Schweizer Armee Auch als Muslim ist er Seelsorger für alle
Muris Begovic ist der erste Armeeseelsorger mit muslimischem Hintergrund. Zuständig ist er für Lebensprobleme aller Art, mit denen Armeeangehörige kämpfen.
«Ich bin kein Armee-Imam, sondern Seelsorger mit muslimischem Hintergrund», stellt Muris Begovic klar. Er wird künftig einer von rund 170 Armeeseelsorgern sein, die bisher ausnahmslos christlichen Glaubens waren. Zwar hat der Sohn bosnischer Eltern eine Ausbildung als Imam. Doch in der Armee werde er für alle in der Truppe zuständig sein, der er zugeteilt wird. «Ich reise nicht in der ganzen Schweiz herum, wenn ein muslimischer Armeeangehöriger einen Seelsorger braucht.» Und lachend fügt er an: «Ich werde keine Moscheen auf Truppenplätzen einrichten.»
Dieses System der Armeeseelsorge sei weltweit einzigartig, und er findet es gut, dass die Religionszugehörigkeit nicht im Vordergrund steht. Zumal die Armeeangehörigen nicht in erster Linie für religiöse Probleme den Seelsorger aufsuchen. Dennoch, er ist der erste Muslim, der sich zum Seelsorger im Milizdienst schulen lässt. Zusammen mit ihm werden erstmals auch zwei Seelsorger mit jüdischem Hintergrund ausgebildet. Zurzeit absolviert der 41-jährige Begovic in Luzern seine dreiwöchige Ausbildung. Da geht es darum, die Armeestrukturen kennen zu lernen. «Ich muss wissen, was ein Bataillon ist, aber auch den Umgang mit der Armeepistole lernen.» Besprochen werden natürlich Themenbereiche wie Religion, Ethik – und Diversität, wie Begovic betont.
Lang gehegtes Anliegen
Den Armeebetrieb hat er bereits letztes Jahr kennen gelernt. Er absolvierte in Thun eine Kurz-RS. und das mit 40. Drei Wochen war er mit Rekruten zusammen, machte deren Übungen mit. Dazu gehörte die Ausbildung am Gewehr. «Ich habe im gleichen Zimmer wie die Rekruten geschlafen. Ich habe nochmals erlebt, wie es ist, ein 20-Jähriger zu sein. Ich habe vor allem die Schwierigkeiten miterlebt, die die jungen Männer in der Armee haben.» Für seine künftige Arbeit als Seelsorger sei dieser Einblick sehr wertvoll. «Wenn ich den Armeeangehörigen weiterhelfen soll, muss ich Einblick in ihre Lebenswelt haben.» Die Ratsuchenden könnten Probleme mit dem Dienst an der Waffe haben, oder jemand wolle reden, weil sich seine Freundin von ihm getrennt habe.
Es war schon lange ein Anliegen der islamischen Dachorganisationen, einen Seelsorger in der Armee zu haben, der auch bei religionsspezifischen Problemen der Muslime, die oft Migrationshintergrund haben, helfen kann. Wenn ein Armeeangehöriger während des Ramadan in Konflikt gerät mit dem Fastengebot oder wenn der Dienst mit den Gebetszeiten kollidiert, wird Begovic zu helfen versuchen. «Da gibt es Lösungen, aber man muss zum Pragmatismus bereit sein.» An einer Nachtübung, an der er teilnahm, sei das Abendgebet mitten in diese Übung gefallen. «Es war klar, dass ich nicht als Einziger haltmachen konnte, um zu beten.» Er habe das Nachtgebet am nächsten Tag nachgeholt. Auch im Fastenmonat seien Ausnahmen möglich, wenn jemand ohne Mahlzeiten die geforderte Leistung nicht erbringen könne.
Muris Begovic ist im Toggenburg aufgewachsen. Seine Ausbildung zum Imam hat er in Sarajevo gemacht, in Bern Islamwissenschaften studiert und die Ausbildung in Österreich mit dem Master abgeschlossen. Begovic ist Geschäftsführer des Vereins Muslimische Seelsorge Zürich und der Vereinigung der Islamischen Organisationen Zürich. Er wolle mit seinem Armeedienst zeigen, dass Schweizer Werte mit islamischen Werten vereinbar seien. «Und ich möchte dem Land und der Gesellschaft mit meinem Dienst etwas zurückgeben.»
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