Aufgefallen bei FCZ – FCBAndré Breitenreiters neuer Trick gegen den FC Basel
Beim 3:3 gegen den FCB erprobt der Trainer des FC Zürich ein neues Konzept. Das Schiedsrichter-Gespann scheitert an einer merkwürdigen Offsideregel. Und Assan Ceesay ist nicht ganz der Alte.
André Breitenreiter – mal dem Zufall eine Chance geben
20 Gegentore haben die Zürcher in den letzten 7 Spielen kassiert. Das ist eigentlich Grund zur Besorgnis. Wobei – ist es das wirklich? So, rein aus der Zuschauerperspektive? Der FC Zürich steht immerhin auf Rang zwei. Ausserdem wollte der Club immer einen Trainer, der attraktiven Fussball bietet. Und attraktiv, das sind fast alle Spiele unter André Breitenreiter. Ein paar sind allerdings auch spektakulär. So, wie dieses 3:3 gegen den FC Basel, diese wilde, atemlose Hatz in der zweiten Halbzeit mit dem orgiastischen Höhepunkt ganz am Ende.
Breitenreiter sieht, wie seine Zürcher erst das 1:1 innerhalb von 87 Sekunden wegwerfen und später auch noch das 2:2. Und was tut der Trainer? Er bringt Angreifer um Angreifer. Bei jedem Wechsel kommt ein tendenziell offensiverer Spieler für einen defensiveren. Wilfried Gnonto für Moritz Leitner, Ante Coric für Ousmane Doumbia, Akaki Gogia für Adrian Guerrero. Und als in der 84. Minute noch Rodrigo Pollero Verteidiger Fidan Aliti ersetzt, stehen je nach Zählweise vier bis fünf Stürmer auf dem Feld.
Nach seinem Amtsantritt hat Breitenreiter seinem Team in fast rekordverdächtiger Frist ein klar erkennbares taktisches Gesicht gegeben. Aber in der Schlussphase gegen den FCB scheint der FCZ-Trainer zu spüren, dass er etwas anderes tun muss: Breitenreiter wirft alles an Offensivkraft rein, was noch da ist. Er gibt die Ordnung auf und stattdessen mal dem Zufall eine Chance. Und der bedankt sich in der 95. Minute mit Pauken und Trompeten.
Die Abseitsregel – ein Buch mit sieben Siegeln
Nein, André Breitenreiter und Patrick Rahmen werden sich in dieser Samstagnacht nicht mehr einig. FCZ-Trainer Breitenreiter erkennt in der 94. Minute vor dem vermeintlichen Basler 4:2 ein «klares Abseits». Und das gleich von zwei FCB-Spielern. Sein Basler Antipode aber erklärt mit Nachdruck, der Videoschiedsrichter habe falsch entschieden: «Und das irritiert mich.»
Nun sind beide Trainer gewiss vom Fach und ihre Mannschaften trennten sich schliesslich nach einer völlig durchgedrehten Schlussphase schicklich und praktisch friedlich 3:3. Aber in der Frage des Offside geht Rahmen als Punktsieger hervor. Und das liegt an einer Abseitsregel, die immer wieder für Irritation sorgt, weil sie in gewissen Situationen reichlich merkwürdig wirken kann. So, wie an diesem Abend.
In Regel 11.2 der Fifa steht: «Ein Spieler verschafft sich keinen Vorteil aus seiner Abseitsstellung, wenn er den Ball von einem gegnerischen Spieler erhält, der den Ball absichtlich spielt (auch per absichtlichem Handspiel), es sei denn, es handelt sich dabei um eine absichtliche Torverhinderungsaktion eines gegnerischen Spielers.»
Anhand der 94. Minute des Klassikers durchgespielt, bedeutet das: Weil FCZ-Goalie Yanick Brecher bei einem Zürcher Corner mit nach vorne geeilt ist, steht der Basler Sergio Lopez beim folgenden Konter zunächst Abseits. Weil sich aber Akaki Gogia mit letzter Kraft und sehr absichtlich zum Ball streckt und ihn auch mit dem Kopf erwischt, entsteht laut Regeln eine neue Spielsituation – das Offside ist aufgehoben.
Warum diese Regel niedergeschrieben wurde, mögen die Götter wissen. Oder eher das International Football Association Board. Oft bestraft sie Verteidiger für ihren Einsatz. Aber es gibt sie nunmal. Und darum ist Rahmens Ärger durchaus verständlich, wenn er feststellt: «Warum der Video-Assistent eingreift, wenn er die Regel falsch interpretiert, kann ich nicht verstehen.»
Der FCB-Trainer gibt allerdings auch zu, dass das Basler Tor wohl auch bei einer richtigen Regelauslegung nicht hätte zählen dürfen. Weil Valentin Stocker bei Jordi Quintillas Schuss im Blickfeld von FCZ-Goalie Brecher im … Abseits stand. «Aber dieser Freistoss hätte viel weiter hinten ausgeführt werden müssen – und die Situation, die zum 3:3 führte, hätte so nie stattgefunden», lamentiert Rahmen.
Aber auch ihm wird aufgefallen sein, dass seine Basler die Situation vor dem Ausgleich durchaus anders, sprich besser, verteidigen können.
Nikola Boranijasevic – schwieriger Abend, schöner Abend
Es ist nicht ganz klar, ob der FCB seine Seite schon vor dem Spiel als Zürcher Schwachstelle ausgemacht hat. Oder ob die Basler des linken Flügels einfach viel mehr Vorwärtsdrang entwickeln als die Kollegen vis à vis. Wie auch immer – Nikola Boranijasevic hat einen ganz schweren Abend als Zürcher Aussenspieler auf dieser Seite.
Immer wieder fordert ihn dieser ungemein schnelle und trickreiche Liam Millar. Tomas Tavares schaut auch immer mal wieder vorbei. Und wenn es keiner dieser zwei ist, dann prüfen Darian Males oder Arthur Cabral unverbindlich, ob es da vielleicht Raum geben könnte für Basler Angriffe.
Und Raum gibt es. Viel und häufig. Weil Boranijasevic oft zu naiv oder zu optimistisch hoch ins Pressing steigt. Oder weil die Abstimmung mit Innenverteidiger Becir Omeragic nicht stimmt. Und auch, weil das defensive Mittelfeld des FCZ wenig Interesse zeigt, die sich stets aufs neue öffnenden Löcher hinten rechts zu stopfen.
Defensiv schwimmt Boranijasevic während praktisch 95 Minuten. Und doch darf er das Spiel mit einem Lächeln im Gesicht beenden. Weil Fussball ja nicht aus Verteidigen allein besteht. Und offensiv, da zeigt der 29-jährige Serbe seine Qualitäten. Seine Direktabnahme zum 1:1 ist technisch einwandfrei.
Und dann kommt ja noch diese 95. Minute und sein Assist zum 3:3. Kritische Geister mögen einwenden, sein Mondball in den Basler Strafraum folge keinem besonders ausgeklügelten Plan. Aber das ist reichlich egal, wenn das Gerät dem Kollegen Assan Ceesay zum Ausgleich auf den Kopf fällt und so für kollektive Ekstase sorgt.
Assan Ceesay – Systemausfall behoben
Bei der Niederlage in Yverdon, da bringt er seinen Trainer schon nach fünf Minuten auf die Palme. Assan Ceesay steht zwar auf dem Feld – und wirkt doch, als sitze er gedanklich noch in der Garderobe. Aber im Klassiker ist der alte Ceesay zurück. Nein, natürlich nicht der ganz alte, der beim FCZ jahrelang wirkte, als leide er unter einer schweren Torallergie. Nein, der Ceesay, der in dieser Saison presst, unermüdlich Löcher in die gegnerische Abwehr rennt, flankt, kämpft – und schliesslich sogar trifft.
Weil die Erinnerungen an den ganz alten Ceesay noch nicht ganz verblasst sind, schwingt bei jedem leicht schwächeren Auftritt irgendwie immer die Furcht mit: Ist die bisherige Saison einfach ein kurzzeitiger Ausreisser nach oben? Fällt der Stürmer wieder zurück in sein altes, zauderndes Ich?
Sein Auftritt gegen Basel beruhigt: Der Abend in Yverdon war offenbar bloss ein kurzer Systemausfall. Der Gambier zwingt Fabian Frei mit einer scharfen Hereingabe praktisch zu dessen Eigentor zum 2:2. Er rackert, er wirft sich in Handgemenge. Und er macht mit seinem 3:3 aus einem guten Spiel ein spektakuläres.
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