Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Boris Johnson
Könnte der «kleine Trump» wirklich zurück­kommen?

epa11453902 Former British Prime Minister Boris Johnson campaigns at a Conservative Party election campaign event in London, Britain, 02 July 2024. The UK is set to hold a general election 04 July.  EPA/ANDY RAIN
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Boris Johnson plant ein politisches Comeback im Vereinigten Königreich.
  • Seine Memoiren «Unleashed» sorgen landesweit für Gesprächsstoff.
  • Kritiker werfen ihm vor, im Buch keine Selbstkritik zu zeigen.
  • Johnson will wieder als Retter der Konservativen wahrgenommen werden.

Eine Frage geht derzeit um an der Themse. Könnte er es wirklich noch einmal schaffen, zurück an die Hebel der Macht? Gemeint ist dabei nicht, ob Donald Trump in Kürze für eine zweite Amtszeit ins Weisse Haus einzieht. Sondern ob Boris Johnson es ihm im Vereinigten Königreich gleichtut mit dem Versuch eines Comebacks, in absehbarer Zeit.

2020 hatten sich die Amtszeiten der beiden Politiker ja schon einmal überschnitten. Es war das letzte Jahr Trumps als US-Präsident und das erste Johnsons als britischer Premier. Ende 2020 war Trump abgewählt worden, und im Sommer 2022 musste der «kleine Trump» (wie Donald Boris gern nannte) nach einer Rebellion seiner Minister aus der Downing Street ausziehen. Voriges Jahr purzelte er auch, weil er die Westminster-Abgeordneten mehrfach belogen hatte, aus dem Parlament.

Inzwischen scheint sich der 60-Jährige aber ernsthafte Hoffnungen auf eine Rückkehr in die Regierungszentrale zu machen – wenn es auch einige Jahre dauern könnte, da die im Juli mit enormer Unterhausmehrheit ans Ruder gekommene Labour Party keine Wahlen abhalten muss vor 2029.

Johnson nutzt die eigene Bekanntheit

Bemerkenswert ist immerhin, wie sehr Johnsons stete Präsenz in der Öffentlichkeit und den Medien schon jetzt das Ringen der Tory-Kandidaten um den künftigen Parteivorsitz überschattet. Keiner der zur Nachfolge Rishi Sunaks Angetretenen geniesst ausgesprochene Beliebtheit oder bedeutet einer grossen Zahl von Britinnen und Briten auch nur annähernd etwas.

Dagegen wissen 99 von 100 Wahlberechtigten, wer Boris Johnson ist. Und an Popularität übertrifft Johnson jetzt sogar Sir Keir Starmer, den gegenwärtigen Labour-Premier.

Drei Viertel der Leser des rechtskonservativen «Daily Express» haben sich in einer Umfrage für Johnsons «Rückkehr in die Konservative Partei», in die Unterhausfraktion der Tories, ausgesprochen – wiewohl auf dem jüngsten Tory-Parteitag in Birmingham etwas skeptischere Ansichten überwogen, was das betraf.

Britain's Prime Minister Boris Johnson (R) stands with Britain's Chancellor of the Exchequer Rishi Sunak during a meeting with Small Business Saturday entrepreneurs in Downing Street in central London on December 1, 2021. (Photo by Daniel LEAL / AFP)

Gelungen ist es dem Ex-Premier jedenfalls nun wieder, sich landesweit ins Gespräch zu bringen. Der Rummel erklärt sich aus dem Erscheinen der Memoiren Johnsons am Donnerstag dieser Woche unter dm Titel «Unleashed» (was etwa «entfesselt» bedeutet oder «von der Leine gelassen»). Der rechte Fernsehsender GB News hat das Buch als «die politischen Memoiren des Jahrhunderts» gepriesen. Kritische Stimmen betrachten es als weitgehend nichtssagend, geradezu clownesk.

Darin beschreibt Johnson unter anderem, wie sein früherer Schatzkanzler Rishi Sunak ihn zur Strecke gebracht habe im Sommer 2022: «Dabei mochte ich Rishi», schreibt Johnson. Dass Sunak und 61 andere Regierungs­mitglieder ihn seinerzeit nach Johnsons Covid-Affären aus dem Amt «kickten», sei «mehr als ein Verbrechen» gewesen, findet Johnson. Er hätte «mit absoluter Sicherheit» die diesjährigen Wahlen gewonnen und, anders als Sunak, Labour besiegt. So geht es weiter im Buch.

Er pflegt sein Witzbold-Image, das Bild vom Retter der Partei

Letztlich verfolge Johnson mit seinen aktuellen Auftritten drei Ziele, meint die «Times»-Kolumnistin Jenni Russell: alle Schuld für Schiefgelaufenes anderen aufzuhalsen; sein früheres Image als toller Witzbold wieder aufzufrischen; und sich als Retter der Partei zu präsentieren.

Sollte alles bei den Tories aus dem Gleis laufen in den nächsten Jahren und Johnson über eine Nachwahl zurück ins Parlament kommen, räumt Russell ein, hätte der oder die kommende Tory-Vorsitzende zweifellos Probleme mit einem Rivalen dieser Art: «Aber was auch immer die Konservativen an ihm reizvoll finden mögen, das Land als Ganzes ginge diesem Scharlatan nicht mehr auf den Leim.»

Da sind sich andere nicht ganz so sicher. Schon ein Wahlsieg Donald Trumps am 5. November würde Johnson und seine Anhänger im Glauben bestärken, dass sie das Gleiche erreichen könnten, gibt Adam Boulton, der frühere Chefredaktor des Senders Sky News, zu bedenken. Immerhin habe Boris Johnson dieses Jahr schon «die pure Unberechenbarkeit» Trumps als «eine seiner Tugenden» bewundert. Vorzeitig abschreiben dürfe man den Ex-Premier jedenfalls nicht.