Bilanz der SkisaisonBergbahnen machen Verluste – und andere Alpenländer sind neidisch
In vielen Schweizer Skigebieten ist der Umsatz weniger stark eingebrochen als befürchtet. Bei den Regionen gibt es einen klaren und überraschenden Pandemie-Gewinner.
Wohl nie zuvor war das Skifahren ein solches Politikum wie zu Beginn der nun zu Ende gehenden Saison. Frankreich, Italien und Deutschland stemmten sich gegen die Öffnung der Skigebiete, für den Schweizer Sonderweg hagelte es Kritik. Auch in Bundesbern stritten die Politiker heftig darüber, inwiefern die Öffnung der wirtschaftlich wichtigen Bergbahnen angesichts der Corona-Lage berechtigt sei. Der Zürcher Regierungsrat forderte die Bergkantone Mitte Dezember gar auf, die Skigebiete sofort zu schliessen.
Es kam anders, und jetzt, wo das Ende der Wintersportsaison naht, steht fest: Die Pandemielage in der Schweiz präsentiert sich zumindest nicht schlechter als in den Nachbarsländern, in denen die Lifte teilweise monatelang stillstanden. Und wirtschaftlich fielen die Schweizer Einbussen in dieser Sparte dementsprechend geringer aus als im Ausland. Bergbahn-Unternehmer Markus Schröcksnadel sagt im «Blick»: «Der Schweizer Weg war wohl der richtige.» Dem Österreicher gehören mehrere Bergbahnen, in der Schweiz hat er in Saas-Fee und Savognin investiert.
24 Prozent Umsatzeinbruch
Doch wie präsentieren die Schweizer Zahlen sich kurz vor dem Saisonende? Bis Ende März ist die Zahl der Gäste der Schweizer Bergbahnen im Vergleich zur Wintersaison 2018/2019 um 24 Prozent gesunken. Auch die Umsätze gingen um 24 Prozent zurück. Günde sind vor allem die weiterhin fehlende Kundschaft aus dem Ausland und das eingebrochene Gastro-Angebot.
Ausserdem hätten wegen der Corona-Krise auch die Skilager und die Vereins- und Firmenausflüge nicht stattfinden können, teilte Seilbahnen Schweiz am Freitag mit. Betroffen seien alle Regionen, obwohl die auf Tagestouristen ausgerichteten Skigebiete in den Voralpen und in der Nähe von Städten etwas glimpflicher davon gekommen seien.
Trotz der guten Schnee- und Wetterbedingen geht der Verband davon aus, dass sich die Zahlen bis Saison-Ende nicht mehr erholen werden. Berno Stoffel, Direktor Seilbahnen Schweiz, hatte am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA gesagt, er rechne bis Ende Winter mit einem Umsatzverlust von über 30 Prozent.
Ostergeschäft macht sich in Graubünden bemerkbar
Auch die grossen Tourismuskantone haben ein vorläufiges Ergebnis der Saison publiziert. Die Bündner Bergbahnen haben den Corona-Winter 2020/21 gemäss Eigeneinschätzung mit einem passablen Resultat überstanden. Dazu beigetragen hat ein «zufriedenstellendes» Ostergeschäft.
Gegenüber dem Vorjahr transportierten die Bergbahnen 22,5 Prozent weniger Gäste, der Verkehrsertrag ging um 21,3 Prozent zurück. Besser schneidet die noch laufende Wintersaison im Vergleichen über 10 Jahre ab. Die Rückgänge betragen dort 14 Prozent und 10 Prozent. Eine solche Bilanz dürfte in anderen Alpenländern mit Neid gelesen werden. Denn in verschiedenen Regionen im angrenzenden Ausland begann die Wintersaison erst sehr spät, oder gar nicht.
Zufrieden trotz Verlust
Vor Probleme gestellt waren in der Schweiz Destinationen, die traditionell viele ausländische Gäste haben. Angesichts der ausserordentlichen Umstände bezeichnet Markus Hasler, CEO der Zermatt Bergbahnen AG, das Ergebnis der zurückliegenden Wintermonate trotzdem «noch als erfreulich». Hasler spricht im «Walliser Boten» von einem Rückgang von 25 bis 30 Prozent. Insgesamt ging die Zahl der Bergbahn-Benutzer im Wallis um ein Viertel zurück, wie Damian Constantin, Direktor von Valais-Wallis Promotion, sagt. Der Inlandtourismus nahm allerdings von 52 auf über 70 Prozent zu und konnte damit den Schaden teilweise kompensieren.
Kleinere Gebiete mit vorwiegend Schweizer Kundschaft konnten die Besucherzahlen der letzten «normalen» Saison 2018/2019 erreichen oder sogar übertreffen. Und es gibt tatsächlich eine Schweizer Ferienregion, an der die Coronakrise scheinbar spurlos vorübergegangen ist. In den Waadtländer und Freiburger Alpen gingen die Gästezahlen der Seilbahnen um lediglich 7 Prozent zurück, der Umsatz sank jedoch um 50 Prozent.
«Wild West im Take Away»
Dramatischer als im Transportgeschäft ist die Lage in der Gastro-Sparte. Bergbahnen Graubünden rechnet dort mit einem Umsatzrückgang von mindestens 60 Prozent. Es sei davon auszugehen, dass die meisten Bergbahnen für diese Sparte Härtefallhilfen beantragen würden, heisst es. In anderen Regionen dürfte es ähnlich aussehen.
Besonders in Graubünden, aber nicht nur dort, stiess das Terrassen-Verbot für Restaurants auf Widerstand. Für Stefan Reichmuth, Mitglied von der Geschäftsleitung der Bergbahnen Arosa-Lenzerheide, bleibt es epidemiologisch nach wie vor nicht nachvollziehbar, denn beim Take-away komme es teilweise zu Situationen wie «im Wilden Westen».
Zumindest das Wetter macht den Betreibern keinen weiteren Strich durch die Saisonrechnung. Schnee hat es immer noch viel. Die meisten grossen Bergbahnen sind deshalb zumindest das kommende Wochenende noch in Betrieb.
nlu/sda
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