Untersuchung in JugendanstaltMassenausbruch im Wallis deutet auf Sicherheitslücken hin
Die Flucht von zehn Jugendlichen ist der bisherige Höhepunkt einer Ausbruchserie in einem Walliser Massnahmenzentrum. Der zuständige Sicherheitsdirektor schweigt.
Vier der zehn jungen Männer, die am Wochenende aus der Jugendmassnahmenanstalt Pramont im Wallis ausgebrochen sind, befinden sich immer noch auf Achse. Sechs Jugendliche hat die Walliser Kantonspolizei bis Mittwoch gefasst.
Der Massenausbruch deutet auf Sicherheitslücken in diesem Walliser Jugendgefängnis hin: Innerhalb von weniger als einem Jahr gab es in Pramont nunmehr drei erfolgreiche Ausbrüche. Insgesamt 16 Häftlingen gelang – zumindest vorübergehend – die Flucht.
Drei erfolgreiche Fluchten
Im Februar 2023 entwichen zwei Insassen im Alter von 16 und 17 Jahren aus der geschlossenen Erziehungsanstalt. Ihre Flucht dauerte allerdings nur kurz: Nach einer Stunde gerieten sie der Kantonspolizei ins Netz, die nach eigenen Angaben ein «umfangreiches Fahndungsdispositiv» aufgebaut hatte.
Zum zweiten Ausbruch kam es im August. Drei 18-Jährige und ein 16-Jähriger entkamen dem geschlossenen Erziehungszentrum und entwendeten ein in der Nähe abgestelltes Fahrzeug. Auf der Flucht kollidierte der Lenker des Fahrzeugs mit mehreren Polizeifahrzeugen, die versuchten, ihn abzufangen. Drei der vier Flüchtigen wurden daraufhin festgenommen. Der 16-Jährige konnte seine Flucht fortsetzen und wurde erst Tage später gefasst.
Der gravierendste Vorfall ereignete sich am letzten Wochenende. In der Nacht auf Sonntag überrumpelten zehn Häftlinge im Alter zwischen 17 und 24 Jahren das Wachpersonal. Einen Beamten sperrte die Bande ein und verletzte ihn. Anschliessend stahlen die Ausbrecher in der Nähe ein Fahrzeug und setzten darin ihre Flucht fort. Vier sind immer noch auf freiem Fuss.
«Menschliches Versagen»
Der Walliser Zeitung «Le Nouvelliste» sagte der Direktor der Walliser Strafvollzugsanstalten, Georges Seewer, «menschliches Versagen» beim Gefängnispersonal habe den jüngsten Ausbruch ermöglicht.
Die politische Verantwortung für den Strafvollzug trägt Staatsrat Frédéric Favre. Der freisinnige Sicherheitsdirektor wiederholte gegenüber der Zeitung «Le Matin», was sein Chefbeamter schon gesagt hatte: Menschliches Versagen sei die Ursache für den Massenausbruch.
Das betroffene Centre éducatif fermé de Pramont ist ein Zentrum für den Massnahmenvollzug für Minderjährige und junge Erwachsene. Es befindet sich in Granges, ziemlich genau in der Mitte zwischen Siders und Sitten im französischsprachigen Unterwallis.
Laut der Website des Kantons ist der erste Zweck der Institution, «die Gesellschaft zu schützen». Zudem sollen die inhaftierten jungen Männer durch erzieherische Massnahmen resozialisiert werden.
Ein zusätzlicher Security
Auf Anfrage wollte sich Staatsrat Favre nicht weiter zu den Vorfällen in seinem Zuständigkeitsbereich äussern. Er sagt: «Da zurzeit eine Untersuchung im Gang ist, können wir keine weiteren Einzelheiten über den Ausbruch bekannt geben.» Im Übrigen müsse er zunächst die Situation eingehend analysieren, bevor er auf Fragen antworten könne.
Favre will momentan also konkret keine Auskunft darüber geben, wie schwere und welche Delikte die Ausgebrochenen vor ihrer Einweisung in die Jugendmassnahmenanstalt begangen hatten.
Zudem schweigt sich der Staatsrat darüber aus, ob er nach dem ersten oder dem zweiten Ausbruch in Pramont Massnahmen ergriffen hat, um die Sicherheit zu erhöhen. Damit bleibt offen, ob er in der offensichtlich löchrigen Anstalt bei den Sicherheitsvorkehrungen, den Abläufen oder der Ausbildung des Personals etwas verändern liess.
Nach Publikation dieses Artikels teilte der Kanton Wallis schliesslich mit, ab sofort einen privaten Sicherheitsbeamten für die Überwachung in der Nacht einzusetzen. Weitere Massnahmen sollen Ende Februar folgen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.