Kolumne «Miniatur des Alltags»(Bau)Meister Lampe
Über Kaninchen kann man vieles sagen: Sie sind herzig, verstecken offenbar einmal im Jahr bemalte Eier, und sie sind exzellente Tiefbaumeister.
Kaninchen sind bei mir gerade hoch im Kurs – nicht weil sie mutmasslich für das Verstecken von Ostereiern zuständig sind, sondern weil ich während der Ferien auf die Langohren meiner Nachbarin aufpasse. Wobei «aufpassen» wohl ein etwas grosser Begriff ist. Letztlich besteht meine Aufgabe nur darin, sie regelmässig zu füttern und ihr Wasser zu wechseln.
Das war nicht immer so. Ich muss dazu sagen, dass die beiden Fellnasen nicht in einem herkömmlichen Käfig wohnen, sondern in einem grossen Gehege bei uns im Hinterhof. Als ich zum ersten Mal für die beiden in ihrer neuen Behausung zuständig war, traf mich aber fast der Schlag – denn mitten im Gehege klaffte ein Loch. Nicht einfach wegen weggeschobenen Strohs, nein. Die beiden Kaninchen hatten über Nacht zwei ganze Pflastersteine aus dem Boden geholt und in eine andere Ecke ihres Geheges verfrachtet.
Danach hatten sie offensichtlich weitergegraben, denn als ich die Pflastersteine wieder an ihren Platz setzen wollte, versanken sie regelrecht im Untergrund. Dass Kaninchen gern graben, war mir nicht unbekannt, aber dass sie das Potenzial haben, einen gepflasterten Hof umzugraben, hatte ich nun wirklich nicht erwartet.
Den Rest dieser Ferienwoche verbrachte ich nun also nicht nur mit Füttern und Tränken von zwei hoppelnden Tiefbauarbeitern, sondern auch damit, alle paar Tage das Pflastersteinpuzzle im Kaninchengehege wieder zusammenzusetzen, um so zu verhindern, dass Herr und Frau Lampe den Hof mit einem Tunnelsystem untergraben. Das wäre ja mal eine Schlagzeile gewesen: «Hinterhof sinkt ab wegen Kaninchentunnel».
Inzwischen ist die Gefahr zum Glück gebannt, und ein dickes Holzbrett dient als Puffer zwischen Kaninchen und Kopfsteinpflaster. Schreinern scheint ihnen weniger zu liegen als zu graben.
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