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Präsident Duterte lässt töten
Aufruf zur Menschenjagd

Auch friedliche Demonstranten leben in Manila gefährlich. Präsident Duterte schickt militante Gruppen – so am Montag bei Protesten zum Weltfrauentag. 
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Diesen Spruch kennen die Philippiner schon: «Tötet sie!» Er stammt von Präsident Rodrigo Duterte und gilt als zentrale Parole des sogenannten Anti-Drogen-Kriegs, den der Populist im Wahlkampf 2016 angekündigt hatte und als Sieger im Amt skrupellos durchsetzte. Bei den Menschenjagden starben in den Slums Tausende Philippiner. Menschenrechtler, die seither darauf drängen, dass sich die internationale Strafjustiz des Falls Duterte annehmen müsse, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen, beeindruckten den Präsidenten kaum. Im Gegenteil: Er hat nun eine weitere blutige Kampagne eingeleitet, die auf alle zielt, die der Präsident als «kommunistische Rebellen» einstuft.

«Sie trugen keine Waffen, als sie getötet wurden.»

Harry Roque, Sprecher des Staatschefs

Es dauerte nicht lange, bis dem Aufruf vom vergangenen Freitag Taten folgten. Bei Razzien von Militär und Polizei am Wochenende starben neun Menschen in der Region Calabrazon südlich der Hauptstadt Manila. Die Verwirrung um die Einsätze und die Getöteten ist gross, weil Polizei und Regierung sich widersprechen: «Sie trugen keine Waffen, als sie getötet wurden», erklärte Harry Roque, der Sprecher des Staatschefs. Das passte allerdings gar nicht zur Darstellung der Polizei, die von einer «bewaffneten Konfrontation» sprach. Vizepräsidentin Leni Robredo, die mit Duterte rivalisiert, nannte die Razzien ein «Massaker», das aufgeklärt werden müsse. Was immer an jenem «blutigen Sonntag» genau geschah – die Razzien mit Todesfolge schickten eine deutliche Botschaft über den tropischen Inselstaat: Duterte hat keine Angst vor internationaler Kritik; wer immer ihm in die Quere kommt, lebt gefährlich.

Erleben die Philippinen eine neue Menschenjagd? Der Präsident hat bewaffnete Aufständische in den Mittelpunkt gerückt und erklärt, er verfolge rebellierende Kommunisten. Die Geschehnisse vom Wochenende legen jedoch nahe, dass er offenbar einen deutlich grösseren Kreis ins Visier nimmt: lautstarke Kritiker und unbequeme Aktivisten, ob bewaffnet oder nicht.

Links zu sein, ist nun lebensgefährlich

Viele Aktivisten der Zivilgesellschaft werden nun um ihr Leben fürchten, denn sie haben beobachtet, dass Duterte schon unter dem Vorwand, gegen Drogenschmuggler vorzugehen, Tausende wehrlose Menschen verfolgen liess. Schon ein «rotes Label» angeheftet zu bekommen und irgendwie im Ruf zu stehen, links zu sein, ist nun lebensgefährlich.

Dutertes Politik gegenüber der nur noch mässig aktiven maoistischen Guerilla im Land war oftmals widersprüchlich, die Milizen führen seit 1969 einen bewaffneten Aufstand gegen den philippinischen Staat, die Wurzeln der Bewegung reichen noch weiter zurück. Während des Zweiten Weltkriegs hatten sich kommunistische Verbände gegen die japanische Okkupation aufgelehnt. Die philippinische Armee bekräftigte zuletzt, dass die Rebellion der «New People’s Army» kurz vor dem Kollaps stünde – nach dem Willen der Regierung sollte es bis zum Ende der Amtszeit Dutertes 2022 Frieden geben.

Präsident Rodrigo Duterte hat eine Kampagne gegen «Kommunisten» gestartet und zählt wohl alle Andersdenkenden dazu.

Doch im Umgang mit den Kommunisten schaukelte Duterte, wie bei vielen anderen Themen, abenteuerlich hin und her. Und in der Zivilgesellschaft wächst die Angst, dass er die antikommunistische Kampagne dazu nutzen könnte, um generell gegen Andersdenkende vorzugehen. Der «blutige Sonntag» machte klar, dass die Sicherheitskräfte keine klare Linie mehr zu ziehen scheinen zwischen bewaffneten Kämpfern und unbewaffneten Aktivisten. Mitglieder der Zivilgesellschaft haben oft bestritten, dass sie Verbindungen mit bewaffneten Rebellen unterhalten, wie es Duterte unterstellt.

«Vergesst die Menschenrechte! Das ist ein Befehl.»

Rodrigo Duterte

Vergangenen Freitag erst hatte der Präsident seinen neuen Feldzug in Manier des Vollstreckers erklärt: Einsatzkräfte sollten gegen kommunistische Rebellen bei bewaffneten Zusammenstössen keine Gnade zeigen, sagt er: «Tötet sie, und stellt sicher, dass ihr sie wirklich tötet und fertigmacht, falls sie noch am Leben sind.» Und er fügte hinzu: «Vergesst die Menschenrechte! Das ist ein Befehl. Ich bin bereit, ins Gefängnis zu gehen, das ist kein Problem.»

Die linken Aktivisten, die am 7. März starben, hatten ihre Anhänger gegen unterschiedliche Missstände mobilisiert: Manche kämpften gegen städtisches Elend und Wohnungsnot, andere für die Arbeiterrechte. Emmanuel Asuncion war ein bekannter Anführer in Cavite. Die Nachrichtenplattform Rappler zitiert einen Post der Menschenrechtsallianz Karapatan, der deutlich macht, weshalb die Arbeit des Mannes den Regierenden wohl nicht gefiel: Asuncion hatte rhetorisches Talent, die Leute strömten zusammen, wenn er sprach, hingen an seinen Lippen, er galt als fähiger Organisator. Auch ein junges Paar, Chai und Ariel Evangelista, wurde ein Opfer der Razzien, sie setzten sich für die Fischer ein. Ihr zehnjähriger Sohn habe sich unter dem Bett versteckt, als seine Eltern getötet wurden, erklärte Cristina Palabay von Karapatan.