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Brisanter Vorstoss in Zürich
Die Abschaffung der Langzeitgymnasien steht zur Debatte

Schuelerinnen und Schueler waehrend der Eroeffnungsfeier, am ersten Tag nach den Sommerferien im Kanton Zuerich, waehrend der Coronavirus-Pandemie, aufgenommen am Montag, 17. August 2020, im Gymnasium Freudenberg in Zuerich. (KEYSTONE/Alexandra Wey)
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Die Alternative Liste (AL) hat am Montag im Kantonsrat eine Motion eingereicht, in welcher sie die Abschaffung des Langzeitgymnasiums fordert. Ziel von Bildung müsse es sein, dass alle zur Partizipation in Gesellschaft, Kultur und Politik befähigt würden. Deshalb fordert die Partei, dass alle Kinder und Jugendlichen in der obligatorischen Schulzeit, also vom Kindergarten bis zum dritten Jahr der Oberstufe, dieselbe Schule besuchen sollen.

Das Gymnasium solle in ein ganzheitliches Oberstufensystem integriert werden, statt es noch mehr von der Volksschule abzukoppeln, worauf es im Kanton Zürich derzeit hinauslaufe. Mit dem neuen Prüfungsreglement von 2023 werde die Selektion noch weiter verstärkt, schreibt die AL in einem Communiqué. Neu ist beim Übertritt von der 6. Primarklasse inklusive Vornoten ein Durchschnitt von 4,75 nötig.

Die Partei weist darauf hin, dass Kinder von Eltern, die studiert haben, überproportional häufig ins Langgymnasium wechseln. Diskriminierend ist laut AL auch, dass «die Unentgeltlichkeit der zehnjährigen Volksschulzeit» im Langzeitgymnasium endet und die Eltern Schulmaterial, Schulbücher, Klassenlager und Klassenreisen selber bezahlen müssen.

Auch führt die AL an, dass im jüngst publizierten «Schulleitungsmonitor Schweiz 2023» der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz eine Mehrheit der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter aus den Kantonen Zürich, Aargau, Bern, Luzern und St. Gallen eine Selektion nach der 6. Primarschulklasse aus entwicklungspsychologischer Sicht als zu früh taxiert.

Leutenegger stellte Langzeitgymi infrage

Die Forderung nach der Abschaffung des Langzeitgymnasiums taucht immer wieder auf der politischen Bühne auf. Weil die Mehrheit der Kantone kein Langzeitgymi kennt, wollte es die Städteinitiative 2008 abschaffen – das Stichwort war die angestrebte Harmonisierung der Schulsysteme.

Auch die Stadt Zürich und ihr damaliger Schulvorstand Gerold Lauber (CVP) machte sich für das Vorhaben stark. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass die Stimmenden das wollten, als sie Ja gesagt hätten zum Volksschulgesetz und zur Einführung der integrativen Schule. Doch das Vorhaben versandete.

2022 nahm der aktuelle Stadtzürcher Schulvorsteher Filippo Leutenegger (FDP) das Thema wieder auf und setzte sich in der NZZ für «die massive Reduktion oder gar Abschaffung des Langzeitgymnasiums» ein. Er tat dies im Sinne einer Stärkung der Sekundarschule und der Berufslehre.

Pröbeln bei den Aufnahmeprüfungen

Politisch noch öfter thematisiert wurden in den letzten Jahren die Aufnahmeprüfungen fürs Gymi. Sie wurden 2005 vereinheitlicht und zentralisiert – vorher hatte jede Kantonsschule ihre eigene Prüfung.

Einen Test während dreier Jahre, bei dem nicht nur die Hauptfächer Deutsch und Mathematik, sondern auch die «allgemeinen kognitiven Fähigkeiten» der Kinder geprüft wurden, verfolgte man nicht weiter. Es hatte sich gezeigt, dass die Kinder aus bildungsfernen Familien nicht besser abgeschnitten hatten.

2015 scheiterte ein Vorstoss von Grünen, SP und EVP, welche alle Gymi-Aufnahmeprüfungen abschaffen wollte. Sechs Jahre später erging es einer Initiative aus SP-Kreisen nicht besser, die wenigstens die Aufnahmeprüfung für Sekundarschülerinnen und -schüler abschaffen wollte.

SP und Grüne machen nicht mit

Im Lauf der Zeit wurden die mündlichen Prüfungen für die Grenzfälle abgeschafft. Knapp gescheiterte Prüflinge hatten zuvor eine zweite Chance erhalten. Und beim Übertritt von der Sekundarschule wurden die Vornoten abgeschafft und wieder eingeführt. Heute zählen die Zeugnisnoten für Mathematik, Deutsch, Französisch, Englisch sowie Natur und Technik als Vornote.

Die aktuelle Motion zur gänzlichen Abschaffung des Langzeitgymnasiums dürfte es im Kantonsrat schwer haben. Den Vorstoss unterschrieben haben nur die AL-Politikerinnen Judith Stofer, Nicole Wyss und Lisa Letnansky. Weitere linke Politikerinnen und Politiker fehlen. Die AL hat 5 von 180 Kantonsratssitzen.

Korrektur 16.9.: In der ersten Version des Textes stand, dass das Lernverhalten als Teil der Vornote zählt. Das war geplant, wurde aber nicht umgesetzt.