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Durch Corona-Lockdown
Autokrise bringt Schweizer Zulieferer in Nöte

Ein VW Golf in der Fertigung. Auch bei dem grössten Autobauer der Welt stand die Produktion still.
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Das gab es noch nie. In der gesamten westlichen Welt standen die Autowerke in der Corona-Krise praktisch still. Nun – während in Deutschland, Frankreich und Spanien langsam wieder die ersten Fahrzeuge vom Band rollen, dreht sich alles um eine entscheidende Frage: Wie schnell kommt die Nachfrage zurück? Kaufen die Leute jetzt ein Auto – wo viele wegen der Krise einer unsicheren Zukunft entgegensehen?

Wenn eine rasche Rückkehr zur Normalität ausbleibt, hätte das auch schwerwiegende Folgen für Schweizer Autozulieferer. Viele von ihnen stellen sich vorsichtshalber lieber auf eine längere Durststrecke ein. Und vereinzelt haben die Konzerne bereits Sparprogramme auf den Weg gebracht und Stellenstreichungen angekündigt.

Entlassungen und volle Lager

Oerlikon baut in der betroffenen Sparte weltweit 800 Jobs ab, was rund einem Zehntel der Belegschaft entspricht. Weil die Bänder bei den Kunden still stehen und teilweise auch wegen staatlich vorordneter Fabrikschliessungen ist die Auslastung dort deutlich geringer als normalerweise. Auch beim Blechformspezialisten Feintool ist die Produktion derzeit «massiv tiefer» als vor der Krise, wie eine Sprecherin erklärt. Das Unternehmen erwartet, dass sich die Erholung über mehrere Monate hinzieht.

Bei der zur Ems-Gruppe gehörenden Ems-Eftec läuft das Geschäft langsam an. «Die Autohersteller in Europa fahren ihre Produktion nur schleppend wieder an, viele erst in den kommenden zwei Wochen und zunächst nur mit wenigen Schichten», heisst es bei der Firma, die unter anderem Klebstoffe, Abdicht- und Dämpfmaterialien für den Fahrzeugbau herstellt. Die auf Leichtbauteile spezialisierte Schaffhauser Firma Georg Fischer erwartet, dass es bis zu einer Normalisierung des Geschäfts noch einige Wochen dauert – auch weil viele Lager bei den Kunden noch voll sind.

Wie viel der Lockdown die Schweizer Autozulieferer gekostet hat, können die Unternehmen noch nicht beziffern. Während in Europa die meisten Hersteller in diesen Wochen mit der Wiederaufnahme der Fertigung beginnen, lässt der Start am wichtigen US-amerikanischen Markt noch auf sich warten.

Autoneum als einer der grössten Zulieferer aus der Schweiz erwartet dennoch, dass die Hersteller ihre Produktion in Europa, Nordamerika und Südamerika im Lauf des Mai wieder starten, und will den eigenen Betrieb analog dazu hochfahren. Der Mai werde sich voraussichtlich noch schwach entwickeln, erklärt eine Sprecherin. Auch der Zulieferer SFS rechnet im zweiten Quartal mit einer deutlich rückläufigen Geschäftsentwicklung.

Jedes dritte KMU hat Liquiditätsprobleme

Eines wollen jedoch alle Unternehmen vermeiden: dass ihnen in der Krise das Geld ausgeht. In Deutschland mussten bereits die ersten Autozulieferer Insolvenz anmelden. Und auch in der Schweiz ist die Lage teilweise angespannt, wie eine Umfrage des Verbands Swissmechanic unter mehr als 400 KMU in der betroffenen Maschinenbau-, Elektro- und Metallbranche zeigt: Jede dritte Firma klagt dabei bereits über Liquiditätsprobleme. Wie schlimm es wirklich wird, ist nicht absehbar.

Fragt man Experten, dann gibt es zum einen die Optimisten. Sie nehmen den mittlerweile weltgrössten Absatzmarkt China zum Vorbild, wo nach dem Corona-Stillstand nun bereits fast wieder so viele Autos gebaut werden wie davor. «Das könnte ein Muster sein für Europa», sagt Autoanalyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler – auch wenn die Erholung in Europa wohl länger dauern dürfte.

«Ich bin nicht so sicher, ob sich die Nachfrage rasch wieder erholt.»

Richard Frei, ZKB-Analyst

Beflügelt werden könnte der Absatz in Europa auch durch staatliche Anreizprogramme wie seinerzeit die Abwrackprämie sowie das im Zuge der Krise verhängte Social Distancing. Denn dadurch weichen viele Leute für den Weg zur Arbeit oder die nächste Ferienreise lieber aufs Auto aus. «Es gibt jetzt viel, was für das Auto spricht – trotz Umwelt- und Stauproblemen», sagt Pieper.

Doch es gibt auch etwas pessimistischere Stimmen. «Ich bin nicht so sicher, ob sich die Nachfrage rasch wieder erholt», sagt ZKB-Analyst Richard Frei. «Ich weiss nicht, ob sich Menschen in dieser Situation einen Neuwagen anschaffen wollen», gibt er sich skeptisch. Zwar seien viele Schweizer Zulieferer in rentablen Nischen und nicht ausschliesslich für die Autobranche tätig und dürften die Krise daher ohne existenzielle Probleme überstehen, erklärt Frei. «Wenn aber eine Firma vorher schon nicht gut dagestanden ist und nun auch noch Corona dazukommt, dann kann ein Quartal mit einem Komplettausfall zu viel sein», sagt Frei.