Ausbau der Zürcher KulturförderungJacqueline Fehr boostert die mittelgrossen Städte
Drei Franken pro Einwohnerin und Einwohner. So will der Kanton das Kulturleben in Städten wie Uster oder Dietikon unterstützen. Denn das sei wichtig für das Heimatgefühl.
Bisher galt: Die kantonale Kulturförderung hatte ihr Augenmerk vor allem auf die beiden grossen Städte Zürich und Winterthur gerichtet. Aber sie unterstützte auch jene kleinen Gemeinden, die mehr als sechs Kulturveranstaltungen pro Jahr auf die Beine stellten. Sie erhielten – auf Gesuch – die Hälfte der Kosten vom Kanton. 1,4 Millionen Franken flossen so 2023 in die Kassen von 68 Zürcher Gemeinden.
Zwischen Stuhl und Bank fielen bei diesem Fördersystem jene Gemeinden, in denen in den letzten Jahren immer mehr «die Musik» spielt, wie Regierungsrätin Jacqueline Fehr am Freitagnachmittag im Kulturhaus Gleis 21 beim Bahnhof Dietikon erklärte.
Professionelle Kulturförderung
In manchen mittelgrossen Gemeinden hat sich in den letzten Jahren eine professionelle Kulturförderung etabliert, die weit über die Organisation von einzelnen Veranstaltungen hinaus geht. Dem soll nun Rechnung getragen werden.
Fehrs Fachstelle Kultur hat deshalb zusammen mit Kulturbeauftragten von mittelgrossen Zürcher Städten ein Förderprogramm entwickelt, das erst einmal als Pilotprojekt bis 2026 konzipiert ist. Der Kanton entrichtet den Gemeinden Uster, Wetzikon, Dietikon und Schlieren drei Franken pro Einwohnerin und Einwohner.
Städte bestimmen selber
Wie die Gemeinden das Geld einsetzen, ist – im Prinzip – ihnen überlassen. Damit reagiert man auf die Schwachstelle der 2015 und 2017 im Oberland und Unterland lancierten regionalen Förderstrukturen, die wenig Strahlkraft entwickelten. Fachstellenleiterin Madeleine Herzog erklärt sich das mit der Befürchtung, der Kanton wolle sich in die Gemeindeautonomie einmischen.
Beim neuen Ansatz haben die Gemeinden weitgehend freie Hand. Allerdings ist eines vertraglich untersagt: Es geht nicht anhin, dass die Gemeinden ihren Beitrag für die Kultur nun einfach entsprechend senken.
«Eine grosse Sache»
Zwei Exponenten zeigten konkret auf, was die Beiträge in ihren Gemeinden auslösen. Irene Brioschi, Kulturbeauftragte der Stadt Dietikon, erzählte, der Stadt sei es nun vermehrt möglich, neue Projekte zu unterstützen. So könne sie mit dem zusätzlichen Geld vom Kanton etwa einer Gruppe junger Menschen ermöglichen, mit Street-Art aus tristen Baustellenwänden farbenfrohe temporäre Gemälde zu gestalten.
Laut Christian Zwinggi, Kulturbeauftragter der Stadt Uster, wird es seiner Stadt dabei helfen, das Zeughausareal als lebendigen Kultur- und Begegnungsort zu stärken und regionale Produktionen zu fördern statt nur Gastspiele zu bezahlen. «Für uns ist dieses neue Programm eine grosse Sache, ein Booster, um Uster als regionales kulturelles Zentrum zu positionieren.»
Eine gute halbe Million
Über den Daumen gepeilt, verdoppelt sich der kantonale Beitrag in den beteiligten Gemeinden. Schlieren wird künftig gar 75’000 statt wie bisher 30’000 Franken vom Kanton erhalten. Je nach Stadt erhöht dies das gesamte Kulturbudget um zehn bis zwanzig Prozent. Der Kanton hat 540’000 Franken für das Jahr 2024 veranschlagt.
Weitere Gemeinden willkommen
Die Kosten könnten noch steigen, denn ab dem dritten Quartal dieses Jahres können sich weitere mittelgrosse Gemeinden melden. Allerdings müssen sie einige Voraussetzungen erfüllen, damit sie in die Kränze kommen. Neben der regionalen Zentrumsfunktion sind dies etwa ein angemessenes Kulturbudget oder eine fachkompetente Stelle für Kultur in der Verwaltung.
Laut Prisca Passigatti, die innerhalb der Fachstelle Kultur für die Förderung der Regionen zuständig ist, dürften im Kanton 9 bis 12 Gemeinden die notwendigen Voraussetzungen erfüllen.
Übergeordnete Ziele
Jacqueline Fehr verband das Projekt mit dem kantonalen Legislaturziel, die regionalen Zentren zu stärken. Denn diese seien überproportional vom grossen Bevölkerungswachstum im Kanton betroffen. Diese stünden daher vor grossen Herausforderungen, um spannende Lebensräume zu bleiben. Und: «Kultur fördert die Zusammengehörigkeit und hilft dabei, ein Heimatgefühl zu vermitteln.»
Der Dietiker Stadtpräsident Roger Bachmann (SVP) bestätigte: «Das kulturelle Angebot trägt viel zur Integration aller Bevölkerungsschichten bei.» Er sei froh, dass der Kanton erkannt habe, wie wichtig die Rolle der mittelgrossen Städte für die positive Entwicklung des Kantons sei. «Ich wünsche mir diesen Support allerdings auch in anderen Bereichen.»
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