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Plan gegen Klimawandel
Bill Gates und sein Club der reichen Klimaretter

Bill Gates (l.) holt für seinen Klima-Plan auch Milliardär Michael Bloomberg ins Boot: Die Unternehmer nahmen 2017 am Klimagipfel One Planet in Paris teil.
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Die vier verlorenen Jahre der Regierung Trump haben den 65-jährigen Microsoft-Gründer Bill Gates nicht entmutigt. Im Gegenteil: Seine Stiftung arbeitete unbeirrt an Dutzenden von Programmen zur Ernährungssicherheit, zum Erziehungssystem und zur Gesundheitsversorgung in armen Ländern und trug an vorderster Stelle zur Eindämmung der Malaria bei.

Mehr als 45 Milliarden Dollar hat das Ehepaar Bill und Melinda Gates bisher in Impfprogramme investiert; es wird geschätzt, dass so 120 Millionen Kinderleben gerettet wurden. Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung wurde im vergangenen Jahr sogar – nach dem Rückzug der USA – vorübergehend zur grössten Geldgeberin der Weltgesundheitsorganisation.

Doch jetzt ist Gates bereit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Entdeckt hat er den Klimawandel als fundamentale Bedrohung der Welt erst 2008, recht spät also. Es scheint, als müsse er Verpasstes nachholen, wenn er sagt, dass die Welt unmittelbar vor einer noch nie gesehenen technologischen Revolution stehe.

Rettung des Klimas ist günstiger

Mit «Wie wir die Klimakatastrophe verhindern», seinem neuen Ratgeber, zeichnet er einen optimistischen und technologielastigen Weg für die nächsten dreissig Jahre. Seine Hoffnung, dass sich das Klimaproblem bis 2050 unter Kontrolle bringen lasse, hängt an einer simplen Berechnung: Derzeit werden pro Jahr 51 Milliarden Tonnen klimaschädlicher Gase ausgestossen. Mit einer weltweiten Innovationswelle könnten die Kosten für die Eliminierung einer Tonne dieser Gase von derzeit 200 auf 100 Dollar gesenkt werden, rechnet Gates vor.

Somit brauche es jährliche Investitionen von 5,1 Billionen Dollar, um die Emissionen auf null zu senken. Das entspricht sechs Prozent der weltweiten Wirtschaftsschöpfung, ist aber gemäss Gates weit günstiger als die Kosten der Schliessung ganzer Wirtschaftszweige während der Pandemie. Die Schätzung erscheint realistisch. Analysten der Grossbank UBS rechnen damit, dass die Investitionen in erneuerbare Energien im Jahr 2050 mehr als 9 Billionen Dollar erreichen dürften.

«Die einfachen Projekte sind bereits unterwegs», erklärt Gates in Interviews aus Anlass seines neuen Buches, «jetzt kommen die anspruchsvollen Aufgaben.» Zum Beispiel muss die Produktion von Zement, Stahl und Aluminium revolutioniert und deren immenser Energieverbrauch gesenkt werden. Der Anstoss zur Herstellung von teurerem «grünem Stahl» und «grünem Zement» müsse in Form von Steueranreizen und günstigen Krediten erfolgen, schreibt Gates.

«Ich werde das Geld wahrscheinlich verlieren, doch an Geld habe ich keinen Mangel.»

Bill Gates

Kontrovers ist seine Forderung nach einer Renaissance der Kernenergie, aber sie passt in seine technologische Weltsicht. Die Technologie sei in ihren Anfängen vor siebzig Jahren stehen geblieben. Gates ist stolz auf seine Investitionen von mehr als 500 Millionen Dollar in Terra Power, ein Nuklearunternehmen, das 2018 eine Pilotanlage in China eröffnen wollte, doch von Trump gestoppt wurde. Gates liess nicht locker, baut die Pilotanlage nun in den USA und trägt die Hälfte der Kosten. Sie soll in sieben Jahren ans Netz gehen und wäre nur eine von zwei neuen Nuklearanlagen. In den USA kommen 20 Prozent der Elektrizität aus Nuklearkraftwerken.

Gates wäre nicht Gates, wenn er nicht einen Milliardärsclub der Klimaretter einberufen hätte. Er tat das bereits mit seinem Giving Pledge, mit dem sich über 200 Milliardäre dazu verpflichtet haben, ihren Reichtum zeit ihres Lebens für gute Zwecke zu stiften. Für seinen Klimaplan hat er rund zwei Dutzend Milliardäre gefunden, unter ihnen Alibaba-Gründer Jack Ma, Amazon-Chef Jeff Bezos, Virgin-Chef Richard Branson und Michael Bloomberg, den ehemaligen Bürgermeister von New York.

Sie investieren in einen ungewöhnlichen Fonds, der keinen raschen Gewinn abwirft und für einmal viel Geduld verlangt. Investitionen in grüne Technologien waren in der Vergangenheit oft ein Verlustgeschäft, da die Geldgeber einen Gewinn in fünf Jahren erwarteten und zu schnell aufgaben. Investitionen in Energieprojekte sind – im Gegensatz zu einer App oder einer Software – teuer und oft wenig spektakulär, und sie brauchen Zeit.

Kritik an Machtkonzentration der Milliardäre

Die Investitionszeit für den Gates-Fonds beläuft sich denn auch auf zwanzig Jahre. Gut möglich, dass einige Geldgeber nicht mehr erleben, ob sich ihre Investition auszahlen wird oder nicht. Gates selber gibt sich nüchtern. Er investierte bisher zwei Milliarden Dollar und will in den kommenden fünf Jahren weitere zwei Milliarden nachschieben. «Ich werde das Geld wahrscheinlich verlieren», sagte er dem «Wall Street Journal», «doch an Geld habe ich keinen Mangel.»

Doch wenn eine Handvoll Milliardäre in durch von Steuerzahlern unterstützte Technologien investieren und reicher werden, «wirft das die Frage der Gerechtigkeit auf», meint David Callahan, Gründer der Onlineplattform «Inside Philanthropy», die Trends im Spenden für wohltätige Zwecke verfolgt. «Diese Leute sind die Gewinner eines Systems, das eben diese Probleme verursacht.»

Skeptisch ist auch Chuck Collins, Direktor am Institute for Policy Studies, einer fortschrittlichen Denkfabrik in Washington. «Ich hätte lieber weniger Milliardäre und einen breiter kontrollierten Investitionsfonds, der von Steuerzahlern finanziert wird, finanziert von Pools von Spendern und nicht von fünf oder zehn Mega-Milliardären», sagt Collins. «Das ist eine korrosive Machtkonzentration.»

Er verstehe diese Bedenken und das Misstrauen gegenüber Milliardären, erwidert Gates, aber dies sei nicht die Zeit, sich zu streiten. Wer ins Klima investiere, sehe im besten Fall zehn Jahre keinen Ertrag und verliere das Geld im schlimmsten Fall. Wer Milliardäre angreifen wolle, sollte es gegen jene tun, die Steuern umgehen wollten. «Wir dagegen tun, was wir tun, nur deswegen, weil wir an das Klima glauben.»