Breaking feiert DebütLaut, wild und gewöhnungsbedürftig – Olympia steht kopf
Mit Breaking wagen sich die Sommerspiele auf die Tanzfläche. Den Anfang machten die B-Girls. So war das Spektakel auf der Place de la Concorde.
Sie tanzen wild zur Musik und werfen sich raffiniert zu Boden. Verknoten Arme und Beine und drehen sich immer wieder um die eigene Achse. Auf dem Rücken, auf dem Kopf gar oder im Handstand. Sie rollen über die Schultern ab, überdehnen den Rücken, scheren die Beine und halten die unmöglichsten Positionen. Ein faszinierendes Schauspiel.
Ami Yuasa vollführt das Spektakel an diesem Freitag am besten, die 25-jährige Japanerin ist damit die erste Olympiasiegerin im Breaking. Im Final schlägt sie die litauische Weltmeisterin Dominika Banevic, die mit ihrem Übernamen Nicka antritt. Bronze gewinnt Liu Qingyi. Die Chinesin nennt sich kurzerhand 671.
Einiges ist gewöhnungsbedürftig in diesem Tanzsport, der einst in den New Yorker Ghettos erfunden wurde und nun am Freitag zu seiner Olympiataufe kommt (hier lesen Sie, wie der Sport funktioniert). Zuerst waren die Frauen an der Reihe, die im Breaking B-Girls genannt werden. Am Samstag sind die B-Boys an der Reihe.
Der Schritt des Internationalen Olympischen Komitees, Breaking 2024 auf die grosse Bühne zu holen, wurde da und dort kritisiert. Er hat die Frage aufgeworfen, was Breaking mit Sport zu tun haben will. Was immer wieder passiert ist in der Vergangenheit, wenn eine einstige Jugendbewegung plötzlich zum ernst zu nehmenden Sport aufsteigt. Beispiele sind Snowboarden, Freestyle-Skifahren oder Skateboarding.
Der Laienbesuch auf der Place de la Condorde zeigt allerdings, dass das, was gezeigt wird, natürlich durchaus sportlich ist. Sehr sogar. Und sicher schweisstreibender als, um polemisch zwei Beispiele zu nennen, Schiessen und Golf.
Eine Minute hat jede Breakerin Zeit, danach ist die Gegnerin an der Reihe. Die Duelle sind weniger Zweikämpfe, vielmehr ein stummer Dialog. Der gegenseitige Respekt ist stets zu spüren.
Das Kampfgericht bewertet Technik, Schwierigkeit, Choreografie, Ausdruck und Style. Die teilweise spektakulären Bewegungen der Breakerinnen sind offenkundig einstudiert und tausendfach geübt, und doch ist es auch die Improvisationsfähigkeit, die ein B-Girl vom anderen abhebt.
Denn: Zu welcher Musik die Breakerinnen tanzen werden, das wissen sie im Vorfeld nicht. Zwei DJs geben Ton und Rhythmus vor. Sie sind vor einem riesigen Kassettenrekorder platziert. Passend dazu ist die Wettkampffläche einem Plattenspieler nachempfunden.
Überhaupt bestimmt die Musik beim Breaking den Takt des Wettkampfs unter einem grossen Zirkusdach. Aus den Boxen hämmern Hip-Hop, R&B und Funk, und zwei Zeremonienmeister führen wortgewaltig durch den knapp fünfstündigen Event.
Es ist der augenfälligste (oder ohrenfälligste?) Unterschied zur herkömmlichen Präsentation des Sports: Während beim Tennis oder beim Beachvolleyball die Musik zwischen den Ballwechseln durch die Arena dröhnt, ist es beim Breaking ständig laut.
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