Misshandlungen in HaftzentrenAntifolterkomitee rügt Italien für Umgang mit Migranten
Das Gremium des Europarats prangert exzessive Gewalt und Misshandlungen in Haftzentren an. Ein Export des Modells sei nicht angeraten.

Das Antifolterkomitee des Europarats hat Italien Misshandlungen an inhaftierten Migranten vorgeworfen. In einem Bericht, der am Freitag veröffentlicht wurde, hiess es von dem Komitee, in den Gefängnissen sei es zu exzessiver Gewalt und dem Einsatz von Medikamenten gekommen, die sich auf die Psyche auswirkten. Vertreter des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) besuchten im April vier Haft- und Rückführungszentren für Migranten in Mailand, Gradisca d’Isonzo, Potenza und Rom.
In seinem Bericht kritisierte das CPT eine «weit verbreitete Praxis», Häftlingen in Potenza nicht verschriebene Psychopharmaka zu verabreichen. Festgenommene seien während ihrer Fahrt in eine Haftanstalt über einen langen Zeitraum mit Handschellen gefesselt worden, und sanitäre Einrichtungen würden nicht ausreichend instandgehalten. Ausserdem fehlten Freizeitangebote für die Inhaftierten.
Nach italienischem Recht sind die Zentren für die Aufnahme von Migranten vorgesehen, die versuchen, ohne Visum in das Land einzureisen, keinen Anspruch auf Asyl haben und von den Strafverfolgungsbehörden als Gefahr für andere Menschen eingestuft werden. In den Anstalten fehlten strenge und unabhängige Kontrollen sowie Aufzeichnungen über Verletzungen der Insassen, hiess es in dem Bericht.
Italien verteidigte in der Vergangenheit die Zentren als Abschreckung gegen eine zunehmende illegale Migration. Einige Gefängniselemente seien notwendig, um Ausbrüche aus diesen Einrichtungen zu verhindern, erklärten Regierungsvertreter. Die rechte Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schloss zudem ein umstrittenes Abkommen mit Albanien über den Bau und Betrieb von zwei Aufnahmezentren für Migranten im Osten des Landes. Das Abkommen stiess jedoch auf rechtliche Hürden und wurde von italienischen Richtern bereits in der Anfangsphase auf Eis gelegt.
Der Bericht kam zu dem Schluss, dass die Beobachtungen eine Übertragung des italienischen Modells auf andere Länder wie Albanien in Frage stellen.
Als Reaktion auf den Bericht teilten die italienischen Behörden mit, dass die beschriebenen Fälle körperlicher Misshandlung nicht Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen gewesen seien. Im Zusammenhang von mutmasslich nicht gerechtfertigter Medikamentengabe in Potenza seien mehrfach Kontrollen durchgeführt worden.
Der Tod eines jungen Häftlings im Römer Zentrum Ponte Galeria im Februar lenkte die Aufmerksamkeit erneut auf die Bedingungen in den De-facto-Gefängnissen für Migranten, die von Anwälten und Aktivisten als «schwarze Löcher» in Sachen Menschenrechtsverletzungen verurteilt wurden. Zwischen 2019 und 2024 starben laut Aktivisten und Hilfsorganisationen mindestens 13 Menschen in italienischen Haftanstalten – fünf davon durch Suizid. Zudem wurden Hunderte Selbsttötungsversuche und Selbstverletzungen gemeldet.
Die italienische Regierung ist der Ansicht, dass die 1999 eingerichteten Haftzentren von entscheidender Bedeutung sind, um die Zahl der Migranten zu verringern, die ihr Leben riskieren, um das Mittelmeer zu überqueren und nach Europa zu gelangen. Im Jahr 2023 verlängerte die Regierung die maximale Haftdauer von 90 Tagen auf 18 Monate.
DPA/anf
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