Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Konflikt um Taiwan
Auch der Inselstaat probt den Ernstfall

Kampf gegen imaginäre Invasoren: Taiwanische Armee bei Artillerieübungen in Pingtung im Süden der Insel.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Nun übt auch Taiwan den Ernstfall. Mit Haubitzen schossen am Dienstag Hunderte Soldaten im Süden der Insel auf eine imaginäre chinesische Invasionstruppe, die am Strand anlanden will. Das Gebiet befindet sich laut taiwanischen Medien in unmittelbarer Nähe einer Zone, wo zuletzt chinesische Truppen geübt hatten.

Ein taiwanischer Armeesprecher betonte allerdings, die Drills seien schon vor dem Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi angekündigt worden und seien keine Reaktion auf die grossen Manöver der chinesischen Streitkräfte wenige Kilometer vor der taiwanischen Küste.

China hat auf den Besuch Pelosis in Taipeh vergangene Woche mit den grössten militärischen Drohgebärden seit Jahrzehnten reagiert. Ursprünglich nur bis Sonntag angekündigt, gehen die gemeinsamen Übungen von Marine, Luftwaffe und Armee immer noch weiter.

Chinas Armee übt nicht nur eine See- und Luftblockade, sondern auch eine mögliche Eroberung der Insel.

Am Dienstag drangen erneut rund 45 Kampfjets in die taiwanische Luftverteidigungszone ein. Nach taiwanischen Angaben überschritten dabei 16 Flugzeuge die Mittellinie der Taiwanstrasse. Auf dem Meer standen sich je rund zehn Kriegsschiffe beider Seiten entlang der Linie gegenüber, die Taiwan als Grenze betrachtet.

Neue Normalität mit regelmässigen Manövern

Mit ihren anhaltenden Manövern übt die chinesische Armee nicht nur eine See- und Luftblockade, sondern auch eine mögliche Eroberung der Insel. Einige chinesische Kommentatoren meinten, dass die Militärübungen regelmässig stattfinden und neue Normalität werden könnten.

Taiwans Aussenminister Joseph Wu erklärte: «Chinas wahre Absicht hinter diesen militärischen Übungen ist es, den Status quo in der Strasse von Taiwan und der gesamten Region zu ändern.» Die Manöver, Raketenstarts und Cyberangriffe hätten auch das Ziel, die öffentliche Moral auf der Insel zu schwächen. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «China verschiebt die Grenzen langsam, aber beharrlich».)

Chinas Ambitionen machten nicht bei Taiwan halt, warnte Wu. Peking sei entschlossen, die Kontrolle über das Ost- und das Südchinesische Meer zu übernehmen und das gesamte Gebiet zu seinem Hoheitsgebiet zu machen. «Ich bin sicher, dass diese chinesischen Aktivitäten unsere Freunde wie Japan und auch unsere südostasiatischen Partner sehr nervös machen», sagte er.

China werde in den nächsten zwei Jahren nicht versuchen, in Taiwan einzumarschieren, glaubt man in Washington.

Der Sprecher des chinesischen Aussenministeriums, Wang Wenbin, nannte die Übungen eine «Warnung an den Provokateur». Er bezog sich auf die USA, die China für die neuen Spannungen verantwortlich macht. US-Präsident Joe Biden zeigte sich indes zuversichtlich, dass China die Lage nicht eskalieren lassen will. «Ich bin besorgt darüber, dass sie sich so viel bewegen», sagte Biden zu den chinesischen Manövern. «Aber ich glaube nicht, dass sie noch mehr tun werden, als sie schon tun.»

Das US-Verteidigungsministerium kündigte an, dass Schiffe der US-Marine auch in den nächsten Wochen durch die Taiwanstrasse fahren werden. Ein Pentagon-Beamter betonte am Montag, Washington bleibe bei der Einschätzung, dass China in den nächsten zwei Jahren nicht versuchen werde, in Taiwan einzumarschieren.

«Absolut» lohnenswert, sagt Pelosi zu ihrer Reise

Pelosi verteidigte inzwischen ihre Taiwan-Reise als «absolut» lohnenswert. Die USA könnten nicht zulassen, dass China Taiwan isoliere, sagte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses im US-Fernsehen. Der chinesische Präsident Xi Jinping verhalte sich «wie ein ängstlicher Tyrann». Sie vermutete hinter Chinas Muskelspielen auch ein innenpolitisches Motiv. «Ich glaube, dass er sich in einer prekären Lage befindet», sagte sie und verwies auf die Wirtschaftsprobleme auf dem Festland. (Lesen Sie auch den Kommentar «Pelosi ist eine Botschafterin der Demokratie».)

Dort kämpft die Regierung gegen die Folgen der strengen Null-Covid-Politik. Die anhaltenden Lockdowns haben die heimische Konsumlaune in den Keller rauschen lassen. Der wichtige Immobiliensektor steckt ebenfalls in der Krise, Immobilienkonzerne können ihre Schulden nicht mehr bedienen, und Käufer boykottieren die Rückzahlung der Kredite für ihre unfertigen Wohnungen.

Xi, der sich seit Beginn der Krise weder gezeigt noch geäussert hat, befindet sich wahrscheinlich mit den anderen hochrangigen Kadern der Kommunistischen Partei im Badeort Beidahe, wo die Bestätigung seiner dritten Amtszeit auf dem Parteitag im Herbst vorbereitet wird.