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Auto-Newcomer aus China
Ein Traum ist wahr geworden

Der Seal U ist das jüngste Produkt, das BYD aus China nach Europa schickt. Der SUV dürfte auch in der Schweiz angeboten werden.
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BYD existiert erst seit 1996. Damals gründete der Chemiker Wang Chuanfu in der Nähe von Shenzhen eine kleine Fabrik für die Fertigung wiederaufladbarer Batterien. Das Arbeitsmodell war aussergewöhnlich: Der Fertigungsprozess wurde stark fragmentiert, damit auch ungelernte oder sehr junge Arbeiter die einzelnen Arbeitsschritte ausführen konnten. Damit konnte Chuanfu, dank der niedrigen Lohnkosten, die Produktionskosten noch unter jene von Industrierobotern drücken. Schnell wuchs BYD – was für «Build Your Dream», bau dir deinen Traum, steht – zum grössten Batterieproduzenten der Welt. Heute ist das Unternehmen zudem führend in der Herstellung von Smartphone- und Computerkomponenten.

2003 stieg Chuanfu ins Autogeschäft ein. Er kaufte dafür die Produktionslizenz der bankrotten Xian Qinhuan Automobile. Doch BYD wollte nie, wie sonst in China üblich, Lizenzprodukte bauen, man wollte buchstäblich alles selber machen. Man zerlegte dafür ein paar zugekaufte Produkte wirklich bis zur letzten Schraube – und jene wohl auch noch – und begann einen ewigen Lernprozess. Das führte unter anderem dazu, dass sich BYD nie mit Zulieferern zusammentat, sondern alles selber entwickelte, Motoren, Getriebe, sogar Scheibenwischer. Zugekauft werden heute anscheinend einzig Scheiben und Reifen.

In kurzer Zeit zur Nummer 1

Als Batteriespezialist engagierte sich BYD schon früh in der Elektromobilität und gehört da seit Jahren bei den Nutzfahrzeugen, inklusive Gabelstapler, zu den grössten Produzenten der Welt. Der Elektrobus der Marke fährt auch in Europa schon seit Jahren – zumeist auf Flughäfen. Sogar Sattelzugmaschinen können die Chinesen liefern. Auch bei den Personenwagen mit rein elektrischem Antrieb gehörten die Chinesen definitiv zu den Pionieren: Der BYD e6 ist schon seit 2010 in China vor allem als Taxi im Einsatz. Im vergangenen Jahr überholte BYD den US-Pionier Tesla als weltgrösster Elektroautohersteller. Fast 2,6 Millionen Fahrzeuge verkauften die Chinesen 2023 allein in China, 43,3 Prozent mehr als noch im Vorjahr.

Auch die Limousine Seal wäre ein spannendes Modell für die Schweiz.

Seit 2021 ist BYD offiziell in Europa vertreten, zuerst in Norwegen, im Sommer 2022 kam Deutschland dazu. Aktuell gibt es fast wöchentlich Meldungen über neue Vertriebspartner in weiteren Ländern weltweit, die Schweiz gehört jetzt über das Netzwerk von Emil Frey auch dazu, wie kürzlich am Genfer Autosalon verkündet wurde. Für den Aufbau der Marke wird Andreas Bückmann verantwortlich zeichnen, der in der Schweiz schon Opel leitete und zuletzt Chef der Peugeot-Citroën-DS-Opel-Gruppe innerhalb von Emil Frey war. Bückmann wollte sich trotz mehrerer Nachfragen leider nicht zu den Schweizer Plänen von BYD äussern, man kann aber davon ausgehen, dass es diese chinesische Marke einfacher haben wird als die Konkurrenz von MG, die in der Schweiz seit kurzem von Astara vertreten wird, denn Emil Frey verfügt über ein sehr gut ausgebautes, eigenes Händlernetz.

Ein breites Angebot

So können derzeit nur Mutmassungen angestellt werden, mit welchen Modellen die Chinesen in wenigen Wochen schon in die Schweiz kommen werden. In Deutschland sind die Chinesen aktuell mit dem Seal U, dem Seal, dem Dolphin, dem Atto, dem Han und dem Tang vertreten. Die letzten drei Modelle sind für chinesische Verhältnisse schon etwas älter (also schon länger als zwei Jahre auf dem Markt).

Yangwang, eine Luxusmarke von BYD, hat mit dem U9 ein Hyper-EV mit über 1000 PS im Angebot.

Der Atto 3 ist ein klassischer, hübscher SUV, 4,45 Meter lang, 1,88 Meter breit, 1,62 Meter hoch, das Kofferraumvolumen beträgt zwischen 440 und 1340 Litern. Ein Elektromotor an der Vorderachse liefert 150 kW/204 PS Leistung, der 60,5-kWh-Akku soll eine Reichweite von 420 Kilometern ermöglichen. Der Tang ist ebenfalls ein SUV, aber ein ganzes Stück grösser, nämlich 4,87 Meter lang, 1,95 Meter breit und 1,73 Meter hoch. Dieses Modell bietet ein Kofferraumvolumen von 940 Liter, das sich bei abgeklappten Rücksitzen auf 1655 Liter erweitern lässt, und es gibt den SUV auch mit einer dritten Sitzreihe. Für Vortrieb sorgen je ein E-Motor an der Vorder- und an der Hinterachse, die Spitzenleistung beträgt 380 kW/517 PS, das maximale Drehmoment 680 Nm, als Reichweite werden 400 Kilometer angegeben. Die Limousine Han verfügt über den gleichen Antrieb wie der Tang, ist zum gleichen Preis aber noch grösser – 4,99 Meter – und ist, man darf das wohl durchaus so schreiben, ein sehr gefälliges Fahrzeug, auch innen.

Da kommt noch viel mehr

Doch die spannendsten Produkte sind sicher die Seehunde, die beiden Seal. Ganz frisch in Europa ist der Seal U, das aufgebockte Schwestermodell der bereits vorgestellten Seal-Limousine ist seit Anfang des Jahres erhältlich. Für den 4,79 Meter langen Fünfsitzer stehen zwei Lithium-Eisenphosphat-Batterien zu Wahl, die kleinere Variante mit 71,8 kWh soll für 420 Kilometer Reichweite gut sein, die grössere mit 87 kWh für 500 Kilometer. Den Antrieb übernimmt ein 160 kW/218 PS starker E-Motor an der Vorderachse. Geladen wird Wechselstrom mit bis zu 11 kW, Gleichstrom fliesst mit bis zu 140 kW in die Batterie.

Yangwang bietet in China auch den riesigen U8 an, der unter reichen Chinesen als Must-have gilt.

Doch da ist noch viel mehr: In China kam dieser Tage der von Ex-Alfa-Romeo-Designer Wolfgang Egger gezeichnete U9 der Tochtermarke Yangwang auf den Markt, ein Hyper-EV mit deutlich über 1000 PS, das in zwei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen soll. Der U9 wird ab etwa 140’000 Dollar angeboten – trotz modernster Technik, bester Akkuqualität und einer Reichweite von über 700 Kilometern. Yangwang bietet in China auch den U8 an, der unter reichen Chinesen als Must-have gilt und der auch am Genfer Salon gezeigt wurde. Mit Fang Cheg Bao und Denza gründete BYD im vergangenen Jahr noch zwei weitere Luxusableger, die sich nur auf den Heimmarkt konzentrieren – vorerst.

Das extreme Tempo, mit dem die Chinesen neue Produkte auf den Markt werfen, mag etwas befremdlich wirken. Doch sie profitieren dabei auch immer von den neusten Technologien, noch stärkeren Batterien mit höherer Dichte, neuen Plattformen, bei denen der Akku gleich als tragendes Teil dient. Die Entwicklungszeit für ein ganz neues Modell liegt unterdessen bei deutlich unter zwei Jahren und damit weniger als halb so lang wie in Europa. Und wenn etwas nicht funktioniert, dann bringt man ein paar Monate später halt schon wieder etwas Neues.

Dieser Artikel stammt aus der «Automobil-Revue» – www.automobilrevue.ch