Aus dem Bezirksgericht ZürichEr wollte mit falschem Diplomatenpass ein Strafverfahren verhindern
Ein 44-jähriger Westschweizer, des Hausfriedensbruchs beschuldigt, wollte sich auf seine Immunität berufen. Ausgerechnet mit einem der umstrittensten Diplomatenpässe.
Der Mann hat ein unglaubliches Mitteilungsbedürfnis. Selbst auf einfachste Fragen gibt er keine Ja- oder Nein-Antworten. Er macht Ausführungen, die kein Ende nehmen wollen, und kommen sie doch an ein Ende, muss der Richter feststellen, dass seine Frage nicht beantwortet wurde. Selbstredend hält er auch sein eigenes Plädoyer – trotz Anwesenheit seines schweigenden Verteidigers.
Was der 44-Jährige aus seinem Leben vorzutragen weiss, klingt teilweise abenteuerlich. Medienschaffende können sich glücklich schätzen, dass sie den Wahrheitsgehalt nicht überprüfen müssen. Denn gemäss Strafgesetzbuch geht grundsätzlich straflos aus, wer über eine öffentliche Verhandlung wahrheitsgetreu berichtet, selbst wenn das Berichtete nicht in allen Teilen der Wahrheit entsprechen sollte.
25 Liegenschaften ohne eigenes Geld erworben
Der Mann, Doktor der Wirtschaftswissenschaften mit ehemaligen und aktiven Wohnorten in Brüssel, Dubai, Indien, der Schweiz und auf Zypern, arbeitet in der Forschung: Biotechnologie. Regierungen und Weltkonzerne suchen seine Expertise. Er ist Besitzer von etwa 25 Liegenschaften, die er ohne eigenes Geld erworben hat. Selber lebt der verheiratete Vater eines Sohnes aktuell von 800 Euro Einkommen pro Monat.
Mit seinen Liegenschaften generiert er offenbar kein Einkommen. «Was heisst Besitz, wenn die Schulden höher sind als der Wert der Liegenschaften?», fragt er während der Verhandlung. Aber Geld scheint vorhanden, wenn es um Renovationen oder Umbauten geht. Und solche Unternehmungen brachten ihn vor Gericht: Er soll, allein oder zusammen mit Handwerkern, die Wohnungen von zwei Mieterinnen in deren Abwesenheit und gegen deren Willen betreten haben. Hausfriedensbruch heisst der entsprechende Straftatbestand.
«Kein Beweis, keine Strategie, keine Logik, nur Blabla»
Aber es kommt noch besser. Die Staatsanwältin, die die Strafuntersuchung führt, erhält von ihm ein Mail. Angehängt sind fünf Fotos. Zu sehen ist eine durch eine Zuger Gemeindekanzlei notariell beglaubigte Kopie eines scheinbar echten Diplomatenpasses des kleinen westafrikanischen Staates Guinea-Bissau. Das Internet ist voll von Berichten über den dubiosen Handel mit solchen Pässen. Für einen solchen Pass soll ein Schweizer Millionärssohn, der «Ferrari-Abfackler» («Blick»), 840’000 Franken bezahlt haben.
Von einer Fälschung will der 44-Jährige nichts wissen. Er habe das Papier vom in New York stationierten Wirtschaftsattaché des Landes persönlich ausgehändigt erhalten. Wenn die Bundespolizei von einer Fälschung ausgehe, sei das «völlig falsch». Die Staatsanwaltschaft, will er klargestellt haben, «hat keinen Beweis, keine Strategie, keine Logik, nur Blabla». Und selbstverständlich will er vom Vorwurf nichts wissen, er habe mit dem Mail den Eindruck erwecken wollen, dass er diplomatische Immunität geniesse und das Strafverfahren deshalb einzustellen sei.
Berufung noch im Gerichtssaal angekündigt
Das Thema Diplomatenpass nahm an der Verhandlung viel Raum ein. Dabei zeigte sich zum Schluss im Urteil klar: Es handelt sich um eine Urkundenfälschung. Und der Mann hätte sich auf die Immunität selbst dann nicht berufen können, wenn der Pass echt gewesen wäre.
Bei den Hausfriedensbrüchen gab es eine Verurteilung und einen Freispruch. Im einen Fall liess sich zweifelsfrei belegen, dass die Frau das Betreten ihrer Wohnung in ihrer Abwesenheit ausdrücklich verboten hatte. Im anderen Fall blieb der Verbleib eines vierten Hausschlüssels ungeklärt, sodass das Gericht im Zweifel für den Angeklagten entscheiden musste. Die bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Franken akzeptiert der 44-Jährige nicht. Sein Verteidiger kündigte Berufung ans Obergericht an. Es blieb seine einzige Wortmeldung.
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