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Christian Dussey übernimmt Geheimdienst
Bundesrätin Amherd macht einen Diplomaten zum obersten Spion

Mit Christian Dussey wird ein Schweizer Botschafter neuer Geheimdienstchef. 
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Der Schweizer Nachrichtendienst (NDB) hat einen neuen Chef. Auf Antrag von Verteidigungsministerin Viola Amherd ernannte der Bundesrat am Mittwoch den Welschwalliser Diplomaten Christian Dussey zum Nachfolger des Waadtländer Berufsmilitärs Jean-Philippe Gaudin. Amherd hätte Dussey an einer Medienkonferenz präsentieren wollen, musste den Anlass aber krankheitshalber kurzfristig absagen. Am Mittwochabend gab das VBS via Twitter bekannt, dass bei der Bundesrätin ein Corona-Test durchgeführt wurde, der negativ ausfiel.

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Der 55-jährige Dussey ist zurzeit Schweizer Botschafter im Iran. Seinen Posten hat er erst vor wenigen Monaten angetreten. Zuvor hatte er während acht Jahren das Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik geleitet. Dussey studierte an der Universität Freiburg Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und später in Washington Internationale Beziehungen.

Seine ersten Berufsjahre verbrachte der Walliser als Analyst im sogenannten Lagezentrum des Nachrichtendiensts. Nach fünf Jahren wechselte er vom Nachrichtendienst in die Diplomatie und arbeitete nach Stationen in Prag und Moskau vor allem im Aussendepartement in Bern. Immens gefordert war er ab 2010 als Leiter des Krisenmanagementzentrums in der Politischen Direktion, weil gleich mehrere Schweizer in unterschiedlichen Weltgegenden von Terroristen verschleppt worden waren.

Amherd wollte eine Chefin

Nachrichtendienstchef wird Dussey, obschon er zwei gewichtige Nachteile hatte: das Geschlecht und die Herkunft. Aus Viola Amherds Umfeld hiess es, sie wolle eine Frau. Zudem schien es so gut wie ausgeschlossen, dass jemand aus dem Wallis das Rennen machen würde. Die Mitte-Bundesrätin aus Brig war zuvor in die Kritik geraten, weil sie mehrere Kaderstellen mit Leuten aus ihrem Kanton besetzt hatte.

Nun hat die Oberwalliserin – nach einigen Absagen, auch von Frauen – doch Dussey auserkoren, der im Walliser Skiort Crans-Montana aufgewachsen ist. Mit ihm wählt der Bundesrat die Antithese zu Vorgänger Jean-Philippe Gaudin. Der Waadtländer Gaudin, sein Leben lang Berufsmilitär, ist der Typ Draufgänger: direkt, manchmal laut, extrovertiert. Damit eckte er bei der Verteidigungsministerin an.

Der Walliser Dussey brachte es als Offizier zwar auch in den Generalstab, aber er ist Diplomat durch und durch, eher leise, introvertiert, ein Mann der differenzierten Worte, wobei er als Französischsprachiger schneller Deutsch spricht als viele Deutschschweizer. Einer Partei gehört er, anders als manche seiner Vorgänger, nicht an. Aus Genf heisst es, Dussey wirke im Umgang zwar scheu, sei aber ein guter Kommunikator und Motivator. Zudem habe er die Gabe, individuelle Fähigkeiten blitzschnell zu erkennen und die richtigen Leute auf die richtigen Posten zu setzen.

Dass ein Schweizer Diplomat Geheimdienstchef wird, ist für die Schweiz neu.

Was Dussey und Gaudin verbindet: Sie haben international beste Beziehungen, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten – Gaudin nach Frankreich, Dussey in die USA, wohin es ihn für Studien immer wieder gezogen hat. Mit einem einjährigen Aufenthalt an der Harvard University bereitete sich Dussey 2012 auf die Übernahme des Zentrums für Sicherheit in Genf vor.

Dass ein Schweizer Diplomat Geheimdienstchef wird, ist für die Schweiz zwar neu, im Ausland aber gang und gäbe. Der britische MI6 ist sogar Teil des Aussendepartements. Die USA und Frankreich vergeben Kaderpositionen in ihren Nachrichtendiensten immer wieder an Diplomaten.

In Genf arbeitete Christian Dussey viel mit Symbolik. In der Bibliothek des Zentrums für Sicherheitspolitik liess er zwei Wörter auf Plakate drucken und einander gegenüberliegend aufhängen. «Act» (Handle!) stand auf dem einen, «Think» (Denke!) auf dem anderen Plakat. In seinem Büro stellte er ein Porträt von George Marshall auf, dem amerikanischen Strategen, von dem Churchill sagte, er habe den Zweiten Weltkrieg gewonnen. Der Zeitung «Le Temps» verriet Dussey, dass er Marshall bewundere.

«Der Frieden fällt nicht vom Himmel. Er muss erarbeitet werden!» Diesen Leitspruch wiederum hat sich Dussey über sein Profil im Onlinenetzwerk Linkedin gesetzt. Im Zentrum für Sicherheitspolitik lehrte Dussey in Hunderten Kursen, wie man durch Krisen und Konflikte führt und auch Unvorhergesehenes anpackt. Sein Ziel war es, Offiziere, Diplomatinnen, Firmenkader und NGO-Mitarbeiterinnen auf den Umgang mit Veränderungen vorzubereiten.

Veränderungen wird es auch im Geheimdienst brauchen. Dessen Ruf hat in den letzten Jahren wegen teils gravierender Zwischenfälle und Führungsprobleme gelitten. Dass just ein ehemaliger Analytiker NDB-Chef wird, wird von Beobachtern als klares Zeichen verstanden, den Dienst so umzubauen, dass er seine polizeilichen Aktivitäten reduziert und wieder vermehrt auf Analyse setzt.

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