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Meinung

Nukleare Auf- oder Abrüstung
Europäische Atomwaffen? Eine gefährliche Illusion

Personen halten Plakate mit der Aufschrift ’Atomwaffen verbieten! Hier Volksinitiative unterschreiben’ bei einer Aktion auf dem Bundesplatz in Bern.
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Hochrangige europäische Politiker spielen offen mit dem Gedanken einer nuklearen Aufrüstung, als Panikreaktion auf die unklare Positionierung der USA zur Nato. Doch statt Sicherheit zu schaffen, erhöht diese Rhetorik das Risiko der Verbreitung von Atomwaffen und untergräbt bestehende internationale Verträge zur Rüstungskontrolle und Abrüstung. 

Die Vorstellung, dass Europa durch eigene Atomwaffen sicherer wird, ist eine gefährliche Illusion. Jede neue nukleare Abschreckungsstrategie führt zwangsläufig zu Gegenreaktionen – und schon befinden wir uns in einem Rüstungswettlauf. Die Geschichte des Kalten Krieges hat bereits gezeigt, dass nukleare Abschreckung auf Glück basiert, nicht auf Strategie. Europa sollte nicht auf dieses gefährliche Spiel setzen. 

Ergreift die Schweiz die Chance?

Besonders für die Schweiz stellt sich in dieser Debatte eine grundsätzliche Frage: Will sie sich weiter stillschweigend an die Nato und den nuklearen Schirm annähern – oder ergreift sie die Chance, sich klar für Abrüstung zu positionieren? Die aktuelle Haltung des Bundesrats, wonach der 1977 ratifizierte Atomwaffensperrvertrag (NPT) besser für Abrüstung sei als der in der UNO neu ausgehandelte Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW), ist angesichts der aktuellen Entwicklungen kaum noch haltbar. Während der NPT eine Welt mit Atomwaffen verwaltet und selbst nach 50 Jahren Existenz nicht für Abrüstung gesorgt hat, bietet der TPNW einen klaren Weg zur Abschaffung dieser Massenvernichtungswaffen. Er verbietet allen Mitgliedsstaaten Atomwaffen und auch die Drohung mit diesen und erhöht so den Druck auf die Atomwaffenstaaten. 

Die Schweiz kann sich nicht glaubwürdig für Frieden und Sicherheit einsetzen, wenn sie sich gleichzeitig zu einem De-facto-Mitglied des europäischen Atomschirms entwickelt. Wer in der aktuellen Debatte schweigt oder laviert, wird nicht als neutraler Vermittler wahrgenommen, sondern ist Teil des Problems. 

Annäherung an Nato ist falsch

Statt sich an einer Nato-Annäherung zu orientieren, sollte die Schweiz dem TPNW beitreten – wie es eine Volksinitiative fordert und wie es das Parlament eigentlich bereits beschlossen hat. Das wäre nicht nur ein klares Zeichen gegen nukleare Aufrüstung, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des internationalen Rechts. Die Schweiz hat als Depositarstaat der Genfer Konventionen eine besondere Verantwortung für humanitäres Völkerrecht. Dieser Rolle wird sie nur gerecht, wenn sie sich konsequent gegen Massenvernichtungswaffen stellt. 

Die Diskussion um europäische Atomwaffen zeigt vor allem eines: Der bisherige Ansatz zur Abrüstung versagt, wenn selbst völkerrechtstreue europäische Staaten nukleare Optionen in Betracht ziehen. Die Schweiz muss sich in dieser Debatte klar positionieren. Wer nukleare Rüstung kritisieren will, kann nicht gleichzeitig in Strukturen eingebunden sein, die Atomwaffen legitimieren. Ein Beitritt zum TPNW wäre daher der einzig konsequente Schritt – sowohl aus neutralitäts- und sicherheitspolitischer als auch aus völkerrechtlicher Perspektive.

Florian Eblenkamp ist Vorstandsmitglied der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen.