könnte, die Grundrechte auf Meinungs- und Kunstfreiheit unverhältnismässig stark einzuschränken.
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