Attacke im serbisch dominierten Norden Maskierte erschiessen Polizisten in Kosovo – 30 Angreifer umzingelt
Nach der Tötung eines Polizisten in Norden Kosovos spricht Ministerpräsident Albin Kurti von Terror – und beschuldigt Serbien. Auch westliche Diplomaten reagieren mit harten Worten.
Maskierte und schwer bewaffnete Angreifer haben in der Nacht auf Sonntag einen kosovarischen Polizisten im serbisch dominierten Norden des Landes erschossen. Ein weiterer Beamte habe Verletzungen erlitten, teilte Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti mit. Zu der Attacke im Dorf Banjska nahe der Stadt Mitrovica kam es, nachdem Polizisten zwei Lastwagen ohne Kennzeichen gefunden hatten, die eine Brücke am Zugang zum Dorf Banjska blockierten.
«Das organisierte Verbrechen greift mit der politischen, finanziellen und logistischen Unterstützung des offiziellen Belgrads unseren Staat an», schrieb Premier Kurti weiter. Er verurteilte den Angriff als «Terroranschlag». Auch der US-Botschafter in Pristina reagierte mit harten Worten. Er sprach von «orchestrierten, gewalttätigen» Angriffen auf die Kosovo-Polizei.
Auf einer Pressekonferenz in Pristina sagte Ministerpräsident Kurti, die Polizei habe in der Nähe des Tatortes etwa 30 Gewalttäter umzingelt. Er forderte sie auf, sich den Sicherheitskräften zu ergeben. Laut kosovarischen Medien halten sich die mutmasslichen Terroristen in einem Kloster der serbisch-orthodoxen Kirche auf. Die serbisch-orthodoxe Kirche bestätigte, dass eine bewaffnete Gruppe mit einem gepanzerten Fahrzeug die Tore des Klosters durchbrochen habe. Auf dem Gelände seien Schüsse zu hören.
Die britische Abgerodnete Alicia Kearns hatte Anfang Juli erklärt, dass Waffen aus Serbien mit Hilfe von Rettungsfahrzeugen nach Kosovo geschmuggelt und in Einrichtungen der serbisch-orthodoxen Kirche gelagert werden.
Gebiet gilt als Hochburg der Mafia
Im Norden Kosovos leben mehrheitlich Serben, die mit Unterstützung der Regierung in Belgrad die Unabhängigkeit Kosovos ablehnen. Versuche der Behörden in Pristina, kriminelle Banden zu bekämpfen sind bislang gescheitert. Das Gebiet gilt als Hochburg der Mafia.
In den vergangenen Jahren gab es dort häufig tödliche Attacken auf kosovarische Polizisten und Nato-Truppen, die in Kosovo stationiert sind. Mitte Juni wurden drei kosovarische Polizisten auf dem Territorium Kosovos entführt und nach Serbien verschleppt. Die Regierung Kosovos beschuldigte Belgrad für die Tat. Nach westlichem Druck liess Serbien die Beamten frei.
Wer den kosovarischen Staat akzeptiert, lebt gefährlich
Zuvor hatten serbische Hooligans über 20 Nato-Soldaten teilweise schwer verletzt. Sie protestierten gegen die Wahl von vier kosovo-albanischen Bürgermeistern in serbisch besiedelten Gemeinden. Ihre Wahl wurde möglich, weil ethnische Serben auf Druck Belgrads den Urnengang fast geschlossen boykottierten.
Wer im Norden den kosovarischen Staat akzeptiert, lebt gefährlich. So werden regelmässig Autos angezündet, die serbische gegen kosovarische Kennzeichen umtauschen. 2018 wurde im Norden der Stadt Mitrovica der moderate Politiker Oliver Ivanovic von Unbekannten erschossen. Er galt als Kritiker des serbischen Staatspräsideten Aleksandar Vucic. Der Autokrat setzt seit Jahren alle Hebel in Bewegung, um Kosovo zu teilen.
2013 wurde im Norden Kosovos ein aus Litauen stammender Zöllner der EU-Mission Eulex erschossen. Zwei Jahre zuvor hatten serbische Extremisten einen kosovarischen Polizisten getötet. Die kosovarischen Grenzposten wurden nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos 2008 abgefackelt.
Die EU bemüht sich seit Jahren erfolglos für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Die EU beschuldigte zuletzt Kosovos Premier Kurti, weil er die Gründung eines serbischen Gemeindeverbandes ablehnt. Kurti entgegnet, er sei durchaus zu Konzessionen bereit, wenn Serbien wenigstens indirekt den Staat Kosovo anerkennt.