Neue Regelung im Kanton ZürichAltersheime sollen informieren, ob sie Sterbehilfe zulassen oder nicht
Nach langem Streit ist nun klar, wie die Freitodbegleitung in den Zürcher Alters- und Pflegeheimen gehandhabt wird. Es gibt eine Ausnahmeregelung.
Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen, die von einer Zürcher Gemeinde betrieben oder beauftragt sind, können in diesen Räumlichkeiten Sterbehilfe in Anspruch nehmen. Diese erfolgt durch eine externe Organisation wie Exit oder Dignitas und auf eigene Kosten. Die entsprechende Gesetzesänderung tritt am 1. Juli in Kraft.
Mit dem Inkrafttreten dürfen diese Heime den Wunsch nach begleitetem Suizid in ihren Räumlichkeiten nicht mehr ablehnen, wie der Regierungsrat am Donnerstag mitgeteilt hat. Die Heime sind ausserdem angehalten, öffentlich einsehbar auf diese Möglichkeit hinweisen, etwa auf ihrer Webseite oder in ihrem Leitbild.
Ausnahmen sind erlaubt
Anders sieht es bei privaten Heimen ohne öffentlichen Auftrag aus. Diese dürfen wie bisher Sterbehilfeorganisationen aus ihren Räumen ausschliessen. Das sind in der Regel christlich geprägte Heime. Die Gesundheitsdirektion von Natalie Rickli empfiehlt auch diesen Heimen, öffentlich auszuweisen, ob die Bewohnenden in ihren Räumlichkeiten Sterbehilfe in Anspruch nehmen können oder nicht. So könne dies bereits vor dem Eintritt in ein Alters- oder Pflegeheim berücksichtigt werden.
Bislang liegt es im Ermessen der jeweiligen Heimleitung, ob sie die Freitodbegleitung zulässt oder nicht. Aufgrund einer Initiative von SP, GLP und Grünen aus dem Jahr 2019 beschloss der Kantonsrat im vergangenen Oktober eine neue Regelung, wobei es zu einem Hin und her kam.
Hauchdünner Entscheid
Zuerst, im vergangenen Mai, hatte der Kantonsrat in einer emotionalen Debatte beschlossen, dass alle Alters- und Pflegeheime ohne Ausnahme Sterbehilfe in ihren Räumen dulden müssten. Doch nachdem die EVP und SVP mit einem Referendum gedroht hatten, wurde die heikle Regelung auf Antrag der Mitte nochmals besprochen. Dabei wurde die Generalklausel mit 81 gegen 80 Stimmen wieder aus dem Gesetz gekippt. Somit sind Ausnahmen erlaubt.
Gemäss einer Umfrage des Branchenverbands Curaviva sind begleitete Suizide in drei von vier Zürcher Heimen bereits heute erlaubt.
Laut Exit erfolgten im Jahr 2007 etwa 5 Prozent der Freitodbegleitungen in Heimen. 2020 waren es 14 Prozent. In derselben Zeitspanne sank der Anteil der Bewohnerinnen und Bewohner, welche für den Akt das Heim verlassen mussten, von 10 auf 3 Prozent. Exit begleitet gemäss eigener Aussage schweizweit rund 140 Heimbewohnende im Jahr in den Tod. Zahlen für einzelne Kantone gibt es nicht.
SDA/pu
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