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Feuer im Amazonasgebiet
Brasilien gibt dem Druck nach – zumindest vorerst

Die massiven Waldbrände im Amazonasgebiet haben 2019 weltweit Proteste ausgelöst: Brasilien befürchtet nun Sanktionen.
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120 Tage – so viel Zeit will Brasiliens Regierung den riesigen Wäldern und Feuchtgebieten des Landes schenken. Am Donnerstag ist ein neues Dekret in Kraft getreten. Es sieht vor, Brandrodungen im Amazonasgebiet und der Sumpflandschaft Pantanal für einen Zeitraum von vier Monaten zu verbieten. Kurz zuvor hatte Brasiliens Vizepräsident angekündigt, die Streitkräfte des Landes könnten bis 2022 dazu eingesetzt werden, um Abholzung und Brände zu bekämpfen.

Beide Massnahmen passen auf den ersten Blick nicht zusammen mit einer Regierung, die zuletzt immer wieder öffentlich in der Kritik stand wegen ihrer laxen Umweltpolitik. Bereits im Wahlkampf hatte Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro versprochen, den Amazonas für eine verstärkte wirtschaftliche Nutzung öffnen zu wollen.

Jagd nach Gold und Edelmetallen

In Brasilien liegen rund 60 Prozent des tropischen Regenwaldes weltweit. Unter den Wurzeln der Urwaldriesen schlummern jedoch Gold und Edelmetalle, Bergbaukonzerne und Glücksritter würden diese Schätze gerne heben. Viehzüchter und Sojabauern dringen in die Wälder vor, und Spekulanten erzielen hohe Gewinne mit illegal besetztem Land.

Seit einigen Jahren schien es so, als würden Abholzung und Brandrodung zurückgehen. Doch zuletzt nahm sie wieder zu und erreichte letztes Jahr einen erneuten Höhepunkt. Rund 10’000 Quadratkilometer Amazonaswald wurden damals abgeholzt, dazu loderten riesige Brände.

Hatte im Wahlkampf versprochen, den  Amazonas für eine wirtschaftliche Nutzung zu öffnen: Präsident Jair Bolsonaro.

In Europa erregten die Feuer grosse Aufmerksamkeit. In Deutschland, Frankreich und vielen anderen Ländern war eine Klimaschutzdebatte mit teils grossen Demonstrationen im Gange. Brasiliens Regierung verbat sich zunächst jede Einmischung. Nach Kritik an ihrer Umweltpolitik bezichtigte Jair Bolsonaro seinen französischen Amtskollegen Emmanuel Macron des Kolonialismus, die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg beschimpfte er als «Rotzgöre».

Erst als europäische Politiker darüber nachdachten, Importbeschränkungen für brasilianische Produkte einzuführen, und Firmen begannen, Umsatzeinbussen zu befürchten, lenkte die brasilianische Regierung ein. Soldaten wurden in den Regenwald entsandt, um bei Löscharbeiten zu helfen. Kaum aber waren sie wieder abgezogen, gingen die Rodungen wieder von vorne los.

Investmentfonds drohen mit dem Abzug von Milliarden, Importeure mit Boykott.

Schon 3000 Quadratkilometer Regenwald wurden in der ersten Hälfte dieses Jahres in Amazonien abgeholzt, 25 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, und auch 2019 war schon ein schlechtes Jahr für die Wälder. Diesmal aber gingen die Rodungen nicht unbemerkt vonstatten, Politiker, Wirtschaft und Umweltverbände machen weiterhin Druck.

So steht das erst unlängst beschlossene Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten, zu denen auch Brasilien gehört, wegen Naturschutzbedenken auf der Kippe. Investmentfonds drohen mit dem Abzug von Milliarden, Importeure mit dem Boykott brasilianischer Produkte. Und vergangene Woche wandten sich die Chefs von mehr als drei Dutzend brasilianischen und ausländischen Konzernen – darunter Bayer und Siemens – an die Regierung Jair Bolsonaros, um ihre Besorgnis über die Abholzung auszudrücken.

Brandstifter werden selten bestraft

Umweltschützer vermuten nun, dass Brasiliens Präsident die internationalen Politiker und Unternehmensleiter nur beruhigen will mit dem Moratorium zu Brandrodungen oder der Entsendung von Soldaten in den Amazonas. Mehrere Tausend sind bereits dort stationiert, Brände und Abholzung nahmen seitdem aber dennoch zu.

Und auch das Verbot von Brandrodung dürfte nur einen unmerklichen Effekt auf die Feuer haben, glauben Umweltschützer und Experten. Die meisten Brände würden ohnehin illegal gelegt, Personal zur Überwachung fehle aber weiterhin. Und werden doch einmal Täter gefasst, werden diese nur selten bestraft und Bussgelder kaum eingetrieben.