Sunak neuer britischer Premier«Ich werde die unter Truss gemachten Fehler korrigieren»
Das Vereinigte Königreich hat seinen dritten Regierungschef in nur zwei Monaten. In seiner Antrittsrede sprach Rishi Sunak über die Wirtschaftskrise – und seine Vorgängerin.
Grossbritannien hat einen neuen Premier: Nur wenige Minuten nach der Entlassung von Liz Truss beauftragte König Charles III. den 42-Jährigen Rishi Sunak als ersten gläubigen Hindu und indischstämmigen Politiker mit der Regierungsbildung. Er ist zudem der jüngste Premierminister seit mehr als 200 Jahren. In seiner Antrittsrede sprach Sunak von einer «ernsthaften Wirtschaftskrise» im Königreich. Die Nachwirkungen von Covid dauerten immer noch an, und der Krieg in der Ukraine habe Märkte auf der ganzen Welt zerstört. Sunak sagte, dass Liz Truss Recht hatte, das Wachstum zu verbessern. Das sei ein «edles Ziel». «Aber es sind Fehler gemacht worden.» Er sei nun zum Premierminister gewählt worden, um diese Fehler zu «korrigieren».
Seine Regierung werde Integrität, Professionalität und Verantwortung zeigen, kündigte Sunak nach Monaten des Regierungschaos an. Dafür müssten jedoch auch «schwierige Entscheidungen» getroffen werden, sagte der 42-Jährige in seiner sechsminütigen Rede. «Vertrauen muss verdient werden – und ich werde Ihres verdienen.» Er sei bereit, das Land in die Zukunft zu führen und die Sorgen der Menschen über die Politik zu stellen.
Die regierende Konservative Partei hofft, dass Sunak nach monatelangem Streit die Reihen wieder schliesst, den freien Fall der Tories in Umfragen stoppt und die Wirtschaft wieder stabilisiert.
Mit Spannung wird erwartet, wen er nun in sein Kabinett beruft. Da die Regierung bereits kommende Woche ihre Finanzpläne vorlegen will, dürfte der frisch berufene Finanzminister Jeremy Hunt im Amt bleiben. Als Kandidaten für Kabinettsposten gelten zudem die Sunak-Unterstützer Dominic Raab, Stellvertreter des damaligen Premiers Boris Johnson, Mel Stride oder Victoria Atkins. Erwartet wird zudem, dass Sunak – anders als Truss – in einem Versuch, die Konservative Partei zu versöhnen, auch auf parteiinterne Kritiker setzen wird. Einen wichtigen Posten könnte Penny Mordaunt bekommen, die sich ebenfalls um das Premierminister-Amt beworben, aber nicht ausreichend Unterstützung in der Fraktion erhalten hatte.
Die frühere Staatssekretärin Atkins zeigte sich am Dienstag überzeugt, dass die Tories ihre Streitigkeiten beenden könnten. An der Parteibasis aber gibt es Kritik, weil Sunak ohne Abstimmung der Mitglieder ins Amt kommt. Die Opposition fordert Neuwahlen, was der künftige Premier aber bereits abgelehnt hat. In Umfragen liegen die Tories abgeschlagen hinter der grössten Oppositionspartei Labour und dürften im Fall einer vorgezogenen Parlamentswahl etliche Mandate verlieren. Der Labour-Politiker Pat McFadden räumte ein, eine Neuwahl sei nun «weniger wahrscheinlich».
Truss verteidigt zum Abschied ihre Politik
Die scheidende britische Premierministerin Liz Truss hat bei ihrem Abschied aus der Downing Street ihre gescheiterte Steuerpolitik verteidigt. «Aus meiner Zeit als Premierministerin bin ich mehr überzeugt denn je, dass wir mutig sein müssen angesichts der Herausforderungen, denen wir uns gegenüber sehen», sagte Truss am Dienstag in ihrem letzten Statement als Regierungschefin. Sie glaube noch immer an Wirtschaftswachstum durch niedrige Steuern. Das Land müsse seine «Brexit-Freiheiten» ausnutzen, um Dinge anders anzugehen.
Truss zitierte den Philosophen Seneca mit den Worten: «Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, sind die Dinge schwierig.»
Es sei eine grosse Ehre gewesen, die Nation in der Staatstrauer für Queen Elizabeth II. anzuführen und den neuen Monarchen König Charles III. im Amt zu begrüssen. Ausserdem habe ihre Regierung «schnell und entschieden» gehandelt, um Haushalte angesichts explodierender Energiepreise zu entlasten und Unternehmen vor der Pleite zu bewahren. Das durch ihre Politik ausgelöste Chaos an den Finanzmärkten liess Truss unerwähnt.
Die scheidende britische Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit der Geschichte wünschte ihrem Nachfolger Rishi Sunak viel Erfolg und machte sich nach dem kurzen Abschiedsstatement mit ihrer Familie auf den Weg zum Buckingham-Palast, wo sie von König Charles III. entlassen wurde.
AFP/SDA/aru/nlu
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