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Meinung

Pro und Contra
Braucht es am See eine weitere Beiz von Michel Péclard?

Michel Péclard und sein Team wirten an mehreren Orten rund um den Zürichsee, zum Beispiel an der Schiffsstation in Männedorf.
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Ja

Daniel Stehula, Redaktor
«Eine Prise Péclard tut der Region gut», sagt Daniel Stehula.

Das «System Péclard» ist ein Glücksfall für den Zürichsee. «Weg mit der Krawatte, her mit den Flip-Flops», so bringt Michel Péclard den Zürchern bei, ausserhalb der Ferien die Seele baumeln zu lassen: Die Zehen im Gras, in kurzen Hosen an einem Holztisch sitzend, gekühlten Weissen trinken und mit den Fingern Pouletflügeli essen. «Luxus bedeutet heute, so zu sein, wie man ist.» Ein Péclard-Satz.

Der Erfolg spricht für den Gastronomen, der in Hurden und Kilchberg aufwuchs. Er ist ideenreich, schnell und mutig. Er hat im Übermass, was vielen Beizern abgeht: die Nase für Trends und eine fundierte buchhalterische Ausbildung.

«Péclard hat, was vielen Beizern abgeht: eine buchhalterische Ausbildung.»

Aktuell führt Péclard je sieben Restaurants am See und in der Stadt Zürich. Sie bieten von chinesischen Dim Sum über Fischchnusperli bis zum Raclette vom Holzfeuer verschiedene Gerichte an. Das macht der ehemalige Dozent für Buchhaltung an der Hotelfachschule Luzern nicht aus dem hohlen Bauch heraus, sondern weil die Gäste darauf abfahren. Wer ihm ein Restaurant anbietet, weiss: Péclard wird das Kind schon schaukeln, und am Ende stimmt die Kasse.

Er ist Chef von 300 Angestellten, jedes seiner Lokale hat einen Geschäftsführer. Viele normale Beizer scheitern daran, dass zu viel Last auf ihren Schultern liegt. Im System Péclard ist das anders organisiert.

Und am Ende denkt Péclard vom Kunden her: Welchen Fisch will man am Zürichsee essen? Einen aus dem See. Mistchratzerli? Aus dem Nachbardorf. Wein? Von hier.

Das Rezept von Péclard tut dem Portofino in Thalwil gut, dem L’O in Horgen, der Schiffsstation in Männedorf – und die Gäste haben damit die Wahl aus vielen gut aufgestellten Restaurants in der Region.

Nein

Michel Wenzler, Redaktor
Nein, wir brauchen nicht fortlaufend mehr vom Selben, sagt Michel Wenzler.

Dem umtriebigen Gastronomen Michel Péclard haben wir viel zu verdanken. Als der innovative Beizer vor Jahrzehnten in der Gastroszene auftauchte, brachte er ein neues Lebensgefühl nach Zürich. Draussen an heimeligen Holztischen sitzen, ab dem Outdoor-Grill unkomplizierte Speisen wie den Pumpi-Spiess essen, Fischchnusperli und Salate in gutem Ambiente geniessen – das hatte der Region bisher weitgehend gefehlt.

Unterdessen hat Péclard sein Imperium stetig erweitert. Über ein Dutzend Betriebe führen er und seine Crew rund um den Zürichsee, häufig direkt am Wasser. Doch wie so oft mit guten Ideen: Sie laufen sich irgendwann tot. Péclards Beizen sind zu einem Erfolgskonzept geworden, das nicht nur er selbst, sondern auch andere kopieren. Und hat heute jemand – wie im Fall der Ufenau – eine Pacht zu vergeben, fragt er oft lieber direkt Péclard, statt sich umzuschauen, wer sonst noch eine gute Idee hätte.

«Wir brauchen keine Péclardisierung der Gastroszene.»

Brauchen wir aber fortlaufend mehr vom Selben? Natürlich gleichen sich Péclards Restaurants nicht gerade wie ein Ei dem anderen. Aber sie unterscheiden sich auch nicht wirklich. Auf seiner Website bezeichnet der Szenebeizer seine Betriebe sogar stolz als «United Nations of Péclard», eine Art Vielvölkerstaat also, in dem alle eine einzige Sprache sprechen würden – nämlich «Péclard».

Das erinnert an die Kaffeehäuser der k. u. k. Monarchie, die alle gleich aussahen – egal, ob sie sich in Triest, Wien oder in der hintersten rumänischen Provinzstadt befanden. Letztlich führt dies zu einer kulturellen Armut. Und hier liegt das Problem: Péclard mag gut sein. Eine Péclardisierung der Gastroszene brauchen wir aber nicht.