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Nadia Nadim an der Fussball-EM
Aus dem Flüchtlingsheim ins Nationalteam

Weil sie für die WM in Katar wirbt, bekam ihr Image Risse: Nadia Nadim.
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Als Dänemark bei der letzten Europameisterschaft der Frauen 2017 bis in den Final vorstiess, gehörte Nadia Nadim zu den gefeierten Heldinnen. Die gebürtige Afghanin, die sich zur Nationalspielerin und später auch zur Ärztin hochgearbeitet hatte, galt als Paradebeispiel für die dänische Integration. Fünf Jahre später könnte sie davon nicht weiter entfernt sein. Doch erst mal von vorn.

Nadim wurde 1988 in Afghanistan geboren. Den ersten Teil ihrer Kindheit mit vier Schwestern beschreibt sie im Fussballmagazin «FourFourTwo» als friedlich und normal. Doch als Nadim zwölf Jahre alt war, verlor sie ihren Vater. Der Mann, den sie mit James Bond vergleicht – intelligent, gut aussehend und stolz –, war ein General in der afghanischen Armee. Während des Bürgerkriegs wurde er von den Taliban ermordet. Nadims Mutter, allein mit fünf Töchtern in einem Kriegsgebiet, suchte Hilfe bei Menschenhändlern, die sie nach Pakistan brachten. «Ich weiss bis heute nicht, wie sie das gemacht hat», sagt Nadim. 

Von dort gelangten sie nach Europa und dann in einem Lastwagen nach Dänemark. Die Zeit im Flüchtlingsheim beschreibt Nadim als eine der glücklichsten Phasen in ihrem Leben. Schliesslich entdeckte sie dort den Fussball. Als sie ein Mädchenteam trainieren sah, wusste sie: «Ich will bei ihnen mitspielen, will Fussballerin werden.» Bald fragte sie den Trainer des Teams, ob sie teilnehmen dürfe, und dieser bejahte. 

«Schneller, zäher und entschlossener»

Die anderen Mädchen waren technisch stärker als Nadim, doch sie lernte schnell dazu. Und: «Ich war schneller, zäher und entschlossener.» Diese Hartnäckigkeit mache sie auch heute noch aus, sagt die 34-Jährige. So überrascht es nicht, dass sie schnell als eines der grössten Talente Dänemarks galt und mit 18 vom Erstligisten Skovbakken unter Vertrag genommen wurde. Dort erzielte die Stürmerin 88 Tore in 91 Spielen und wurde zur dänischen Nationalspielerin. 

Doch aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Herkunft wurde sie immer wieder Ziel von verbalen Attacken. «Manchmal wurde ich rassistisch beleidigt, oder Jungs wollten mich verletzen und sagten mir, dass ich nicht Fussball spielen sollte, weil ich ein Mädchen bin.» Davon liess sich Nadim nicht beirren. Sie wehrte sich – auch mit den Fäusten. Sie war ein toughes Kind, hatte aber auch eine kurze Zündschnur, wie sie sagt. Als Nadim 15 war, riet ihr Trainer ihr, es den anderen mit den Füssen zu zeigen und nicht mit den Fäusten. «Lass die Leute nie wissen, dass du wütend bist.»

Als sie dies verinnerlicht hatte, wurde sie noch besser. Doch diese Zielstrebigkeit bewies Nadim nicht nur auf dem Rasen. Die Profisportlerin absolvierte neben der Karriere ein Medizinstudium, seit Januar ist sie ausgebildete Ärztin. Eine Weile arbeitete sie in einem Spital. «Ich spielte tagsüber Fussball, und abends assistierte ich den Chirurgen, obwohl ich Schmerzen im ganzen Körper hatte.» Doch es habe sich gelohnt. Sie wolle Menschen in Not helfen, beispielsweise bei den Ärzten ohne Grenzen.

Dies ist einer der Gründe, weshalb sie in Dänemark als Vorbild für Integration stand. 2017 wurde sie als EM-Silbermedaillengewinnerin sogar zur Dänin des Jahres gekürt. Weil sie eben mehr ist als nur eine Fussballerin, so lautete die Begründung.

Ihr Image bekam im Frühling dieses Jahres aber Risse. Nadim übernahm die Rolle der Botschafterin für die WM in Katar. Einem Land, dem verschiedene Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Der Dänische Flüchtlingsrat entzog ihr daraufhin die Botschafterrolle. Kritik gab es aber nicht nur aus der Öffentlichkeit, sondern auch aus dem eigenen Team. 

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Pernille Harder sagte dem dänischen TV2: «Ich hätte es nicht gemacht.» Harder ist der Star der Däninnen und lebt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung. In Katar sind solche Beziehungen verboten. Verbandsdirektor Peter Möller ging gemäss «Spiegel» sogar noch weiter. Er sei «super verärgert und enttäuscht», denn die Botschafterrolle gehe «gegen alles, wofür wir stehen». Nadim steht jedoch zu ihrer Entscheidung. Sie sieht in der WM eine Chance für die Region, aus der sie kommt, und sie will damit auch etwas verändern. Damit Harder und ihre Freundin sich auch in Katar bald küssen dürfen.

Während der EM schieben die beiden Teamkolleginnen die Politik beiseite. Es werde kein Problem sein, sagte Harder. Nadim mag sich zu der Botschafterrolle nicht mehr äussern. Ohnehin sind die Zeiten für Worte vorbei. Im letzten Gruppenspiel vom Samstag gegen Spanien zählt für die Däninnen einzig der Sieg. Nur so gelingt die Qualifikation für den Viertelfinal, ansonsten ist das Turnier für die Finalistinnen von 2017 beendet.

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