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Detonation in Beirut
Ammoniumnitrat könnte Explosion verursacht haben

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In der libanesischen Hauptstadt Beirut ist es am Dienstagabend zu einer schweren Explosion gekommen. In sozialen Medien veröffentlichte Bilder zeigten, wie über dem Hafengelände oder in seiner Nähe zunächst eine Rauchsäule aufsteigt, anschliessend breitet sich eine Druckwelle pilzförmig aus. Diese richtete in der Innenstadt grosse Zerstörung an. Die Hintergründe der Explosion blieben zunächst unklar, gaben aber Raum für verschiedenste Interpretationen.

Ministerpräsident Hassan Diab sagte am späten Abend im Präsidialamt, eine sehr grosse Menge Ammoniumnitrat könnte die Detonation verursacht haben. Eine Ladung von schätzungsweise 2750 Tonnen der Substanz habe sich in einer Halle am Hafen befunden. Der Stoff sei dort sechs Jahre lang ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden – das sei «unvertretbar», so Diab.

Gefährliche Ladung eines gestrandeten Schiffes

Zuvor hatte es bereits entsprechende Spekulationen gegeben. Berichten zufolge hatten libanesische Behörden im Jahr 2013 einem Frachtschiff die Weiterfahrt wegen verschiedener Mängel untersagt, das von Georgien ins südafrikanische Mosambik unterwegs war. Der Besatzung gingen Treibstoff und Proviant aus, der Inhaber gab das Schiff dann offenbar auf. Der Crew wurde nach einem juristischen Streit schliesslich die Ausreise genehmigt. Das Schiff blieb zurück mit der gefährlichen Ladung, die in einem Lagerhaus untergebracht wurde.

Hunderte Tonnen eines explosiven Stoffes lagerten in einer Halle: Die Explosion zerstörte das Hafenviertel in Beirut.

Ammoniumnitrat, das auch zur Herstellung von Sprengsätzen dienen kann, kann bei höheren Temperaturen detonieren. Die Substanz dient zum Raketenantrieb und vor allem zur Herstellung von Düngemittel. Die farblosen Kristalle befanden sich auch in dem Gefahrgutlager der chinesischen Stadt Tianjin, wo 2015 nach einer Serie von Explosionen 173 Menschen getötet wurden. In Deutschland fällt die Handhabung von Ammoniumnitrat unter das Sprengstoffgesetz.

Einige politische Beobachter glaubten wegen der Grösse der Explosion in Beirut zunächst nicht an einen Unfall, tippten eher auf einen Luftangriff oder die Detonation einer Bombe. Auch US-Präsident Trump sprach am Dienstagabend (US-Zeit) unter Berufung auf seine Generäle von einem Anschlag in Beirut. In den vergangenen Tagen war es im Grenzgebiet mit Israel zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen. Israels Luftwaffe hatte noch in der Nacht iranische Ziele in Syrien bombardiert. Israelische Medien zitierten namentlich nicht genannte hochrangige Regierungsmitarbeiter mit der Aussage, das Land habe nichts mit dem Vorfall zu tun.

Beobachter glaubten wegen der Stärke der Explosion zunächst nicht an einen Unfall: zerstörtes Gebäude im Hafen von Beirut.

Auch wird für Freitag ein brisantes Gerichtsurteil erwartet: Ein Sondertribunal der UN will dann sein Verdikt über vier Hisbollah-Mitglieder verkünden, die verdächtigt werden, vor 15 Jahren bei dem Bombenattentat auf den damaligen Premier Rafik Hariri beteiligt gewesen zu sein. Diese These befeuerten noch unbestätigte Berichte von einer zweiten Explosion in Beirut in der Nähe des Hauptquartieres der Zukunftspartei, der Hariris Sohn vorsteht. Saad Hariri, der das Land nach dem Tod seines Vaters lange als Premier führte, bis er im Herbst 2019 zurücktrat, sei jedoch unverletzt.

Libanon durchleidet derzeit ohnehin eine Phase grosser Instabilität: Eine Wirtschafts- und Finanzkrise hat den Staat an den Rande des Bankrotts geführt. Inflation und Arbeitslosigkeit stiegen zuletzt rapide, selbst die einst breite Mittelklasse droht zu verarmen. Die Regierung konnte sich trotz dringend benötigter Kredite nicht auf Reformen einigen, von denen etwa der Internationale Währungsfonds Hilfen abhängig macht. Wegen der bescheidenen Bilanz des Kabinetts trat am Montag Aussenminister Nassif Hitti nach nur sechs Monaten im Amt zurück.
Mit Material von Agenturen