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Baugenossenschaft in Thalwil
Selbst auf der Warteliste gibt es keinen Platz mehr

Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Thalwil feiert dieses Jahr ihr 100-Jähriges Jubiläum. Treffen mit Präsident René Gastl und einer langjährigen Mieterin einer Genossenschaftswohnung, Ariane Oesch. 31. Oktober 2024. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG
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In Kürze:
  • Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Thalwil feiert ihr 100-jähriges Bestehen.
  • Präsident René Gastl betont die Herausforderung, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen.
  • Eine langjährige Mieterin erklärt, was ihr am Wohnen in der Genossenschaft gefällt.

Auf dem Pfyffeliplatz in Thalwil ist an diesem Morgen wenig los. Die Kinder sind bereits in der Schule, der Spielplatz ist leer. Nur ab und zu öffnet sich die Tür eines der angrenzenden Häuser, die der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Thalwil (GBT) gehören, und jemand macht sich auf den Weg zur Arbeit. Still ist es trotzdem nicht, denn auf dem Nachbargrundstück wird gebaut. Ein Mehrfamilienhaus soll dort entstehen.

Ariane Oesch, eine langjährige Mieterin am Pfyffeliplatz, erinnert sich noch gut an das Klaviergeschäft, das früher dort seine Instrumente angepriesen hatte. «Schade, dass der Neubau nicht unser Projekt ist», kommentiert René Gastl die Baustelle. Er ist Präsident der GBT, die vor 100 Jahren gegründet wurde. Insgesamt 310 Wohnungen vermietet diese in Thalwil und Adliswil.

Marktpreise sind zu hoch

Gerne hätte die Baugenossenschaft das Nachbargrundstück der Siedlung am Pfyffeliplatz gekauft und darauf günstigen Wohnraum geschaffen, sagt Gastl. Beim Verkauf von Grundstücken werde die Genossenschaft zwar immer wieder in die Verhandlungen miteinbezogen, vielen Besitzern sei es aber schlussendlich wichtiger, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen, als nachhaltig günstige Wohnungen bereitzustellen. «Das ist leider sehr häufig der Fall», sagt Gastl. Mit den hohen Preisen des freien Marktes könne die GBT nicht mithalten. In den letzten 15 Jahren habe die Genossenschaft, abgesehen von der Übernahme der Baugenossenschaft Albis Adliswil, lediglich ein einziges Gebäude kaufen können. «Das war ein richtiger Glücksfall», sagt Gastl.

Günstige Wohnungen anzubieten, werde darum immer schwieriger, sagt der Genossenschaftspräsident mit einem Blick auf die 100-jährige Geschichte der GBT. Diese hat er zum Anlass des Jubiläums aufgearbeitet. «Bis in die 1930er-Jahre konnten wir Haus um Haus errichten und wurden dabei sogar von der Gemeinde unterstützt.» Überall habe es Platz dafür gegeben. Dann aber sei es zu einem politischen Umschwung gekommen, und die Hilfe der Gemeinde sei ausgeblieben.

Grössere Neubauten

Heute versuche die Genossenschaft vor allem mittels Ersatzneubauten, mehr Wohnungen auf bestehenden Grundstücken zu bauen. Die Erneuerung der alten Häuser sei aber ohnehin nötig. Denn die Gebäude, die es zum Teil fast gleich lang gebe, wie die Genossenschaft selbst, seien häufig sehr ringhörig. Dies sei nicht nur bei Familien mit kleinen Kindern ein Problem. In Zeiten von Homeoffice würden die Mieterinnen und Mieter es auch schätzen, nicht täglich die Onlinemeetings der Nachbarn anhören zu müssen. Die Ansprüche an die Wohnungen seien in den letzten 100 Jahren generell stark gestiegen, sagt Gastl, aber auch die Nachfrage danach sei grösser denn je.

Zwei Aufnahmen des Grundstücks an der Schwandelstrasse 36 aus den Jahren 1949 und 2024 zeigen, wie aus 26 Wohnungen 42 geworden sind.

«Vor etwa zwei Monaten mussten wir das Formular für unsere Warteliste von der Website nehmen. Wir wollen den Interessierten keine unrealistischen Hoffnungen machen.» Denn eine Wohnung neu vergeben kann die Genossenschaft nur, wenn eine frei wird. Als Grund für den Andrang sieht Gastl den Generationenwechsel bei privaten Hausbesitzern: «Viele ehemals günstige Wohnungen werden von den Erbinnen und Erben abgerissen, an ihrer Stelle entstehen luxuriöse Neubauten.» Auf die Mietenden werde da nicht gross Rücksicht genommen, weshalb sie sich früher oder später bei der GBT melden würden.

Zusammenleben in der Siedlung

In eine der gefragten Thalwiler Genossenschaftswohnungen konnte Ariane Oesch vor 14 Jahren einziehen. Seitdem wohnt sie am Pfyffeliplatz. Seinen Namen habe dieser übrigens durch seinen ursprünglichen Grundriss aus den 1930er-Jahren erhalten, sagt sie. Dieser erinnerte an eine Pfeife.

Damals, vor 14 Jahren, sei es noch einfacher gewesen, Mieterin in der Genossenschaft zu werden, sagt Oesch. Sie habe aber auch Glück gehabt – und einen entscheidenden Vorteil: «Zu der Zeit war ich mit meinem zweiten Kind schwanger.» Die grösseren Wohnungen wolle die Genossenschaft nämlich möglichst an Familien vermieten. Das diene der Durchmischung in den Siedlungen, die für ein gutes Zusammenleben essenziell sei, erklärt Gastl.

Neben dem attraktiven Mietzins – eine 4½-Zimmer-Wohnung kostet bei der GBT je nach Siedlung zwischen 1000 und 2000 Franken im Monat – sei dieses Zusammenleben der Hauptgrund dafür, dass es Oesch am Pfyffeliplatz so gut gefalle. «Man kennt seine Nachbarn, man trifft sich, man hilft sich aus», sagt sie.

Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Thalwil feiert dieses Jahr ihr 100-Jähriges Jubiläum. Treffen mit Präsident René Gastl und einer langjährigen Mieterin einer Genossenschaftswohnung, Ariane Oesch. 31. Oktober 2024. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG

Der Pfyfelliplatz sei der Treffpunkt der Siedlung, sagt die Primarlehrerin: «Die Gebäude sind so gebaut, dass man sich automatisch begegnet.» Dabei kommen die Bewohnerinnen und Bewohner immer wieder auch mit dem Präsidenten ins Gespräch, der ebenfalls in der Siedlung wohnt. Noch vor einigen Jahrzehnten sei dies so informell noch nicht möglich gewesen, weiss Gastl: «Damals war der Vorstand bessergestellt als die Mieter und behandelte diese nicht immer respektvoll. Es war eine andere Zeit.» Trotzdem seien die Gründer der GBT echte Pioniere gewesen, sagt er.