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Meinung

Analyse zu Konflikt um Gärtnerei zum Glück
Die Gemeinde Männedorf überlässt die Deutungs­hoheit den Kritikern

Gärtnerei und Café in einem: Der Betrieb von Riccardo Tomasino war bei vielen Männedörflerinnen und Männedörflern beliebt.
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Seit Ende Juni bekannt geworden ist, dass die Gemeinde Männedorf den Weiterbetrieb des Café- und Eventlokals in der beliebten Gärtnerei zum Glück aus Sicherheitsgründen verboten hat, überschlagen sich die Ereignisse.

Weil der Betrieb für Pächter Riccardo Tomasino ohne Veranstaltungen und Café nicht rentabel genug war, schloss er das Lokal per Ende Juli. Noch während der Liquidationsverkauf im Gange war, unterschrieben mehrere Hundert Personen eine Petition für den Erhalt der Gärtnerei

Männedorf: Die Unterstützer der Gärtnerei zum Glück geben bei der Gemeinde (Gemeindepräsi Wolfgang Annighöfer) ihre Petition ab vor dem Gemeindehaus, 6.7.23, Foto: Manuela Matt

Fast zeitgleich reichte ein spontan gegründetes «Komitee für die Gärtnerei zum Glück» beim Bezirksrat eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Gemeinde ein. Die Gruppierung wirft dem Gemeinderat Behördenwillkür und Kompetenzüberschreitung vor. Eine gleichlautende Aufsichtsbeschwerde hat auch Tomasino eingereicht. Beide Verfahren sind noch hängig.

Die Gewächshäuser oberhalb des Bahnhofs aber sind Geschichte. Mitte August liess die Gemeinde sie abreissen. Den Schotterplatz will sie mittelfristig den SBB für anstehende Arbeiten am Bahnhof zur Verfügung stellen.

Die Gärtnerei zum Glück wird abgerissen, 30. August 2023. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG

Die Sache ist aber damit für die Kritiker auch Monate danach nicht erledigt. Sie haben einen langen Atem. So äussert Riccardo Tomasino insbesondere in den sozialen Medien immer wieder seinen Frust über das Verhalten der Gemeinde. Unterstützt wird er nach wie vor vom Komitee, das sich mit einer eigens dafür ins Leben gerufenen Facebook-Gruppe der «juristischen Aufarbeitung» der Sache verschrieben hat.

Vergangene Woche kam es zu einem neuen Höhepunkt im Konflikt, als es an der Gemeindeversammlung unter anderem um die Frage ging, ob Tomasino sich als Nichtstimmberechtigter äussern darf oder nicht.

Der Gemeinderat agierte dabei ungeschickt – wie schon im Juni, als er ebenfalls an einer Gemeindeversammlung als Randnotiz das Ende des beliebten Eventlokals verkündete. Statt dem aufkommenden Sturm mit einer aktiven Kommunikation entgegenzutreten, schweigt die Gemeinde. Anfragen aus der Bevölkerung werden von Anfang an mit dem Verweis auf das Persönlichkeitsrecht und die hängigen Beschwerden abgewürgt.

Inzwischen haben auch nationale Medien von den Vorkommnissen am Zürichsee Wind bekommen – die Version der Gemeinde kommt dabei in ihrer Berichterstattung nicht zum Tragen, da Männedorf auch den Medienschaffenden keine weitere Auskunft geben will.

Das ist ein Fehler. Mit ihrer Kommunikation überlässt die Gemeinde die Deutungshoheit Riccardo Tomasino und seinen Unterstützern. Dadurch entsteht ein verzerrtes Bild von dem, was sich wirklich zugetragen hat. Denn ein Blick ans andere Seeufer genügt, um Tomasinos Version der Wahrheit, wonach er ein Opfer reiner Behördenwillkür geworden sein will, ins Wanken zu bringen.

In Wädenswil hatte der Unternehmer mit dem Triibhuus ein weiteres Blumengeschäft übernommen. Anfang dieses Jahres stellte er den Betrieb jedoch aufgrund von Differenzen mit der Stadt ein. Auch in diesem Fall monierte Tomasino Behördenwillkür.

Zwei ähnliche Konflikte in zwei verschiedenen Gemeinden – das lässt erahnen, dass das Problem wohl nicht nur bei den Behörden liegen kann. Es wäre deshalb im eigenen Interesse der Gemeinde Männedorf, zu den Vorwürfen klarer Stellung zu beziehen – soweit dies im Rahmen der laufenden Rechtsverfahren möglich ist.

Auf den Diskussionsbedarf gewisser Gruppen gar nicht erst einzugehen und die Debatte im Keim zu ersticken, erweist sich als Bumerang. Der Gemeinderat läuft so Gefahr, in Teilen der Bevölkerung seine Glaubwürdigkeit und das Vertrauen zu verlieren. Beharrliches Schweigen schürt nur das Misstrauen jener Gruppe, die hinter Riccardo Tomasino steht. Und vor allem verunsichert es die grosse schweigende Mehrheit. 

Denn bei den Unterstützenden der Gärtnerei handelt es sich – das lässt sich mit gutem Gewissen sagen – um eine Minderheit. Einige wohnen nicht einmal in der Gemeinde oder sind in Männedorf nicht stimmberechtigt.

Ein grosser Teil der Bevölkerung teilt ihre Meinung nicht. Dass die Mehrheit der Stimmberechtigten an der vergangenen Gemeindeversammlung nicht mehr über das Thema diskutieren wollte, spricht Bände. Dennoch wüssten viele Einwohnerinnen und Einwohner gerne, was eigentlich Sache ist. Sie werden dies aber nicht erfahren, solange nur eine Seite über die Angelegenheit spricht.

So bleiben viele Fragen offen. Die Rekursinstanzen beschäftigen sich indessen mit den Beschwerden. Es ist zu befürchten, dass erst nach Abschluss der Verfahren alle Fakten auf den Tisch kommen. Spätestens dann aber gilt für beide Seiten: Schönreden, totschweigen oder unbequeme Wahrheiten wegwischen geht nicht mehr. Beide Parteien werden die Urteile akzeptieren und daraus ihre Konsequenzen ziehen müssen. Nur so kann wieder Frieden im Dorf einkehren.

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