Referendum gegen CO₂-GesetzArbeitet die Klimajugend bald mit der SVP zusammen?
Zuerst wollten sie unter keinen Umständen, jetzt ist es plötzlich wieder ein Thema: Die Klimastreikenden studieren offenbar an einem Referendum gegen das CO₂-Gesetz herum, weil das ihnen zu wenig radikal ist. Grüne und SP versuchen, sie davon abzuhalten.
Regula Rytz, die damalige Präsidentin der Grünen, lobte öffentlich, und sie lobte laut. «Taktisch klug!» sei der Entscheid der Klimastreikenden, auf ein Referendum gegen das CO₂-Gesetz zu verzichten.
Das war im Mai, der Entscheid der jungen Klimaschützer schien definitiv, ein Referendum ausgeschlossen. Jetzt haben wir September, und plötzlich ist alles wieder möglich. Die Referendumsfrage ist Anfang Monat an einer Strategiedebatte der Klimastreikenden in Bern wieder aufs Tapet gekommen. Das CO₂-Gesetz sei in der aktuellen Fassung «klar ungenügend», sagt Jonas Kampus von der Klimastreikbewegung. Definitiv entscheiden werde man, wenn das Parlament das Gesetz definitiv verabschiedet habe. Vorher möchte sich Kampus nicht mehr dazu äussern. Wie es für die Klimaschützer wäre, im Abstimmungskampf auf der gleichen Seite wie die SVP zu stehen? Das sei derzeit eine hypothetische Frage, sagt Kampus. Und sagt dann nichts mehr.
Die Frage ist nur zu fünfzig Prozent hypothetisch. Denn die SVP ist in ihrer Entscheidungsfindung schon ziemlich weit. «Wir werden für ein Referendum sammeln, die Leute werden über die Vorlage abstimmen können», sagt SVP-Nationalrat Christian Imark. Das neue Gesetz sei «Sozialismus», «Umverteilung pur» und schaffe ein «Mega-Bürokratiemonster». Zur Klimajugend und ihren Ideen für ein Referendum will sich Imark nicht weiter äussern. Er kenne diese Leute nicht, wisse nicht, wie zuverlässig sie seien. Er sagt nur: «Es ist ihr gutes Recht, das Referendum zu ergreifen.»
«Wenn die Klimajugend der SVP hilft, dieses Gesetz zu bodigen, wird das ein Sieg für die SVP.»
Das sehen auch die Spitzen der beiden linken Parteien im Parlament so. Aber, und dieses «Aber» hat mindestens so viele Ausrufezeichen wie der lobende Ausruf von Regula Rytz im Mai, wirklich klug sei das nicht von den Klimastreikenden. Im Gegenteil. «Wenn die Klimajugend der SVP hilft, dieses Gesetz zu bodigen, wird das ein Sieg für die SVP. Das Nachfolgeprojekt wird dann nicht mehr, sondern weniger Klimaschutz bringen», sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann.
Das sieht Balthasar Glättli, der neue Präsident der Grünen, genauso. Selbst wenn ein neues Gesetz tatsächlich klimafreundlicher wäre als das jetzt vorliegende (was Glättli für sehr unrealistisch hält), dauere es trotzdem zwei bis drei Jahre, bis ein neues Gesetz ausgearbeitet und verabschiedet wäre. Zwei bis drei Jahre, die man im Kampf gegen den Klimawandel verliere. «Es würde sich lohnen, wenn die Bewegung sich etwas Zeit liesse, um die Referendumsfrage zu diskutieren», sagt Glättli, der zumindest einen positiven Aspekt an der Referendumsdrohung der Klimastreiker erkennen kann: «Das entkräftet das Hauptargument der SVP, die ja findet, wir hätten hier ein völlig radikales Gesetz geschaffen. Dass es eben nicht so radikal ist, zeigen die Überlegungen der Klimastreikenden.»
Wie beim Energiegesetz vor drei Jahren
Sollten sich die jungen Klimaschützer tatsächlich auf die Seite der SVP schlagen, entstünde eine andere Ausgangslage für die Volksabstimmung als 2017. Damals kam mit dem Energiegesetz ebenfalls ein klimapolitisch wichtiges Geschäft an die Urne. Der Widerstand kam damals allein aus dem bürgerlichen Lager. Die SVP führte ihn an, sekundiert wurde sie von einer Minderheit im Freisinn und einigen Wirtschaftsverbänden – nicht aber Economiesuisse. Der Dachverband verzichtete darauf, eine Parole abzugeben.
Am Ende hiessen 58 Prozent die Vorlage gut. Das Ergebnis war also deutlich – aber weniger klar, als es hätte sein können, manche sagen, sein müssen: Für das Gesetz hatte sich eine breite Allianz von links bis weit in die FDP starkgemacht. Und noch etwas fällt auf: Die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen stimmte am eifrigsten für das Energiegesetz. Laut einer Voto-Studie waren es 78 Prozent. Was, wenn diese Jungen dem Ruf der ebenfalls jungen Klimaschützer folgen und das CO₂-Gesetz ablehnen würden?
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