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Übergriffige Formel-1-Fans
Angemacht, angefasst, verhöhnt: Frauen fürchten sich an der Rennstrecke

Die Orange Army in Spielberg: Nicht für alle Frauen am GP von Österreich waren feiernde Verstappen-Fans ein Grund zur Freude.
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Sie wird Orange Army genannt. Und offenbar verbreitet ein Teil von ihr auch Schrecken: auf den Tribünen, Wegen und Campingplätzen rund um die Formel-1-Rennstrecken.

Zu Zehntausenden reisten sie am vergangenen Wochenende wieder an, um ihren Max Verstappen anzufeuern, die Niederländer, die so manchen Rundkurs in ein Tollhaus verwandeln. Sie sorgen für Feststimmung und Hexenkessel-Feeling mit ihren Rauchfackeln, deren Schwaden die Strecke in Orange hüllen. «Es stört mich nicht, im Gegenteil ist es schön, das zu sehen, ich mag diese Farbe», sagt Verstappen nach seinem 2. Rang hinter Charles Leclerc. Manch ein Fan dürfte sie nach diesem Wochenende nicht mehr sehen können.

Beim Grand Prix von Österreich in Spielberg mehrten sich die Berichte, wonach es zu übergriffigen Szenen kam, zu homophoben und sexistischen Kommentaren. «Ich versuchte, eine Panikattacke zu verhindern und den ganzen Weg zurück zum Ausgang nicht zu weinen, obwohl ich Angst hatte», schreibt eine Zuschauerin via Twitter. Nie wieder werde sie sich das antun. Es wird von einer jungen Glaceverkäuferin berichtet, die pausenlos von meist älteren, betrunkenen Männern belästigt worden sei.

Eine Frau schreibt, von Anhängern Verstappens angegangen worden zu sein wegen ihres Mercedes-Shirts, es sei ihr ausgezogen worden – der Grund: ein Hamilton-Fan verdiene keinen Respekt. Sie sei zudem verhöhnt und gegen ihren Willen fotografiert worden.

Eine Art Selbsthilfegruppe gegründet

Auf den Tribünen wiederum hätten Dutzende Männer bei jeder weiblichen Person gepfiffen, die vorbeigelaufen sei, und sei sie noch so jung gewesen. Primitive Sprüche sollen dabei gefallen und Chorgesänge angestimmt worden sein, die unter die Gürtellinie gezielt hätten. Auch hätten Betrunkene mit ihren Füssen gegen die Köpfe der unter ihnen Sitzenden getreten. Einige Frauen schreiben davon, dass sie unsittlich berührt worden seien oder absichtlich neben ihnen uriniert worden sei. Manche fürchteten sich davor, auf dem gigantischen Campingplatz direkt am Streckenrand zu duschen oder nachts die Toilette aufzusuchen. Frauen erstellten auf Instagram einen Chat, um sich vor Ort gegenseitig helfen zu können oder Hilfe anzufordern, sollte ein Übergriff geschehen.

Immer wieder gab es in der Vergangenheit Meldungen über derartiges Fehlverhalten an Formel-1-Strecken, doch so gehäuft gab es das noch nie. Die Formel 1 sah sich daher genötigt, sich dazu zu äussern. «Wir sind davon in Kenntnis gesetzt worden, dass einige Fans völlig inakzeptablen Kommentaren ausgesetzt waren, und wir suchen das Gespräch mit jenen Besuchern, welche von diesen Vorfällen berichtet haben. Wir nehmen diese Angelegenheit sehr ernst. Solches Verhalten wird von uns in keiner Weise toleriert. Alle Fans sollten respektvoll behandelt werden.»

«Wir müssen als Sport mehr machen, denn ganz offenbar haben wir hier ein Problem.»

Lewis Hamilton

Das sollte auch für die Fahrer gelten. Doch gerade Lewis Hamilton, der in jüngerer Zeit einige Duelle mit Max Verstappen auf und neben der Strecke ausgetragen hat und das noch immer tut, ist zum Feindbild der Verstappen-Fans avanciert. Als der Brite mit seinem Mercedes am Freitag im Qualifying heftig von der Strecke und in die Begrenzung flog, johlte die Masse, rassistische Aussetzer gegen den dunkelhäutigen siebenfachen Weltmeister inklusive.

Hamilton ist nur «angewidert»

Der Slogan der Formel 1 lautet seit zwei Jahren «We Race as One», wir fahren als Einheit, Regenbogenfarben gehören seither an den Strecken, Autos und Overalls zum Alltag. Das sei ja alles schön und gut, sagt Hamilton, «aber es waren nur Worte». Es gelte nun, dem Treiben ein Ende zu setzen. «Ich kam am Morgen mit guter Laune zur Strecke, dann habe ich von all dem gelesen. Ich traute meinen Augen nicht, ich meine, wie traurig ist das? Menschen kommen zu unseren Rennen, um in ihrer Freizeit etwas Tolles zu erleben. Und dann müssen sie sich das gefallen lassen.» Und: «Der Gedanke, dass auf der Tribüne einer sitzt und dann jemanden belästigt, verbal oder in anderer Weise, das lässt mich angewidert zurück. Wir müssen als Sport mehr machen, denn ganz offenbar haben wir hier ein Problem.»

Charles Leclerc, in dieser Saison mit seinem Ferrari der grösste Widersacher von Weltmeister Verstappen, sagt: «Übergriffiges Verhalten geht gar nicht. Da sollten wir knallhart vorgehen – solche Menschen dürfen nicht mehr in die Nähe unseres Sports kommen.» Und der vierfache Weltmeister Sebastian Vettel sagt: «Wer auch immer diese Leute sind, sie sollten sich schämen und auf Lebenszeit von Rennveranstaltungen ausgeschlossen werden.»

Auch Verstappen äusserte sich zum Fehlverhalten der Zuschauer, die gemäss den Berichten grösstenteils aus seinem Fanlager stammen: «So etwas sollte nicht passieren. Ich habe einige Geschichten gelesen, die mich schockierten.» Vielleicht brauche es mehr Sicherheitspersonal, «um gewisse Leute im Auge zu behalten. Das soll keine Entschuldigung sein, aber die Fans feiern, es fliesst Alkohol, und wenn der eine oder andere zu viel trinkt, dann macht er dummes Zeug.» Allenfalls müsse gar über eine Alkoholgrenze diskutiert werden.

Ruppig geht es an den Rennstrecken oft zu, da ist Österreich keine Ausnahme. In Silverstone, bei Hamiltons Heimrennen, wurde Verstappen beim Interview lautstark ausgebuht. Das gehöre sich nicht, kommentierte Hamilton. Und Verstappen sagte bei «The Guardian» über buhende Anhänger: «Diese Leute sind keine echten Formel-1-Fans. Sie können nicht wirklich wertschätzen, was gerade passiert.» Eine Woche später hat in Spielberg die Form an Entgleisungen eine neue Dimension erreicht.

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