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Streit um Renten
An ihm entzündet sich der Zorn der bürgerlichen Frauen

Über dreissig Jahre in der Politik: Ständerat Josef Dittli.
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Einen «veritablen Coup», nannte die Nachrichtenagentur SDA am Mittwoch das parlamentarische Manöver von Josef Dittli, dem freisinnigen Ständerat aus dem Kanton Uri. Für die «Aargauer Zeitung» dagegen war es ein «Rohrkrepierer». Und das entspricht eher der Mehrheitsmeinung im Bundeshaus.

Was war passiert? Dittli hatte für die Pensionskassenreform im letzten Moment einen Einzelantrag eingereicht. Es geht dabei um die Höhe der Entschädigungen für die Übergangsjahrgänge, die nach der Reform neu in Rente gehen werden.

 «Prozentsätze, Jahreszahlen und Beträge werden durch den Saal tänzeln», sagte Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot. So auf die Schnelle könne man das nicht seriös diskutieren, fand auch die Mehrheit des Rats. Darum schickte sie gleich das ganze Geschäft an die Sozialkommission zurück. Entschieden wird erst im Herbst.

«Prozentsätze, Jahreszahlen und Beträge werden durch den Saal tänzeln»: Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot befürchtete eine Chaos-Debatte.

Das aber erregte den Zorn der bürgerlichen Frauen im Parlament. Ihnen fehlt nun im September ein zentrales Argument bei der Abstimmung über die Erhöhung des AHV-Alters der Frauen: Dass nämlich ihr um ein Jahr längerer Arbeitseinsatz mit höheren Renten in der zweiten Säule aufgewogen würde.

Josef Dittli ist 65 Jahre alt. Er war 14 Jahre lang Gemeinderat in Attinghausen und 12 Jahre Urner Regierungsrat. Im Ständerat sitzt er auch schon seit 7 Jahren. Ein alter Hase also im politischen Geschäft. Er lässt sich durch die Kritik nicht aus der Ruhe bringen.

«Es geht mir immer um die Sache», sagt er am Telefon. «Und als ehemaliges Regierungsmitglied weiss ich, wie wichtig es ist, dass Kompromisse wirklich tragfähig sind.» Darum habe er den Vorstoss eingereicht. Denn die Lösung für die Pensionskassen, die auf dem Tisch lag, drohte an der Urne abzustürzen. Nur: Diese erste Kompromisslösung hatte auf Dittlis eigenen Vorschlägen beruht. 

Teurer als versprochen

Sie erwies sich aber beim Nachrechnen als massiv teurer als es vorher den Anschein gemacht hatte. Das führte zu einer unerwarteten Wende: Dittli fand sich plötzlich mit der Linken im selben Lager. Bürgerliche Kolleginnen und Kollegen dagegen lehnten seinen Kompromissvorschlag erschrocken ab. Schliesslich war er nicht mehr mehrheitsfähig.

Darum reichte Dittli in letzter Minute seinen neuen Vorschlag ein. Dazu lieferte er eine Begründung, zu der er gar nicht verpflichtet war. Nur lag dafür dann keine französische Übersetzung vor, was für Stirnrunzeln sorgte. 

«Ich werfe mir nur eines vor: dass ich bei meinem ursprünglichen Vorschlag nicht alle Parameter kannte.»

Josef Dittli

Die Verantwortung, dass durch die nun entstehende Verzögerung im September die AHV-Reform abgelehnt werden könnte, will er nicht übernehmen. «Ich habe ja nicht für die Rückweisung an die Kommission gestimmt. Und in der Kommission bin ich nur einer von dreizehn.» Der Ständerat hätte die Reform und seinen Kompromissantrag durchaus diskutieren und auch beschliessen können, findet Dittli. Der Rat kenne die Kosten aller Varianten, und hätte sie vergleichen können.

«Ich werfe mir nur eines vor: dass ich bei meinem ursprünglichen Vorschlag wegen Zeitdruck nicht alle Parameter kannte», sagt Dittli. Viel wichtiger aber sei, dass der Ständerat bei der Pensionskassenreform «nicht einfach blind dem Nationalrat» folge.

Wenn es so herauskommt, wie Dittli sich das vorstellt, und wenn als Kollateralschaden nicht die AHV-Vorlage in Gefahr kommt – dann wäre es doch ein veritabler Coup, den der Urner gelandet hat.