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Meinung

Sie wollen auswandern?
Welche Länder glücklich machen

Ausgewandert nach Neuseeland: Mitte November besuchte Mona Vetsch im Rahmen der SRF-Serie «Auf und davon» Schweizer im Land der Kiwis.
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Haben Sie auch schon vom Auswandern geträumt? Gerade wenn die Tage kürzer und kälter werden, wärs schön, in einem Klima mit unbefristeten T-Shirt-Temperaturen zu leben. Aber wie viel Glückspotenzial steckt wirklich in so einem radikalen Schritt? Oder könnte Auswandern gar kontraproduktiv sein?

Schon schlichtes Zügeln kann schaden, zeigt nun eine Langzeitstudie der Universitäten Aarhus, Plymouth und Manchester mit über 1 Million Menschen mit Wohnsitz in Dänemark. Das Risiko, im Lauf des Lebens an einer Depression zu erkranken, steigt signifikant, wenn man als Kind zwischen 10 und 15 Jahren einmal umziehen musste – im Vergleich zu «sesshaften» Kindern um 41 Prozent. Zog man in dieser Altersspanne zwei- oder mehrmals um, ist das Risiko sogar 61 Prozent höher. Und zwar unabhängig davon, ob man in einer schlechten oder guten Wohngegend lebte beziehungsweise dahin zügelte.

Glückliche Länder machen glücklicher

Doch wie ist das bei der selbstbestimmten Auswanderung als erwachsene Person? Gemäss der klassischen migrationspsychologischen Kurve des Norwegers Sverre Lysgaard von 1955 gibt es anfangs eine Flitterwochen-Phase. Typischerweise folgen eine Frustphase, darauf eine «Genesungsphase» und – bei gutem Verlauf – eine Anpassungs-/Akzeptanzphase. Ich selbst verliess mit 22 Jahren den Thurgau Richtung England, nach zwei Insel-Jahren gings weiter nach Mexiko; und ja, ich finde, die Phasenlehre hat was.

Insgesamt schätzen Auswanderer weltweit ihre Lebensqualität nach der Emigration im Schnitt um 9 Prozent besser ein als zuvor, stellten Forschende des World Happiness Reports 2018 fest. Selbst wer nur innerhalb Westeuropas umzog, fühlte sich um 7 Prozent zufriedener mit der eigenen Lebenssituation. Emigrierten Westeuropäer in die USA, nach Australien oder Neuseeland, betrug der subjektiv wahrgenommene Glückszuwachs ungefähr 12 Prozent.

Eine genauere Datenanalyse legt nahe, dass es zufriedener macht, in ein glückliches Land einzuwandern als in ein reiches Land, das auf dem Glücksindex des World Happiness Reports aber weiter unten rangiert. Denn es kommt zu einer «Happiness Assimilation», einer Anpassung ans Glücksniveau im Gastland. Der Glücksgewinn der Einwandernden korreliert also mehr mit dem Glücksunterschied zum Ursprungsland als mit dem Entwicklungs- oder Wohlstandsunterschied.

Das erklärt auch, wieso Menschen aus Lateinamerika oder der Karibik, die nach Westeuropa oder Nordamerika auswandern, nur ein geringes Zufriedenheitsplus zwischen 3 und 6 Prozent rapportieren. Diese südlichen Länder seien eben, laut Studie, für Glücksniveaus bekannt, die angesichts ihrer schlechteren ökonomischen Lage überraschten.

Eine Frage von Charakter und Haltung

Nach rund fünf Jahren hat sich das Plus im Glücksempfinden wohl so oder so verflüchtigt: Die «hedonistische Adaptation» des Menschen schwächt seine Glücksgefühle über verbesserte Lebensqualität mit der Zeit. Immerhin bezeichneten sich in einer Expat-Umfrage des Versicherers Axa Global Healthcare 15 Prozent als glücklicher als in der Heimat, 15 Prozent als selbstsicherer und 10 Prozent als produktiver oder als entspannter.

Am Ende ist es eine Charakter- und Haltungsfrage: Sind Sie eher der dankbare Fischer aus Grimms Märchen oder eher seine unersättliche «Fru», die stets ein noch glanzvolleres Zuhause will?

In dieser Kolumne denken unsere Autorinnen und Autoren jede Woche über das gute Leben nach.