«Beckham» auf NetflixDer erste Popstar des Fussballs
Fussballerlegende, Unternehmer, Model, Fashion-Ikone, Spice-Girl-Ehemann: Aber wer ist David Beckham wirklich? Eine neue Doku von «Succession»-Star Fisher Stevens geht der Frage nach.
Da sprechen sie alle vor der Kamera: Sir Alex Ferguson, Gary Neville, Paul Scholes oder Rio Ferdinand, Wegbegleiter des grossen David Beckham und selber nicht ganz unbedeutend in der Geschichte des Fussballs. Aber das, was wirklich umschreibt, was mit David Beckham in den späten 90er-Jahren in Grossbritannien passierte, kommt von einem Musiker: Peter Hook, Mitgründer der Band Joy Division und eine Figur im Nachtleben von Manchester. Er sagt: «Als erster Fussballer wurde David zu einem von uns, zu einem Rockstar.»
Ideen wie der O-Ton von Hook ragen auf angenehme Weise heraus in der ansonsten etwas gar konventionellen Aufmachung von «Beckham», der neuen Netflix-Dokuserie rund um das britische Glamour- und Unternehmerpaar David und Victoria Beckham. Die Frage ist halt: Was gibt es zu erzählen über zwei, die seit gut 30 Jahren von der Öffentlichkeit durchleuchtet werden?
Abschliessende Antwort bleibt aus
Und es mutet auf den ersten Blick tatsächlich etwas seltsam an, dass Regisseur Fisher Stevens, als Schauspieler bekannt durch seine Rolle als schmieriger Hugo Baker in «Succession», sich die Zeit nimmt, David Beckham zwei Jahre lang zu begleiten – und dann das Publikum vor allem davon überzeugen will, dass dieser Beckham ein ausserordentlicher Fussballer war. Das dürfte den meisten schon klar sein, bevor sie sich für Stevens’ Serie entscheiden.
Aber vielleicht schenkt Stevens den sportlichen Meriten von Beckham – drei WM-Teilnahmen, Meistertitel in drei Ländern, Champions-League-Sieger – deshalb so viel Beachtung, weil bei einer Figur seiner Grössenordnung zu vergessen gehen droht, was er eigentlich ist. Unternehmer? Posterboy? Mode-Ikone? Ehemann eines Popstars oder selber ein Rockstar? Oder halt eben: ein pensionierter Fussballer?
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So viel vorweg: Abschliessend und befriedigend vermag die vierteilige Dokuserie diese Frage nicht zu beantworten. Sie verzettelt sich im Lebenslauf von Beckham, der wohldokumentiert und -ausgeleuchtet ist, seit er als 16-Jähriger einen Vertrag bei Manchester United unterschrieb.
Auch in diese Zeit fällt seine Begegnung mit Victoria Adams, die damals als «Posh Spice» bei der Girlgroup Spice Girls amtet und mit dem Bekanntheitsgrad des aufstrebenden Fussballers locker mithalten kann.
Die beiden werden ein Glamourpaar, das mit Fussball und Popmusik nicht nur die zwei grössten britischen Leidenschaften zusammenführt, sondern im Gebiet des jeweils anderen auch gehörig für Aufruhr sorgt. Unvergessen sind die beiden Paparazzi, die sich für gewöhnlich vor den Trainingszentren der Fussballer herumtreiben und vor der Kamera erzählen, wie sie sich damals plötzlich Wissen über Handtaschen aneignen mussten.
Köstlich ist auch, wie Beckhams um einige Jahre älterer Mitspieler Eric Cantona – natürlich er! – mit so vielen Jahren Abstand erzählt, das sei alles «a big circus», ein grosser Zirkus gewesen, wobei er mit einem altväterlichen Grinsen nur andeutet, dass er selber diesem Zirkus als Schauspieler und Werbegesicht noch lange über seine Karriere hinaus erhalten geblieben ist.
Letztlich ist das Beeindruckendste an diesem Mehrteiler, der auch viel 90er-Nostalgie bietet, das Personal, welches der Regisseur vor der Kamera versammelt. Nebst den absolut grössten Namen des damaligen Fussballs sitzt auch Anna Wintour vor der Kamera – von ihr erfährt man, dass sie sich nie für Fussball interessiert habe, plötzlich aber zum riesigen Fan der Beckhams geworden sei.
Vergangene und überwundene Widerstände, die solche Lebensverfilmungen im besten Fall herausschälen, treten kaum zutage – am ehesten noch die komplizierte Beziehung Beckhams zu seinem ersten, wichtigsten Trainer Alex Ferguson in Manchester. «Mich hat der Rummel um meine Person nicht verändert», sagt Beckham. «Es hat ihn definitiv verändert», sagt Ferguson – und hat nicht Unrecht: Die Doku zeigt Beckham als ehrgeizigen Sportler, der in einer Zeit gross wurde, als Fussball gerade den letzten Schritt zur Unterhaltungsmaschinerie machte. Und der junge Engländer wusste das in allen erdenklichen Formen für sich zu nutzen. Neben dem grünen Rasen war Beckham trotz aller Schüchternheit immer gern auf dem roten Teppich anzutreffen.
«Beckham». Ab 5. Oktober auf Netflix.
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