Asyl für AfghaninnenFDP- und Mitte-Frauen widersprechen den Männern
Die FDP kritisiert, dass Afghaninnen in der Schweiz Asyl erhalten. Auch der Mitte-Präsident zeigt sich skeptisch. Und was sagen Parteikolleginnen?
Afghaninnen werden in der Schweiz in der Regel nicht bloss vorläufig aufgenommen, sondern als Flüchtlinge anerkannt. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat im Sommer die Praxis angepasst, weil es zum Schluss gekommen ist, dass Frauen aus Afghanistan die Asylkriterien erfüllen. Das entspricht den Richtlinien der europäischen Asylagentur und den Empfehlungen der UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR. Diese begrüsst die Praxisänderung, die auch andere Länder vorgenommen haben.
In der Schweiz haben die bürgerlichen Parteien hingegen den Schritt kritisiert. Die FDP forderte vergangene Woche in einer Mitteilung: «Das SEM muss die Praxisänderung rückgängig machen.» Bloss: Das sehen nicht alle so in der Partei.
Fluchtgrund «völlig klar»
Am Donnerstagabend haben sich die FDP-Frauen mit der Frage befasst. Präsidentin Susanne Vincenz-Stauffacher sagt: «Für uns ist völlig klar, dass Unterdrückung durch das Talibanregime für Frauen ein Fluchtgrund ist.» Gemäss den Asylregeln handle es sich um eine Gruppe, die Schutz benötige.
Von einer Differenz zur Mutterpartei will sie trotzdem nicht sprechen. «Auch wir haben Fragen zur Praxisänderung», sagt Vincenz-Stauffacher. So habe sie irritiert, dass das SEM nicht aktiv kommuniziert habe. Zudem befürchteten die FDP-Frauen, dass es nun zu Ungleichbehandlungen mit Frauen aus anderen Staaten kommen könnte. Iranerinnen zum Beispiel seien in einer ähnlichen Lage wie Afghaninnen. Schliesslich stelle sich die Frage, ob auch jene Afghaninnen Asyl erhalten sollten, die sich in sicheren Drittstaaten aufgehalten hätten.
Viele Afghaninnen und Afghanen lebten vor ihrer Flucht nach Europa in Pakistan oder im Iran. Von dort werden sie allerdings oft nach Afghanistan zurückgeschafft. Nach UNO-Schätzungen hat der Iran im laufenden Jahr bereits über 400’000 afghanische Flüchtlinge deportiert.
Wer, wenn nicht Afghaninnen?
Klar ist der Fall für Mitte-Nationalrätin Marianne Binder. Als die SVP und die FDP die Schweizer Praxis kritisierten, schrieb sie auf X (vormals Twitter): «Die Situation der Frauen in Afghanistan ist euch aber schon bewusst, oder? Es kämen ‹zu viele und die Falschen›, sagt ihr immer. Welche sind denn eigentlich noch die Richtigen?»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Auf Anfrage sagt Binder: «Wenn jemand Asyl verdient hat, dann gehören afghanische Frauen wohl mit Sicherheit dazu.» Diese würden im Talibanregime systematisch unterdrückt, verfolgt und ihrer Rechte beraubt.
Abgesehen davon gebe es kaum je Schwierigkeiten mit weiblichen Asylsuchenden. Daran sollten die Kritiker ebenfalls denken. Dass auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister sich kritisch geäussert hatte, war Binder nicht bewusst. Gegenüber «20 Minuten» sagte Pfister, die Praxisänderung des SEM sei «nicht zielführend».
Fehler gefunden?Jetzt melden.