Kolumne «Miniatur des Alltags»Auf der Suche nach der fast perfekten Wohnung
Wer in Zürich eine Wohnung sucht, kommt sich zuweilen vor wie bei einem höchst absurden Casting.
Zügeln ist ein lästiges Unterfangen: ausmisten, packen, Kisten schleppen – Spass sieht anders aus. Aber vor allem muss erst ein neues Zuhause her.
Mit der Suche nach einer neuen Wohnung ist es ein bisschen wie in der Liebe: Bevor man das Immobilienäquivalent zum Traumprinzen findet, muss man unzählige Frösche besichtigen. In der Regel kommt man vor der Besichtigung in den zweifelhaften Genuss des Schlangestehens unter freiem Himmel – im Sommer ja schön und gut, aber im November dann doch eher weniger prickelnd.
Oft geht es davor schon los, mit der Bewerberei. Denn bei so mancher Verwaltung ist eine Vorbewerbung die Voraussetzung dafür, die genaue Adresse der zu vergebenden Wohnung zu erfahren. Zum Teil wird da nebst einem Betreibungsauszug auch die Kopie des Arbeitsvertrags verlangt. Da wird man nach Lebensgewohnheiten gefragt, wie man zu Kindern, Ehe und Kohlegrillen steht, und man muss obendrein verbindlich zusichern, dass man ein stilles Naturell hat.
Bei einigen Verwaltungen beschleicht einen das dumpfe Gefühl, dass sie ihre Wohnungen am liebsten einer gut situierten, bereits mumifizierten Leiche vermieten würden, welche die Wohnung besetzt und die Miete pünktlich zahlt, sonst aber bitte keinen Mucks von sich gibt. Nicht dass wir speziell laut wären oder jeden Abend Posaunenkonzerte veranstalten würden. Aber dieser explizite Wunsch lässt doch eher darauf schliessen, dass man sich da in eine nicht ganz unkomplizierte Nachbarschaft begeben würde.
Mein Freund und ich haben uns inzwischen stillschweigend darauf geeinigt, dass wir uns weder beim Suchen noch beim Zügeln den Rücken brechen wollen. Schliesslich will man die vier Wände zuerst sehen, bevor man in der Bewerbung dann mental die Hose runterlassen muss. Und für ein reiches Mumiendasein sind wir zu wenig reich und alt.
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