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Ammann: «So kann ich es nicht sein lassen»

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2018 reiste Ammann zu seinen sechsten olympischen Spielen. Er wurde in Pyeongchang Elfter von der Normalschanze und 13. von der Grossschanze.
Nimmt eine neue Saison in Angriff: Simon Ammann.
Er ist der erfolgreichste Schweizer Skispringer in der Geschichte. 2002 wurde er dank seiner zwei sensationellen Goldmedaillen in Salt Lake City zum Publikumsliebling.
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Der eine oder andere Jung­student fragte sich: «Ist er es – oder nicht?» Doch, Simon ­Ammann befindet sich seit Herbst immer wieder in St. Gallen an der HSG, um sich in Wirtschaftsfragen zu bilden. Der Skispringer ist ein Kopfmensch. Als darum seine fünften Winterspiele im Februar 2018 beendet ­waren, hatte er «wieder Platz für Neues». Da schien dem Toggenburger ein Wirtschaftsstudium gerade das Richtige zu sein.

Weil er «gleich die grosse Schanze ausprobieren wollte», wie er es formuliert, entschied er sich für die Elite-Universität und gegen ein Fernstudium. Wenn Ammann heute also in seine 22. Weltcupsaison startet, ist er: Skispringer, Student, Hotel­besitzer, Mitbesitzer einer Bedachungsfirma und einer Sportmarketing- sowie Athletenmanagement-Agentur, Verwaltungsrat und Ehemann sowie Vater zweier (Klein-)Kinder.

Die Reihenfolge ist zufällig gewählt, weil Ammann eines ­immer war: ein Luftibus im positiven Sinn, der immer mehrgleisig lebte und sich auch ein bisschen in seinem Chaos verlieren wollte und konnte. Darum fragte man sich selbst in seinem engsten Skisprung-Kreis in der Vorbereitung, ob der vierfache Olympiasieger nicht doch etwas gar viele Ballone zur gleichen Zeit in der Luft halte.

Er kann dieser Diskussion ­wenig abgewinnen, weil er findet: «Ich war immer so. Ich brauche Projekte. Zudem priorisiere ich und tue nicht alles zur gleichen Zeit.» Nur: Ammann ist mit seinen 37 Jahren in einem Sport, in dem schon Teenager zu den Besten zählen, ein Methusalem. Bloss der Japaner Noriaki Kasai, der skispringerisch fast unsterblich zu sein scheint, überflügelt ihn mit seinen 46 Jahren deutlich. Ansonsten gilt: Zahlreiche ­Ammann-Konkurrenten sind fast halb so alt wie er – und liessen ihn primär in der vorletzten Saison auch so aussehen.

Zwar fing sich Ammann im vergangenen Winter. Klassierungen in den Top 10 aber konnte er bloss zwei vorweisen – davon einen eher überraschenden 3. Rang beim Skifliegen in Bad Mitterndorf.

Alles neu: Ski, Schuhe, Coach

Einen dampfenden Kaffee vor sich, sagt er darum am Flug­hafen Zürich vor dem Abflug zum Weltcupspringen in Polen: «Ich war in der letzten Saison nahe dran, mich zu den Besten vorzuarbeiten.» Und auch: «Ich war fit, aber brachte wegen technischer Probleme die tollen Sprünge nicht hin. So kann ich das Skispringen nicht sein lassen.» Also hat er sich einmal mehr zu wandeln versucht. Er wechselte die Skimarke, mit der er fast alle seine grossen Erfolge erreicht hatte – hin zu einer Mikrofirma. Er entwickelte einen eigenen Schuh aus Carbon. Er arbeitet mit einem neuen Coach zusammen, Roger Kamber. Es ist der dritte innert vier Jahren.

Die Arbeit von Kamber, der einst Ammanns Ski präparierte, besteht auch darin, den Luftibus in der Spur zu halten – beziehungsweise ihn daran zu erinnern: Du bist täglich Skispringer! Dass Ammann nun zum zweiten Mal – nach einem kurzen Abstecher an die ETH Zürich – studiert, findet Disziplinenchef Berni Schödler gut: «Damit sind die Strukturen stärker vorgegeben.»

Training à la carte

In seinem sportlichen Alltag dreht sich bei Ammann vieles um den Zustand seiner Beine. Nur wenn er sich restlos «spritzig» fühlt, springt er – und stellt folglich seine Trainings auch rasch um. Darum hat ihn Schödler aus der Weltcupgruppe genommen und ihm Kamber zur Seite gestellt. So konnte das Duo autonom arbeiten, ohne Rücksicht auf die anderen Springer nehmen zu müssen. Umgekehrt gilt, dass sich der Rest nicht ­immer nach Ammann auszurichten braucht.

Als Folge fehlen dem Routinier allerdings Vergleiche, auch weil er im Sommer kaum Wettkämpfe absolvierte. Wie gut er ist, kann er zurzeit nicht abschätzen. Was er weiss: «Ich bin fit, habe meine technischen Probleme dank neuen Ski und Schuhen grösstenteils lösen können.» Zwar erwartet er zum Auftakt an diesem Wochenende noch nicht besonders viel von sich, weil ihm die Schanze von Wisla wenig behagt. Danach aber gedenkt er, so richtig Fahrt aufzunehmen.

Ein grosszügiger Chef

Dass er sogar im kleinen Schweizer Team hinter Killian Peier bloss noch die Nummer 2 ist, nimmt er locker. «Ich hatte in der Vorbereitung keine Zeit, mich mit den anderen zu beschäftigen.» Zudem ist Peier bei ­Ammann respektive dessen ­Managementfirma unter Vertrag. Nur schon darum wünscht er dem Romand viel Erfolg.

Ohnehin galt schon immer: ­Simon Ammann missgönnt niemandem den Erfolg. Er weiss in seinem Sport schliesslich so gut wie kaum ein anderer, wie viel Arbeit und auch Glück dafür ­notwendig sind.