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Bundesrat schliesst Schulen schweizweit, 10 Milliarden Soforthilfe

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«Die Situation ist ernst, aber wir haben die Mittel und die Möglichkeiten, ihr zu begegnen - medizinische und auch finanziell.» Das sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am Freitag bei der Präsentation der neuen Massnahmen gegen das Coronavirus.

Es gehe darum, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Unternehmen zu unterstützen. Ziel der Massnahmen sei es weiterhin, die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen und so das Funktionieren des Gesundheitswesens sicherzustellen. Die Massnahmen, die der Bundesrat beschlossen habe, seien einschneidend, sagte Sommaruga. Unternehmen und Selbständige würden hart getroffen. «Ihnen sagen wir: Wir lassen Euch nicht im Stich. Der Bundesrat kümmert sich um Euch.» Dafür seien die Mittel vorhanden und würden auch zur Verfügung gestellt.

Das hat der Bundesrat am Freitag beschlossen. Die Massnahmen gelten ab sofort.

  • Alle Schweizer Schulen bleiben bis am 4. April geschlossen. Betroffen sind obligatorische Schulen, Hochschulen und weitere Ausbildungsstätten. Bereits angesetzte Prüfungendürfen nur mit strengen Schutzmassnahmen durchgeführt werden.
  • Gesundheitsminister Alain Berset hat die beschlossenen Schulschliessungen erklärt: «Wir müssen alles tun, um jüngere mit älteren Personen nicht zusammenzubringen.» Der klassische Unterricht kommt so zum Erliegen. Fernkurse seien aber weiterhin möglich.
  • Die Kantone seien dazu angehalten, Lösungen für die Kinderbetreuung bereitzustellen. Es gehe nun um generationsübergreifende Solidarität.
  • In Restaurants, Bars und Diskotheken dürfen sich maximal 50 Personenaufhalten. Die anwesenden Personen müssen zudem die Hygieneempfehlungen einhalten und Abstand halten können.
  • Ab sofort bis Ende April verbietetder Bundesrat alle Veranstaltungen ab 100 Personen. Wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, können die Kantone Ausnahmen gewähren. Bei Veranstaltungen bis 100 Teilnehmende müssen Massnahmen zum Schutz der Anwesenden ergriffen werden.
  • Dies gilt auch für Freizeitbetriebe wie Museen, Sportzentren, Schwimmbäder oder Skigebiete.

Hilfe für die Wirtschaft

  • Der Bundesrat greift auch der Wirtschaft unter die Arme. Er hat 10 Milliarden Franken Soforthilfe bewilligt.
  • Damit sollen vor allem die Löhne der Arbeitnehmenden weiterhin gezahlt werden.
  • Konkret können im Fonds der Arbeitslosenversicherung bis zu 8 Milliarden Franken für die Kurzarbeitsentschädigung geltend gemacht werden.
  • Die Karenzfrist für die Kurzarbeit wird ab sofort auf einen Tag reduziert.
  • Eine Ausweitung auf befristete Arbeitsverhältnisse ist in Prüfung.
  • Für besonders betroffene Unternehmen prüft der Bundesrat eine Härtefallregelung bis zu 1 Milliarde Franken.
  • Den KMU mit finanziellen Engpässen stehen ab sofort bis zu 580 Millionen Frankenan verbürgten Bankkrediten zur Verfügung.

Hilfe für den Sport

  • Der Bundesrat greift auch Veranstaltern von Sportanlässen und dem Kultursektor unter die Arme.
  • Für ehrenamtlich tätige Organisationen im Sportbereich werden A-fonds-perdu 50 Millionen Franken bereitgestellt.
  • Für den Profibetrieb im Mannschaftssport will der Bundesrat zinslose, rückzahlbare Darlehen gewähren. Dafür stehen ebenfalls 50 Millionen Franken zur Verfügung.

Kontrollen an der Grenze

Die Einreise von Italien in die Schweiz wird weiter eingeschränkt. Nur noch Schweizerinnen, Schweizer und Menschen, die aus beruflichen Gründen in die Schweiz wollen oder aus «absoluter Notwendigkeit» einreisen müssen, dürfen die Grenze passieren. Erlaubt bleiben der Transit- und der Warenverkehr.

Die Regierung hält weiter an ihrer Empfehlung fest, den öffentlichen Verkehr möglichst zu meiden. Von einem Verbot sieht er aber ab.

Berset: «Ruhig bleiben trotz ernster Situation»

Berset hat die Bevölkerung trotz der einschneidenden Massnahmen zur Ruhe aufgefordert. Die Situation ändere sich jeden Tag, der Bundesrat reagiere mit seinen Beschlüssen laufend auf die aktuelle Lage.

«Die Situation ist ernst, aber wir wissen, wie wir darauf am besten reagieren», sagte Berset am Freitag vor den Bundeshausmedien. Die Strategie der Regierung sei in den vergangenen Wochen immer konstant geblieben.

Der Gesundheitsminister bezeichnete die Massnahmen als «hart, aber notwendig». Die Bevölkerung müsse ihre Gewohnheiten überdenken. «Wir müssen reduzieren, bremsen und für eine Weile weniger soziale Kontakte pflegen.» Das Abstandhalten sei sehr wichtig. Ohne die Mithilfe der gesamten Gesellschaft funktionierten die Massnahmen nicht.

Im Anschluss an die Pressekonferenz des Bundesrats wurden den Mitgliedern der Landesregierung Fragen gestellt:

  • «Was hat Sie dazu gebracht, die Strategie nun zu ändern? Was hat sich geändert?», will ein Journalist wissen. Es war immer eine Entscheidung auf die aktuelle Ausgangslage, antwortet Berset. «Es gibt eine neue Studie, die Schulschliessungen befürwortet. Deshalb hatten wir nun eine neue Ausgangslage», so der Innenminister. Man müsse aber weiterhin verhindern, dass die Grosseltern jetzt auf die Kinder aufpassen.
  • Welche Regelung gilt nun für Kinderkrippen? «Das ist eine berechtigte Frage», sagt Berset. Ob Kinderkrippen geschlossen werden sollen, müssen gemäss Berset die Kantone selbst entscheiden. «Kinderkrippen sind ein Betreuungsangebot und gehören nicht zur obligatorischen Schulzeit.» Es gebe viele unterschiedliche Betreuungsmodelle in den Kantonen, denen Rechnung getragen werden müsse. «Wir erwarten, dass die Kantone diese Entscheidung und die aktuelle Situation selber einschätzen und dementsprechend entscheiden können.»
  • Sie appelieren an die Solidarität. Wie wollen Sie die junge Generation, die selbst nicht von schweren Krankheitsverläufen betroffen ist, dafür sensibilisieren? «Ich glaube, wir setzten heute ein gutes Signal. Die Situation ist ernst», sagt Berset. Man habe mit dem Veranstaltungsverbot Fakten geschaffen. Das solle zeigen: Es ist ernst. Man müsse nun die verwundbaren Gruppen schützen. «Die Partyszene musse verstehen, vorübergehend etwas anderes zu machen.»
  • Wieso zieht man die Schulschliessung nicht direkt bis zu den Osterferien durch?«Niemand kann wirklich sagen, wie die Situation in drei bis vier Wochen aussehen wird», sagt Berset. Die Massnahmen seien jederzeit verlänger- bzw. veränderbar. «Es ist das erste Mal, dass der Bundesrat eine solche Massnahme beschliesst. Wir werden diese drei Wochen jetzt ganz genau beobachten und anschliessend entscheiden, wie wir weiter machen.»
  • Ist die Liste der Risikogebiete gleichbedeutend mit einer Reisewarnung? Karin Keller-Sutter sagt, das sei nicht der Fall. Der Bundesrat rate derzeit generell von Auslandreisen ab.
  • Es gebe Kritik von Virologen, dass nicht mehr immer getestet würde, wenn kein schwerer Fall vorliege. Was ist der Grund dafür? Daniel Koch vom BAG antwortet, das sei eine gute Frage. Es könne der Eindruck entstehen, man wolle nicht mehr testen. Wichtig sei, dass man den Jungen sage: Wenn ihr Symptome habt, bleibt zu Hause. Man wolle nicht, dass man jetzt schon alle Kapazitäten ausschöpfe. Man sei aber am Aufbauen.
  • Wird die neue Regel, dass sich nur 50 Personen in Bars und Diskotheken aufhalten dürfen, kontrolliert? «Die Verordnung ist eine Verpflichtung für die Eingentümer der Clubs und Bars», sagt Berset. Er gehe davon aus, dass die neuen Regeln umgesetzt würden. «Sonst ist es einfach illegal.»
  • Hatte der Kanton Tessin eine Vorreiterrolle? War er ein Laborversuch? Das Tessin sei keinesfalls ein Versuchslabor gewesen, sagt Bundesrat Alain Berset. «Der Kanton Tessin wurde aufgrund seiner geografischen Lage einfach früher mit realen Problemen aufgrund des Virus konfrontiert.» Es habe aber auch den Willen gegeben, konkrete Massnahmen zu ergreifen. Das Tessin habe gezeigt, was es bringe, Massnahmen zu erklären und so die Bevölkerung «mitzunehmen».
  • «Man muss beachten, dass nicht mehr alle Grenzgänger in die Schweiz reisen», so Karin Keller-Sutter. Das etwa, weil im Tessin bereits Kurzarbeit eingeführt wurde. Andererseits müsse man aber auch die Spital-Infrastruktur aufrechterhalten.
  • Werden die Rekrutenschulen nun auch geschlossen? «Es ist nicht vorgesehen, die Rekrutenschulen zu schliessen», sagt Berset. Für Soldaten würden die gleichen Regeln gelten wie für alle anderen: Abstand halten, bei Symptomen Zuhause bleiben.
  • Wie muss man die heutigen Massnahmen historisch einordnen? Die Situation sei sehr aussergewöhnlich und einschneidend, so Sommaruga. «Ich glaube nicht, dass solche Massnahmen schon einmal getroffen wurden.» Nun sei wichtig, dass die Bevölkerung diese Massnahmen mittrage und deren Sinn verstehe. Man sei in einem laufenden Prozess und müsse die Massnahmen immer wieder überprüfen. «Es ist nicht einfach. Man muss der Bevölkerung aufzeigen, wieso das heute gilt. Wieso bald etwas anderes gelten könnte», sagt Sommaruga. Daher sei es umso wichtiger, sich gegenüber der Bevölkerung zu erklären.
  • Ist der Öffentliche Verkehr nicht die grösste Schwäche dieser Strategie? Man appelliere, die Nutzung des ÖV herunterzufahren, so Sommaruga. Man sehe bereits jetzt, dass die Passagierzahlen zurückgegangen seien. Man habe bereits Massnahmen für die Mitarbeiter im Öffentlichen Verkehr getroffen. So schütze man etwa die Busfahrer.
  • Nochmals zu den Grenzgängern: Soll der Bundesrat nicht aktiv die Anzahl der Grenzgänger beschränken? «Der Bundesrat geht davon aus, dass auch die Betriebe Verantwortung übernehmen. Weil vielleicht weniger Arbeit anliegt oder Homeoffice eingeführt wurde», sagt Karin Keller-Sutter. Es sei jedoch schwierig für den Bundesrat, eine Selektion vorzunehmen. «Es ist heikel zu sagen, im Gesundheitswesen wollen wir alle Grenzgänger hineinlassen und in der Maschinenindustrie lassen wir nur einzelne Schlüsselpersonen in die Schweiz.»
  • Sind wir nun in der «Ausserordentlichen Lage»? Man könne bereits jetzt viele Massnahmen in der besonderen Lage treffen, so Berset. Der Vorteil sei, dass man hier noch mit den Kantonen koordinieren kann. In der ausserordentlichen Lage würden sich die Beschlüsse auf Notrecht stützen. Daniel Koch, Leiter übertragbare Krankheiten des BAG, ergänzt, so lange man die Epidemie mit den Tools der besonderen Lage behandeln könne, sei es besser.
  • Stehen Ladenschliessungen bevor? «Die Situation ist ernst und schwierig, aber es gibt keinen Grund, Panik zu haben», sagt Bundespräsidentin Simmonetta Summaruga. Auch in Italien seien Lebensmittelläden noch immer geöffnet. So eine Massnahme sei jedoch nicht geplant in der Schweiz. «Dass sich Menschen etwa überlegen, wie oft sie in den Laden gehen, ist nachvollziehbar. Das gehört zu den persönlichen Vorsichtsmassnahmen.»

SDA/red