Besuch in Mar-a-LagoTrump setzt auf Meloni
Mit einem überraschenden abendlichen Kurzbesuch bei Donald Trump in Florida empfiehlt sich die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als zentrale Ansprechpartnerin des künftigen US-Präsidenten.
Auf den Bildern vom Samstagabend in Mar-a-Lago ist Elon Musk, der zurzeit häufige Begleiter von Donald Trump, nicht zu sehen. Das muss hier erwähnt werden, denn in der Privatresidenz des kommenden US-Präsidenten in Florida war zu dieser Stunde die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu Gast, der eine besonders enge Beziehung zu Musk zugeschrieben wird. Es ist wahrscheinlich, dass Musk Meloni den Zugang zu Trump ermöglicht und sie damit in der Riege der einflussreichen europäischen Regierungschefs in die Pole-Position gebracht hat.
Zwischen der Römerin und dem umstrittenen Tech-Milliardär, der gerade in Deutschland durch seine Wahlkampfhilfe für die AfD von sich reden macht, besteht eine Freundschaft, die sogar zu dem delikaten Gerücht führte, es könne um mehr als Sympathie gehen. Was Musk umgehend dementierte («Wir daten einander nicht»), ohne dass die beiden aber aus ihrer gegenseitigen Zuneigung ein Geheimnis machen würden. Musk hat Meloni schon mal auf offener Bühne bejubelt als eine Frau, die «innen noch schöner als aussen» sei, und Meloni wiederum hat Musk gerade erst in einem in Italien viel beachteten Interview zum Jahreswechsel als «genialen Mann» gepriesen: «eine grosse Persönlichkeit unserer Zeit, ein aussergewöhnlicher Innovator, der immer die Zukunft im Blick hat».
Eine bei zahlreichen Treffen über Jahre gewachsene gegenseitige Vertrautheit kommt Meloni jetzt zugute, wenn es darum geht, zum künftigen Führer der westlichen Welt eine belastbare Beziehung aufzubauen. Eine Beziehung, die über den üblichen Austausch zwischen Staats- und Regierungschefs hinausgeht, die sich mit grossen Delegationen besuchen und besprechen. Deshalb ist die Blitzreise der italienischen Regierungschefin nach Florida am Wochenende politisch bedeutsam, auch wenn ihr Aufenthalt nur wenige Stunden gedauert hat.
Trump und Meloni sahen gemeinsam eine Doku an, dann lobte er sie als «fantastische Frau»
Meloni hatte sich überraschend, und ohne die Öffentlichkeit vorher zu informieren, am Samstag auf den Weg gemacht, italienische Medien waren auf die Flug-Plattform «Flightradar 24» angewiesen, um den Verlauf der Reise zu verfolgen. Am Samstagnachmittag landete Meloni in Florida, sie traf die führenden Mitglieder der neuen aussenpolitischen Mannschaft des Präsidenten, ass mit Donald Trump zu Abend und durfte anschliessend mit diesem einen Dokumentarfilm über die Präsidentschaftswahl 2020 ansehen, die Joe Biden gewonnen hatte, was Trump bekanntlich bis heute nicht anerkennt. Der designierte Präsident war ausweislich der Berichte aus Mar-a-Lago bester Laune, lobte Meloni in den höchsten Tönen. Sie sei «eine fantastische Frau», die «Europa im Sturm erobert hat und alle anderen auch». Anschliessend flog Meloni, ohne zu übernachten, wieder nach Italien zurück.
Gesicherte Informationen über das Gespräch der beiden gab es zunächst nicht, es wird aber allgemein angenommen, dass es auch um das Schicksal der in Iran inhaftierten italienischen Journalistin Cecilia Sala gegangen ist. Die 29-jährige Auslandsreporterin war vor Weihnachten während einer offiziell angemeldeten Recherchereise einen Tag vor ihrer Rückreise nach Italien mit unklarer Begründung verhaftet worden. Allgemein wird vermutet, dass sie als Geisel dient, um einen zuvor in Mailand festgesetzten iranisch-schweizerischen Geschäftsmann freizubekommen, gegen den die USA einen internationalen Haftbefehl wegen terroristischer Umtriebe erlassen haben.
Der Fall hat in Italien höchste Aufmerksamkeit. Die junge Frau konnte erst einmal von der italienischen Botschafterin in Teheran besucht werden, ihre Haftbedingungen werden als hart beschrieben. Meloni hat sich mit der Mutter von Cecilia Sala getroffen und alle Hilfe versprochen. Sie muss aber aufpassen, dass sie sich nicht etwa durch einen Austausch des Iraners gegen die Journalistin amerikanischen Unmut zuzieht.
Meloni zeigt einen Pragmatismus, der für Rechtsaussen-Politiker eher unüblich ist
Im Gespräch mit Trump sollen dies wie auch die bekannten weltpolitischen Themen besprochen worden sein, von der Drohung mit Handelszöllen gegen Europa bis zum Schicksal der von Russland überfallenen Ukraine; Meloni ist als kompromisslose Unterstützerin der Ukraine bekannt. Meloni hat mit diesem Treffen womöglich einen weiteren Schritt gemacht, um Trumps bevorzugte Ansprechpartnerin in Europa zu werden. Das würde ihre Position im Kreis der europäischen Führerinnen und Führer massiv stärken.
Meloni, die eine Partei anführt, die in Teilen immer noch postfaschistisch ist, steht Trump politisch nahe, wie sie selbst immer wieder betont. Sie zeigt aber auch gegenüber anderen Regierungschefs einen Pragmatismus, der für Rechtsaussen-Politiker eher unüblich ist. Im erwähnten Interview zum Jahreswechsel hatte sie sich überaus freundlich über den britischen Premier Keir Starmer geäussert, obwohl dieser als Labour-Politiker politisch deutlich anders verortet ist als sie – und mehr noch: Obwohl dieser gerade unter Dauerbeschuss durch Trump und Musk steht. Mit Starmer verstehe sie sich gut und stimme in vielen Fragen überein, sagte Meloni. Auch mit der EU-Kommissionspräsidentin und CDU-Politikerin Ursula von der Leyen pflegt sie eine enge Beziehung. Und wenn in der kommenden Woche der scheidende US-Präsident Joe Biden nach Rom kommt, wird Meloni, darf man vermuten, die Herzlichkeit in Person sein.
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