Studie zum WohnungsmarktFast nirgends ziehen Mieter so selten um wie am Zürichsee
Nach langer Mietdauer lohnt sich ein Umzug finanziell meist nicht. Mietende bleiben deshalb im goldenen Käfig – insbesondere am linken Zürichseeufer.

- Die Wohnungsknappheit beeinflusst das Umzugsverhalten in der Schweiz erheblich.
- Insbesondere am linken Zürichseeufer bleiben Mieter deutlich länger in ihren Wohnungen als im Rest der Schweiz.
- Für viele Menschen ist ein Umzug finanziell nicht tragbar.
Steigende Preise, Zuwanderung und ein schleppender Wohnungsbau – das Thema Wohnungsknappheit ist in der Schweiz allgegenwärtig. Das wirkt sich auf das Umzugsverhalten der Bevölkerung aus: Während im Jahr 2020, als die Pandemie die Bedürfnisse vieler Menschen an die eigenen vier Wände stark veränderte, laut der Post noch mehr als 701’000 Personen die Wohnung wechselten, sank die Zahl 2023 auf rund 624’000.
Ein Blick auf den Mietwohnungsmarkt bestätigt diese Entwicklung: Wie die am Donnerstag publizierte Studie des Zürcher Beratungsunternehmens Wüest Partner thematisiert, hat die durchschnittliche Wohndauer in einer Mietwohnung vielerorts zugenommen. Insbesondere in Regionen mit grosser Wohnungsknappheit bleiben Mieter heute wesentlich länger in derselben Wohnung. In der Zürichseeregion zeigt sich dies besonders deutlich.
12 Jahre in derselben Wohnung
So liegt die Verweildauer von Mietern an beiden Ufern des Zürichsees klar über dem nationalen Schnitt von 8,5 Jahren: An der Goldküste wechseln Mieter die Wohnung erst nach 10 Jahren, am linken Zürichseeufer – der sogenannten Pfnüselküste – liegt der Durchschnittswert bei 11,9 Jahren. Zum Vergleich: Dies ist nicht nur der höchste Wert im Kanton, in der ganzen Schweiz ist die Wohndauer nur in einigen Teilen der Genferseeregion noch höher.
Robert Weinert, Leiter Immo-Monitoring bei Wüest Partner, sieht dafür mehrere Gründe: «Die Mietpreise in der Zürichseeregion sind in den letzten Jahren stark gestiegen und befinden sich aktuell auf sehr hohem Niveau», erklärt er. Währenddessen hätten viele Mieter in bestehenden Verträgen aufgrund des sinkenden Referenzzinssatzes von stabilen oder sogar sinkenden Mietkosten profitiert.
«Dies macht es fast unmöglich, eine vergleichbare Wohnung zu finden, die nicht teuerer ist», sagt Weinert. Ein Umstand, der nachvollziehbar von einem Umzug abschrecke – und für den gesamten Raum Zürich gelte.
Umzug finanziell nicht tragbar
Denn für viele Menschen kommt ein Wohnungswechsel rein finanziell nicht infrage. In einer letzten April veröffentlichten Studie kam Wüest Partner zum Schluss, dass ein Umzug – im Hinblick auf die Faustregel, dass die Wohnkosten nicht mehr als ein Drittel des Bruttoeinkommens übersteigen sollte – für viele Menschen schlicht nicht tragbar ist.
So würde die Schwelle bei fast vier von zehn Zürcher Haushalten überschritten werden, wenn sie in eine neue, gleichartige Wohnung umziehen würden. «Es ist davon auszugehen, dass dieser Anteil am Zürichsee nochmals höher wäre», sagt Weinert. Dies allein schon, weil für die Wohnkosten ein höherer Anteil des Einkommens ausgegeben wird als im Rest des Kantons.
Alte bleiben, Junge ziehen weg
Wieso es Menschen gerade am linken Zürichseeufer besonders lange in ihrer Wohnung hält, kann Weinert nur vermuten: «Neben dem tieferen Leerstand dürfte es eine Rolle spielen, dass die Einkommen in der Region Zimmerberg etwas tiefer sind als an der Goldküste.» Und weil das Preisniveau am linken Ufer in den letzten Jahren etwas stärker zugelegt habe als auf der anderen Seeseite, sorge dies für noch mehr Anreize, die Wohnung nicht zu wechseln.
Spannend ist, dass eine lange durchschnittliche Mietdauer nicht zwingend bedeuten muss, dass die Gemeinde keine hohe Wegzugsrate hat. Beispielsweise blieben Mieterinnen und Mieter in Thalwil im Schnitt ganze 12,4 Jahre in ihrer Wohnung, sagt Weinert. Dennoch beträgt die Umzugsquote 10,2 Prozent und liegt damit sogar über dem Schweizer Durchschnitt.
«Solche Orte verzeichnen in der Tendenz viele ältere Bewohnerinnen und Bewohner, die seit Jahren dort leben», erklärt der Experte. Das begrenzte Wohnungsangebot führt dazu, dass diese in ihren teilweise auch zu grossen Wohnungen bleiben. «Jüngere Einwohner und Einwohnerinnen – die beispielsweise von zu Hause ausziehen wollen – sehen sich deshalb gezwungen, sich in anderen Gemeinden umzuschauen.»
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