Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Verschärfung der Asylpolitik
Migranten schneller abschieben: Das ist der neue EU-Plan

Ein Polizeibeamter führt einen Mann in einer grünen Jacke zu einem Abschiebeflug nach Pakistan, begleitet von Frontex-Beamten, am Flughafen Frankfurt/Main.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Die EU hat einen Gesetzesentwurf mit verschärften Asylregeln vorgestellt.
  • Die Mitgliedsstaaten sollen Abschiebezentren für Menschen, die kaum eine Chance auf Asyl haben, ausserhalb der EU einrichten dürfen.
  • Ausserdem soll künftig verhindert werden, dass Asylbewerber in mehreren Ländern Anträge stellen können.
  • Die neuen Regeln sollen Migranten dazu bewegen, freiwillig auszureisen. Bisher verlassen nur 20  Prozent aller ausreisepflichtigen Asylbewerber die EU tatsächlich.

Nur 20  Prozent aller ausreisepflichtigen Asylbewerber verlassen derzeit die Europäische Union tatsächlich. Deshalb will die EU-Kommission die Regeln europaweit vereinheitlichen und verschärfen. Ausserdem sollen die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit erhalten, Abschiebezentren ausserhalb der EU einzurichten. Dies dürfte der umstrittenste Teil des Gesetzes sein, das der für Migration zuständige Kommissar Magnus Brunner aus Österreich am Dienstag vorgestellt hat.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den Gesetzentwurf bereits am Sonntag als Teil der 100-Tage-Bilanz ihrer neuen Kommission vorgelegt, das zeigt die Dringlichkeit. Die mangelnde Quote an Abschiebungen sei ein Grund dafür, dass das europäische Asylsystem bei Bürgerinnen und Bürgern Akzeptanz verloren habe, sagt Kommissar Brunner.

Gegen Asylanträge in mehreren Ländern

Ein Kernstück der Reform ist die sogenannte «European Return Order», ein europäischer Abschiebebescheid: Wenn ein Staat einen Asylantrag ablehnt, wird diese Entscheidung im Informationssystem des Schengen-Raums hinterlegt, und alle anderen Staaten können diese Entscheidung übernehmen. Nach einer gewissen Übergangszeit soll nach den Vorstellungen der Kommission daraus eine Pflicht werden. Jedenfalls will man so verhindern, dass ein Asylbewerber Anträge in mehreren Ländern stellen kann.

Verschärft werden die Pflichten der ausreisepflichtigen Migranten. Sie müssen unter Androhung von Strafen mit den Behörden zusammenarbeiten, an Beratungsgesprächen teilnehmen, Informationen über ihren Aufenthaltsort liefern. Kommen die Behörden zu dem Schluss, es bestehe Fluchtgefahr, können die Migranten bis zur Abschiebung bis zu 24 Monate lang in Haft genommen werden.

Spezielle Regeln sollen für Ausreisepflichtige gelten, die als mutmasslich kriminell oder gewalttätig gelten. Entsprechende Sicherheitsüberprüfungen soll es künftig schon sehr früh im Abschiebeverfahren geben. Betroffene Personen können unbegrenzt inhaftiert werden bis zur zwangsweisen Abschiebung.

Generell sollen die neuen Regeln die Migranten dazu bewegen, freiwillig auszureisen. Wer zwangsweise ausser Landes gebracht wurde, kann mit einem Einreiseverbot in die EU von bis zu 20 Jahren belegt werden.

Ausgelagerte Asylzentren

Abschiebezentren («Return Hubs») ausserhalb der EU zu ermöglichen, ist eine Idee Ursula von der Leyens. Die Kommissionspräsidentin trug sie den Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel im Oktober vergangenen Jahres vor. In solchen Zentren könnten Menschen untergebracht werden, deren Asylantrag in Europa letztinstanzlich abgelehnt wurde. Sie müssten dortbleiben, bis sie in ihr Herkunftsland oder in einen sicheren Drittstaat abgeschoben werden können. Solche Zentren sollen nur in Ländern aufgebaut werden, die internationale Menschenrechtsstandards beachten. Unbegleitete Minderjährige und Familien mit Kindern dürfen laut dem Gesetzentwurf nicht in solchen Zentren untergebracht werden.

Es handelt sich also nicht um eine Version des «Ruanda-Modells», das vorsieht, die Asylverfahren selbst aus Europa nach Afrika auszulagern und dort in die Obhut der Vereinten Nationen zu geben. Auch das «Albanien-Modell» der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni ist nicht gemeint: Meloni will Asylverfahren unter italienischer Regie in albanischen Lagern abwickeln, also in einem EU-Beitrittsland. Der Plan wird bisher jedoch von italienischen Gerichten durchkreuzt.

Ursula von der Leyen und Giorgia Meloni treffen bei einem Besuch auf Lampedusa Mitarbeitende der UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR. (17. September 2023)

Es gibt Spekulationen, dass die bereits gebauten Lager in Albanien künftig als Abschiebezentren genutzt werden könnten. Kommissar Brunner wollte darauf nicht eingehen. Alle diese Modelle der Auslagerung von europäischen Asylverfahren werden in der EU unter dem Begriff «innovative Ideen» gehandelt. Sie werden wohl die Migrationsdebatten der kommenden Monate beherrschen.

Das Abschiebegesetz von Magnus Brunner muss nun die übliche Abstimmung zwischen Kommission, Mitgliedsländern und Europaparlament durchlaufen. Danach wäre es gleich gültig, es muss nicht von Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.