«Arena» zur Stopp-Impfpflicht-InitiativeJournalist vergleicht Corona-Zeit mit Apartheid – «eine Frechheit», findet Jositsch
Ob es einen neuen Verfassungsartikel gegen eine Impfpflicht braucht, ist umstritten. Auch am Freitag auf SRF, wo Befürworter und Gegner einander nichts schuldig blieben.
Droht eine «Gesundheits-Apartheid»? Könnten also etwa Impfverweigerer in der Schweiz ihre Grundrechte verlieren, so wie schwarze Menschen seinerzeit in Südafrika? Oder schützt die Bundesverfassung bereits heute die Freiheitsrechte – insbesondere das Recht, eine Impfung zu verweigern?
Um diese Fragen dreht sich die SRF-«Arena» zur Freiheitsinitiative, auch Stopp-Impfpflicht-Initiative genannt. Sie kommt in einem Monat zur Abstimmung, das Streitgespräch unter der Leitung von Sandro Brotz war am Freitagabend der bisher einzige Höhepunkt im Abstimmungskampf.
Das Wort Apartheid wurde von Philipp Gut in die «Arena» geworfen. Der Journalist mit SVP-Parteibuch erinnerte damit an die Corona-Zeit zwischen Dezember 2021 und Februar 2022. Damals durften Personen ohne Covid-Impfung keine Restaurants und keine Fitnesszentren besuchen.
Gut sagte, das seien «massivste Einschränkungen» der Grundrechte gewesen. Solche habe es zuvor «in der Geschichte der Eidgenossenschaft nie gegeben». Das dürfe sich nicht wiederholen. Und dafür garantiere die Freiheitsinitiative.
«Apartheid» war für Daniel Jositsch eine Provokation. Das Wort führte zum heftigsten Schlagabtausch an dem Abend. Der SP-Ständerat sagte, es sei unzulässig, die damaligen Corona-Massnahmen in der Schweiz mit einem rassistischen System zu vergleichen.
In Südafrika seien sämtliche Menschenrechte für einen Teil des Volks «schwerst eingeschränkt» gewesen, ohne sachliche Begründung. «Aber ein Restaurant zu besuchen, ist nun mal kein Menschenrecht, und statt ins Fitnesszentrum können Sie in den Wald joggen gehen.» Guts Vergleich sei «zynisch und eine Frechheit».
Richard Koller ist Präsident der Freiheitlichen Bewegung Schweiz. Er hatte die Initiative lanciert und mit über 125’000 Unterschriften in Rekordzeit eingereicht. Für ihn ist klar: «Alle sollen selbst entscheiden können: Will ich das Virus als Schaden über mich ergehen lassen oder die Impfung?» Seine Initiative sei nötig, um die Menschen vor einem übergriffigen Gesundheitsstaat zu schützen.
Dafür brauche es die Initiative eben nicht, sagte GLP-Nationalrat Beat Flach vom Komitee gegen die Initiative. Es gebe keinen Impfzwang, und es werde ihn nie geben.
Der feine Unterschied zwischen Zwang und Obligatorium
Aber Flach räumte zusammen mit Mitte-Nationalrätin Maya Bally ein, dass das Epidemiegesetz ein Impfobligatorium für bestimmte Personengruppen vorsieht. Wenn sich Betroffene, etwa beim Gesundheitspersonal, dennoch weigern, können sie an Arbeitsplätze versetzt werden, an denen sie nicht mit Patienten in Kontakt kommen.
Ein allfälliges Impfobligatorium macht laut Beat Flach Sinn, weil die Freiheit des Einzelnen dort Grenzen habe, wo ein Schaden für andere abgewendet werden müsse.
«Aber wenn es dann keine Impfpflicht gibt, warum schreiben Sie das nicht ins Gesetz?», fragte darauf SVP-Ständerat und Initiativbefürworter Pirmin Schwander die Gegner der Initiative.
Jositsch entgegnete, weil das schon heute durch Verfassung und Gesetze festgeschrieben sei. «Da könnten wir genauso gut in ein Gesetz schreiben, es gebe keine Marsmenschen in der Schweiz.» Jositsch hatte da die Lacher auf seiner Seite.
«Zwangsimpfung steht im Raum»
Doch Philipp Gut blieb eisern dabei: «Die Zwangsimpfung steht im Raum.» Der kurz vor dem Abschluss stehende weltweite Pandemiepakt gehe in diese Richtung. «Um das zu verhindern, ist die Initiative eine logische Ergänzung zur Bundesverfassung.»
«Im Gegenteil», antwortete Daniel Jositsch, «die Initiative ist entweder überflüssig oder sie bringt ein Durcheinander in die Verfassung.» Denn im Initiativtext sei nicht von der Impfung die Rede, sondern generell von «Eingriffen in die körperliche und geistige Unversehrtheit».
Damit werden laut Jositsch auch Blutproben bei möglicherweise angetrunkenen Autolenkern oder Verhaftungen plötzlich verfassungsrechtlich fragwürdig. «Dann müssen sie das eben mit Gesetzen lösen, dafür sind sie da», entgegnete Richard Koller.
Im Volk haben die Argumente Kollers, Guts und Schwanders bisher nicht verfangen: Laut der jüngsten Umfrage von Tamedia und «20 Minuten» kommt sie lediglich auf eine Zustimmung von 29 Prozent. Demgegenüber wollen 51 Prozent Nein sagen. Aber: 20 Prozent sind noch unentschlossen. Das heisst, dass das Rennen noch nicht gelaufen ist.
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