Fussball-WM in OzeanienBei der Frauen-Nati bleibt der Bundesrat daheim
Spielt die männliche Nationalmannschaft, zeigen sich Regierungsmitglieder gern im Stadion. Das weibliche Team beglücken die bundesrätlichen Edelfans nicht.
Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft ist am Freitagmorgen mit einem 2:0 in die Weltmeisterschaft-Endrunde gestartet. Die Landesregierung daheim lässt das Turnier eher kalt. «Eine Teilnahme eines Mitglieds des Bundesrats an der Fussball-WM in Australien und Neuseeland ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen», teilt die Bundeskanzlei auf Anfrage mit.
Der Grund liegt auf der Hand: Es spielen die Frauen, nicht die Männer. Und sie spielen erst noch am anderen Ende der Welt.
Da scheint es zu reichen, wenn Sportministerin Viola Amherd am Vortag auf Twitter viel Erfolg wünscht.
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Dabei ist es erst das zweite Mal, dass sich die Schweizerinnen für eine WM qualifizieren konnten. Doch schon beim ersten Mal, 2015 in Kanada, glänzte der Bundesrat durch Abwesenheit.
Berset in der Garderobe
Ganz anders bei den Männern: Hier zeigt sich die Schweizer Exekutive ausgeprägt reisefreudig. Sie fiebert traditionell gern vor Ort mit. Zur Endrunde 2018 verschickte die Bundeskanzlei gar eine Medienmitteilung mit dem Titel «Bundespräsident Berset und Bundesrat Parmelin reisen an die Fussball-WM in Russland». Kurz darauf gab es Aufnahmen Alain Bersets mit den Spielern direkt aus der Schweizer Kabine in Rostow am Don. Captain Stephan Lichtsteiner überreichte dem Bundespräsidenten das obligate Nati-Trikot.
Guy Parmelin, damals noch Sportminister, durfte dann das legendäre «Doppeladler»-Spiel gegen Serbien (2:1) in Kaliningrad miterleben. Das Schweizer Weiterkommen feierte er in rotem Sakko und mit Fanschal.
Darauf entschied sich auch noch Ueli Maurer, dass dem Team sein Support guttun könnte. Er sah dann aber vor Ort in St. Petersburg nur, wie im Achtelfinal Schweden für die Schweiz Endstation war.
Bei der politisch umstrittenen WM in Katar vergangenes Jahr war der Andrang aus dem Bundeshaus weniger gross. Viola Amherd, mittlerweile im Bundesrat zuständig für das Sportdossier, verzichtete – und gab auch keine Begründung für ihre Nichtpräsenz an. Unklar blieb so, ob sie keine Lust hatte (was im Gremium als gute Ausrede gilt), ob sie wegen der Menschenrechtslage fernblieb – oder ob es ein bisschen beides war.
Der treueste WM-Besucher
Desinteresse am Fussball war es sicherlich nicht. Denn noch im Vorjahr hatte es sich Amherd nicht nehmen lassen, den Viertelfinal der Schweizer Männer bei der Europameisterschaft gegen Spanien live in St. Petersburg zu verfolgen. Ihr Team unterlag 1:3.
Bei der WM in Katar sprang dann der in Menschenrechtsfragen weniger zart besaitete Finanzminister Ueli Maurer in die Bresche. Er hatte nicht mehr viel zu verlieren, da er bereits seinen Rücktritt erklärt hatte. Und die Reise an den Golf konnte er auch gleich noch dazu nutzen, um sich mit den Katarern auszutauschen, die als Öl- und Erdgaslieferanten und als Grossaktionäre der Credit Suisse doppelt interessant waren. Bei Schweiz – Brasilien durfte Mauer mit dem katarischen Finanzminister in der Loge der «very very important people» sitzen.
Nun aber ist mit Ueli Maurer der treueste WM-Besucher aus dem Bundesrat nicht mehr im Amt, und Sportministerin Amherd sowie Bundespräsident Berset sind in den Sommerferien (was sich mit dem derzeitigen australischen und neuseeländischen Winter schlecht verbinden lässt).
Cassis’ enger Zeitplan
Nach ihrem Auftaktsieg müssen die Schweizer Fussballerinnen ihre Hoffnung auf höchsten politischen Support nicht ganz begraben. Abhilfe schaffen könnte im Fall eines Weiterkommens Ignazio Cassis. Er absolviert Anfang August sowieso eine Dienstreise durch Südostasien und Ozeanien.
Allerdings wirkt seine Reise nicht abgestimmt mit dem WM-Spielplan. Am möglichen Achtelfinaltag der Schweizerinnen, dem 5. August, hält Cassis eine 1.-August-Rede in Singapur. Für den Tag darauf ist eine weitere Ansprache des Aussenministers zum Nationalfeiertag in Australien geplant.
Sicher klappen müsste es mit der bundesrätlichen Präsenz bei der Frauen-EM 2025. Sie wird in der Schweiz stattfinden. Da könnten dann sieben Edelfans aus der Landesregierung in den Stadien mitfiebern.
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