Finanzplan der Sunak-RegierungAuf die Briten kommen harte Zeiten zu
Mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen will die neue Regierung das riesige Loch in der Staatskasse stopfen. Das werde wehtun, kommentierte die «Times».
Mit einer radikalen Erhöhung des Steueraufkommens und Plänen für drastische Kürzungen der öffentlichen Ausgaben versucht die Regierung des britischen Premiers Rishi Sunak, dem Vereinigten Königreich «neue Stabilität» auf den Finanzmärkten zu verschaffen. Damit will sie einen Schlussstrich ziehen unter die von Sunak-Vorgängerin Liz Truss vor acht Wochen ausgelöste schwere Krise.
Auch im konservativen Lager ist der von Finanzminister Jeremy Hunt am Donnerstag verkündete Finanzplan als das Einläuten einer neuen Ära schmerzhafter Austerität auf der Insel bezeichnet worden. Londons Tory-freundliche «Times» warnte bereits: «Das wird wehtun.» Hunt selbst räumte ein, «dass uns eine harte Wegstrecke bevorsteht». Man müsse sich «einem Sturm» entgegenstellen, sagte er weiter.
Die Verbesserung des Lebensstandards in den letzten acht Jahren wird zunichtegemacht, auf einen Streich.
Hintergrund des neuen Staatshaushalts ist die Rezession, in die Grossbritannien just abgerutscht ist und die nach Einschätzung der britischen Finanzkontrollbehörde bis ins Jahr 2024 hinein anhalten dürfte. Für das zweite Halbjahr 2023 erwartet man einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf eine halbe Million. Vor allem aber prophezeit die Behörde den Briten einen Rekordverlust an verfügbarem Einkommen von sieben Prozent.
Das würde die Verbesserung des Lebensstandards auf der Insel in den ganzen letzten acht Jahren zunichtemachen, auf einen Streich. Paul Johnson, Chef des renommierten britischen Instituts für Finanzstudien (IFS), nannte dies einen «geradezu schwindelerregenden Niedergang». (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Der englische Patient».)
Finanzminister Hunt sieht seine Aufgabe darin, «ein schwarzes Loch» von 55 Milliarden Pfund bei den Staatsfinanzen zu «stopfen», für das man in Downing Street teils die Pandemie und teils den Ukraine-Krieg verantwortlich macht. Etwa die Hälfte der für nötig erachteten Summe sollen zusätzliche Steuereinnahmen beitragen. Allein das Festschreiben von Freibetrags- und Steuerklassen-Obergrenzen auf mehrere Jahre hinaus wird der Staatskasse, bei einer derzeit zweistelligen Inflation, nach und nach viele Milliarden einspielen.
Sondersteuer für grosse Energieunternehmen
Nach monatelangem Zögern stimmten die Konservativen zudem einer vorübergehenden Sondersteuer für die grossen Energieunternehmen zu – was auch die Produzenten erneuerbarer Energie einschliessen soll. Dies stösst vor allem bei grünen Politikern auf Kritik. Auch dass Elektroautos bald schon nicht mehr steuerfrei fahren sollen, löste Unmut aus. Atomkraftgegner bemängelten wiederum die Entscheidung der Regierung, am Neubau des AKW Sizewell C festzuhalten.
Unterdessen müssen sich die meisten Ministerien in London bei ihren Budgets auf Einschnitte gefasst machen. Die Kürzungen der öffentlichen Ausgaben sollen die andere Hälfte des Haushaltsdefizits ausgleichen. Dabei hat Finanzminister Hunt versichert, dass für Schulen und Gesundheitswesen zusätzliche Gelder zur Verfügung stehen. Ob diese ausreichen werden, um dem Bedarf nachzukommen, fragen sich jedoch viele Klinikchefs und Schulleiter, die schon jetzt über dramatische Finanzprobleme klagen. (Lesen Sie auch den Artikel «Neuer Finanzminister muss retten, was kaum noch zu retten ist».)
Die Regierung führe Grossbritannien «in eine verhängnisvolle Abwärtsspirale», heisst es aus der Opposition.
Sozialhilfeempfängern und Rentnern versprach Hunt eine Erhöhung ihrer Bezüge in Inflationshöhe – allerdings erst vom nächsten April an, nach einem für viele bereits schwierigen Jahr. Mit kleinen Extrasummen soll dem sozial schwachen Teil der Bevölkerung ausserdem über den Winter hinaus beim Bezahlen der Strom- und Gasrechnungen geholfen werden. Im Schnitt sollen diese Rechnungen für alle Haushalte vom Frühjahr an bei 3000 Pfund jährlich gedeckelt werden. Gegenwärtig liegt diese Obergrenze bei 2500 Pfund.
Erneute Entbehrungen und mehr Armut
Die Opposition wirft Hunt vor, er führe das Land «stracks auf den Weg in eine neue Phase harscher Austerität». Labours Schattenfinanzministerin Rachel Reeves erklärte, die Regierung verdamme ihre Mitbürger mitten in einer Zeit steil steigender Lebenshaltungskosten zu Jahren erneuter Entbehrungen und zu noch grösserer Armut, als man sie jetzt schon habe. Hunts Rezepte würden, statt neues Wachstum zu fördern, nur die Rezession vertiefen, die sich womöglich bis 2024 hinziehen werde. Die neue Regierung, sagte Reeves weiter, führe Grossbritannien «in eine verhängnisvolle Abwärtsspirale».
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